- 15.10.2015, 17:22:44
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Kontroverse Budgetdebatte: Solider Voranschlag oder Stillstand?
Opposition sieht Reformstillstand, Koalitionsparteien begrüßen Entlastungen der BürgerInnen
Utl.: Opposition sieht Reformstillstand, Koalitionsparteien begrüßen
Entlastungen der BürgerInnen =
Wien (PK) - Im weiteren Verlauf der Nationalratsdebatte über das
Bundesfinanzgesetz 2016 bekräftigten sowohl die VertreterInnen der
Regierungsparteien als auch der Opposition ihre Zustimmung bzw.
Ablehnung zum Budgetvorschlag von Minister Schelling. Die SPÖ trat
dafür ein, dass der mit der Steuerreform eingeschlagene Weg -
Entlastung des Faktors Arbeit und Belastung von Vermögen und Kapital
-, weiter fortgesetzt werden soll. Zusätzliche Maßnahmen seien bei
der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit notwendig. "Wir dürfen uns auf
den Lorbeeren der Steuerreform nicht ausruhen, meinten auch die ÖVP-
VertreterInnen, die u.a. für eine rasche Lohnnebenkostensenkung sowie
für die Abschaffung der kalten Progression plädierten.
Die VertreterInnen der Opposition beklagten vor allem, dass die
Budgetrede von Schelling primär aus Ankündigungen bestand und nichts
Neues enthalte habe. Die FPÖ sprach von einer "Märchenstunde" des
Finanzministers, da die zahlreichen Abgabenerhöhungen und die kalte
Progression dazu führen würden, dass von der Steuerreform unterm
Strich nichts übrig bleibt. Die Grünen orteten einen Reformstillstand
in vielen Bereichen und bezweifelten, dass die Gegenfinanzierung auf
soliden Beinen steht. Aus Sicht der NEOS stellt das Budget 2016 eine
Fortsetzung der bisherigen Schuldenpolitik dar, echte strukturelle
Änderungen auf der Ausgabenseite fehlen. Die Regierung negiert die
wesentlichen Probleme, urteilte das Team Stronach, und reagiere nicht
entsprechend auf die demographische Entwicklung, den ständig
steigenden Schuldenberg und die Pensionsproblematik.
SPÖ: Besteuerung von Vermögen und Kapital sowie Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit
Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) erinnerte eingangs daran, dass
aufgrund des neuen Haushaltsrechts die wesentlichen Budgetkennzahlen
bereits seit Mai bekannt sind. Deshalb könne man dem Finanzminister
auch nicht vorwerfen, dass seine Budgetrede "ein bisschen fad" war.
Krainer war grundsätzlich überzeugt davon, dass mit der Steuerreform
der richtige Weg eingeschlagen wurde, auch wenn es aus SPÖ-Sicht noch
Nachholbedarf bei den Steuern auf Vermögen und Kapital gebe. In
diesem Zusammenhang betonte sein Fraktionskollege Wolfgang Katzian
die Bedeutung der Sozialpartnerschaft, die noch immer Garant dafür
sei, dass Lösungen gefunden werden, bei denen niemand auf der Strecke
bleibt.
Noch mehr Engagement wünschte sich Krainer bei der Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit; er hoffe, dass noch heuer wichtige Akzente gesetzt
werden. Eine Lösung erwarte er sich auch in Bezug auf die
"strukturelle Unterbudgetierung der Personalkosten" im
Bildungsressort. Positiv bewertete er hingegen die Investitionen in
Zukunftsbereiche, wie etwa Bildung, Forschung und Entwicklung sowie
in den Breitbandausbau im ländlichen Raum.
ÖVP für effizienteren Mitteleinsatz beim AMS und im Bildungsbereich
Auch ÖVP-Mandatarin Gabriele Tamandl räumte ein, dass die Eckdaten
des Finanzrahmens bis 2019 bereits seit Mai bekannt sind. Allerdings
gebe es aktuell große Herausforderungen, die schwer planbar seien,
wie etwa die Entwicklungen am Arbeitsmarkt oder "die
Flüchtlingswelle, die Österreich und Europa überrollt". Ebenso wie
Krainer hob Tamandl die positiven Auswirkungen der Steuerreform
hervor, durch die jedem Bürger durchschnittlich 1.000 € pro Jahr mehr
übrig bleiben werden. Dass man sich auf dem Erreichten nicht ausruhen
dürfe, sei klar, betonte die Rednerin, die sich u.a. für eine rasche
Lohnnebenkostensenkung und die Abschaffung der kalten Progression
aussprach. Solide Staatsfinanzen sind eine unverzichtbare Grundlage
für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung und für soziale
Stabilität, betonte auch Jakob Auer (V). Ein wichtiges Anliegen der
ÖVP sei auch der effiziente Mitteleinsatz, der in einigen Bereichen -
wie etwa beim AMS - nicht immer gegeben sei, urteilte Tamandl.
