- 18.10.2015, 14:02:37
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Hugo Portisch in Ö3-"Frühstück bei mir" über Angela Merkels Haltung in der Flüchtlingsfrage: "Sie möchte die deutsche Schuld abtragen."
Der Starjournalist spricht auf Ö3 über die Flüchtlingsfrage, die Präsidentschaftswahl und den plötzlichen Tod seines Sohnes vor vier Jahren.
Utl.: Der Starjournalist spricht auf Ö3 über die Flüchtlingsfrage,
die Präsidentschaftswahl und den plötzlichen Tod seines Sohnes
vor vier Jahren. =
Wien (OTS) - Er ist für viele der "bekannteste Geschichtelehrer der
Nation" und als solcher erklärte Starjournalist Hugo Portisch heute
auch in Ö3-"Frühstück bei mir" Angela Merkels freundlichen Kurs in
der Flüchtlingsfrage: "Angela Merkel sieht noch immer die gesamte
deutsche Schuld auf ihren Schultern lasten. Jeder deutsche Kanzler
hat das anerkennenswert mitgetragen und hat gesagt: 'Wir haben das
angestellt, wir haben den Holocaust gemacht, wir haben andere Völker
unterjocht, wir haben eine Schuld abzutragen.' Es hat noch niemand so
gesagt, aber man kann es ruhig so sehen: Merkel möchte die deutsche
Schuld abtragen. Sie sagt: 'Weil es deutsche Schuld gegeben hat, ist
es deutsche Pflicht menschlich zu handeln.' Nur hat sie das zu
einladend gesagt."
Die Flüchtlingsfrage müsse jetzt auf diplomatischer Ebene gelöst
werden, meinte Portisch auf Ö3: "Putin und Obama müssen sich in der
Assad-Frage einigen. Wegen eines Mannes, der bleibt oder weg muss -
das muss doch auszuhandeln sein." Über das Erstarken der rechten
Kräfte in Österreich sagte der große Kommentator, der vorgestern auch
seine neue Autobiografie "Aufregend war es immer" präsentiert hatte:
"Das Erheben gegen die Fremden ist eine globale Erscheinung. Und das
kann man leicht ausnützen, wenn über Nacht viele Flüchtlinge kommen.
Und da können die Populisten schnell die Leute aufwiegeln. Aber
Volksverhetzung ist strafbar. Aber bei uns können Politiker sogar auf
Twitter und Facebook jede Volksverhetzung betreiben, die ihnen Spaß
macht und es wird nicht verfolgt. Das halte ich für eine Feigheit der
Demokraten."
Über die Wahl zum Bundespräsidenten im nächsten Jahr meint er nur:
"Der nächste Bundespräsident sollte ein überzeugter Pro-Europäer
sein. Ansonsten bin ich sein Gegner." Für Entsetzen sorgt bei
Portisch der derzeitige Präsidentschaftswahlkampf in den USA: "Donald
Trump ist zwar reich, aber dumm."
Im Gespräch mit Ö3-Moderatorin Claudia Stöckl erzählte der
lebenslustige Fernsehmacher, der "What A Wonderful World" als seinen
Leit-Song angab, auch erstmals über seinen bittersten Verlust: Sein
Sohn Edgar starb 2011 mit 61 in Madagaskar an der Tropenkrankheit
Bilharziose. Hugo Portisch auf Ö3: "Mein Sohn wurde geheilt aus dem
Spital entlassen und wollte auf die Insel Réunion zur Erholung
fliegen. Was er aber dann gemacht hat, war Wahnsinn: Er hat sich noch
den Laptop von zuhause geholt und ist von 0 Meter Meeresspiegel auf
1200 Meter in einem Zug gefahren. Wie er oben angekommen ist, war ihm
schlecht - im Rettungsauto ist er dann gestorben: Herzstillstand."
Was den 88-jährigen getröstet hat? "Meinen Sohn zu verlieren war mehr
als ein Kind zu verlieren - er war ein ganz enger Freund. Aber meine
Frau und ich haben uns gesagt: 'Er hat bis zum Schluss gelebt wie es
für ihn typisch war - immer in Bewegung, irgendwie verrückt,
engagiert.' Es hat ihm einfach ähnlich gesehen wie er gegangen ist.
Ich sage immer lachend: 'Er könnte gar nicht besser gestorben sein
als sich selbst zu ruinieren'."
Für die Zukunft macht Portisch keine Pläne: "Ich habe gar nichts vor,
außer dass ich mir noch etwas anschauen möchte auf der Welt - gewisse
Teile von Frankreich, Spanien, Osteuropa. Falls ich abtreten sollte,
ist alles geregelt. Was wird mit dem Haus geschehen, wer nimmt den
Hund - ist alles mit meiner Frau ausgemacht. Traudi und ich hoffen
allerdings beide als erste zu sterben, das ist leichter als derjenige
zu sein, der zurückbleibt. Für uns ist der Tod aber nur einen Lacher
wert. Wir nehmen es so wie es kommt."
Ö3-"Frühstück bei mir" - das große Interview der Woche,
Persönlichkeiten ganz persönlich - jeden Sonntag von 9.00 bis 11.00
Uhr im Hitradio Ö3 und zum Nachhören online auf http://oe3.orf.at.
Weitere Termine mit Hugo Portisch demnächst im ORF
ORF III sendet die dritte Tranche der Reihe "Österreich II" mit den
Folgen 25 bis 31. Die Ausstrahlung der dritten Staffel, die
Österreichs Weg nach der Unterzeichnung des Staatsvertrags 1955 bis
zur Kreisky-Ära beschreibt, startet traditionell wieder am
Nationalfeiertagswochenende: am Samstag, dem 24. Oktober, um 20.15
Uhr in ORF III und wird dann wöchentlich - bis inklusive 5. Dezember
- immer im Samstag-Hauptabend fortgesetzt. Als besonderes Highlight
zum Finale erwartet das Publikum am 2. Jänner 2016 eine neu
produzierte 90-minütige Folge. Im Vorfeld des "Österreich II"-Starts
ist Hugo Portisch, auch am Dienstag, dem 21. Oktober, Gast eines
"erLesen Spezial" (20.15 Uhr, ORF III), am Donnerstag, dem 22.
Oktober, im ORF-Nighttalk "Stöckl." (23.05 Uhr ORF 2) sowie am
Freitag, dem 23. Oktober, in "heute leben" (17.30 Uhr, ORF 2).
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