FPÖ: Steuerreform wird durch unternehmerfeindliche Maßnahmen
gegenfinanziert
Einen sehr kritischen Blick warf Abgeordneter Herbert Fuchs (F) auf
die Steuerreform. So sei es etwa nicht richtig, dass jedem Bürger
1.000 € mehr in der Geldbörse bleiben werden. Davon müssen nämlich
noch die zahlreichen neuen Belastungen, die sich etwa durch die
Erhöhung der Kapitalertragssteuer, der Immobilienertragssteuer, der
Umsatzsteuer u.v.m. ergeben, abgezogen werden. Unterm Strich bleibe
dann nichts mehr übrig, rechnete Fuchs vor. Die ständig angeführten 5
Mrd. €, die die Steuerzahler ab 2016 erhalten sollen, decken zudem
nur jenen Betrag ab, der den Bürgern seit 2009 durch die kalte
Progression "rechtswidrig weggenommen" wurde. Kritik übte Fuchs auch
an der Registrierkassenpflicht, mit der die Unternehmen "gepflanzt"
werden. Äußerst bedauerlich sei zudem, dass die Gegenfinanzierung der
Steuerreform nicht durch Einsparungen erfolge, sondern durch
Steuererhöhungen und Neuverschuldung. Schelling habe zwar in seiner
Budgetrede auf zahlreiche Missstände hingewiesen - zu hohe
Abgabenquote und Lohnnebenkosten, überbordende Bürokratie etc. -,
dagegen unternommen werde aber seit Jahren nichts, beklagte Bernhard
Themessl (F), der von einer Bankrotterklärung der Bundesregierung
sprach.
Grüne beklagen Reformstillstand und unsichere Gegenfinanzierung der
Steuerreform
Abgeordneter Bruno Rossmann von den Grünen bezeichnete die
Steuerreform als bloße Tarifentlastung, zumal echte
Strukturänderungen nicht angegangen wurden. Hätte man endlich einmal
den Mut aufgebracht, eine ökosoziale Steuerreform inklusive einer
Erbschaftssteuer umzusetzen, dann stünde man heute nicht vor dem
Problem einer komplett unsicheren Gegenfinanzierung. Schelling sei
zwar ambitioniert an den Start gegangen, mittlerweile gehe ihm aber
wohl die Luft aus, meinte Werner Kogler (G), da er auf Bundes- und
vor allem auf Länderebene von den eigenen Leuten zurückgehalten bzw.
sogar torpediert werde. Dies führe zu einer Fortsetzung des
Reformstillstands in vielen Bereichen, wie etwa der Gesundheit, der
Bildung, den Wirtschaftsförderungen oder beim Föderalismus.
Was die Forderung von Tamandl bezüglich des effizienteren
Mitteleinsatzes im Bildungsbereich betrifft, so gab Rossmann zu
bedenken, dass es gerade die ÖVP ist, die immer wieder eine Reform im
Bereich der Schulorganisation verhindere. Damit verleugne man auch
die Tatsache, dass dieser Sektor seit Jahren Zeit strukturell
unterfinanziert ist. Bei den neuen Budgetregeln für Länder und
Gemeinden gebe es zwar gewisse Fortschritte, räumte Rossmann ein,
aber leider sei man auf halbem Wege stehen geblieben. Wichtige
Bereiche, wie etwa die mittelfristige Budgetplanung, blieben
ausgeklammert. Er wundere sich auch, warum die Sozialdemokraten
zugelassen haben, dass Maßnahmen gegen die steigenden
Arbeitslosigkeit weitgehend fehlen.
NEOS fordern ein Ende der Schuldenpolitik und echte Reformen auf der
Ausgabenseite
Seit 1962 hat es keine österreichische Bundesregierung mehr
geschafft, ein ausgeglichenes Budget vorzulegen, zeigte NEOS-Mandatar
Rainer Hable (N) auf. Obwohl Österreich in vielen Rankings immer
schlechter abschneide, werde die bisherige Schuldenpolitik weiter
fortgesetzt. Die NEOS haben immer wieder gefordert, die völlig außer
Kontrolle geratenen Ausgaben des Staates einzudämmen, wobei man vor
allem bei den Frühpensionen, dem Föderalismus, den Förderungen, der
Gesundheitsverwaltung und der Bürokratie ansetzen müsse. Dadurch
könnten insgesamt 19 Mrd. € über einen Zeitraum von acht Jahren
eingespart und ein Spielraum für eine echte Steuer- und
Abgabenentlastung geschaffen werden, rechnete er vor. Sein
Fraktionskollege Christoph Vavrik thematisierte vor allem "die
riesigen Herausforderungen", die durch das Flüchtlingsproblem auf
Österreich noch zukommen werden. Seiner Meinung nach sollte man vor
allem in internationale Projekte investieren, die in den Herkunfts-
und Erstaufnahmeländern der Menschen durchgeführt werden; hier sei
Österreich säumig.
Team Stronach: Regierung fehlt der Mut für echte Reformen
Auch Christoph Hagen vom Team Stronach zeigte sich enttäuscht vom
Budget des Finanzministers; er hätte sich von ihm mehr erwartet.
Einerseits habe man auf der Ausgabenseite keine strukturellen
Änderungen vorgenommen, andererseits seien viele Bereiche völlig
unterdotiert. Dies betreffe u.a. das Bundesheer, wo Fahrzeuge
dahinrosten und dringend erforderliche Investitionen in die
Infrastruktur nicht getätigt werden. Was die zusätzlichen 72 Mio. €
für den Sicherheitsbereich betrifft, so befürchtet Hagen, dass diese
Mittel nicht der Exekutive zugutekommen, sondern für die Betreuung
der Flüchtlinge aufgewendet werden müssen. Auch Wifo-Chef Karl
Aiginger habe bereits darauf hingewiesen, dass durch den
Familiennachzug hohe Mehrkosten entstehen werden. Abgeordnete
Waltraud Dietrich (T) konnte nicht nachvollziehen, dass der immens
hohe Schuldenberg in der Höhe von 296 Mrd. € die Regierung nicht
wachrüttle, zumal die Zukunft der nächsten Generation auf dem Spiel
stehe. Auch in der Flüchtlingsfrage müsse man klar sagen, dass es
Grenzen der Belastbarkeit gibt.
Schelling spricht von einem soliden Budget und kündigt weitere
Reformschritte an
Bundesminister Hans Jörg Schelling erinnerte daran, dass er erst seit
einem Jahr das Finanzressort führe und auch immer wieder Reformen
eingefordert habe. Der Hauptgrund dafür, dass die wirtschaftliche
Situation in Deutschland derzeit deutlich besser sei, liege vor allem
in dem Umstand begründet, dass dort bereits vor zehn Jahren massive
Eingriffe in den verschiedensten Sektoren vorgenommen wurden.
Schelling war überzeugt davon, dass nun auch in Österreich innerhalb
eines kurzen Zeitraums wichtige Vorhaben auf Schiene gebracht werden,
wie etwa die Umsetzung von einheitlichen Rechnungslegungsvorschriften
oder eben die Steuerreform. Wenn die geplanten Maßnahmen greifen,
dann sei auch eine solide Gegenfinanzierung gewährleistet, hielt der
Minister Abgeordnetem Rossmann entgegen. Prinzipiell war der
Ressortchef der Meinung, dass viele Probleme nicht einfach durch mehr
Geld zu lösen sind, sondern durch Reformen. Dies betreffe auch den
Bildungsbereich. Auch wenn nun durch einen Nachtragshaushalt die
Altlasten beseitigt werden, müssen in der Folge Maßnahmen ergriffen
werden, um eine klare Budgetstruktur zu bekommen, unterstrich der
Minister.
Erste Lesung geht in die letzte Runde
Auch in der dritten und vierten Debattenstunde über den Budgetkurs
für 2016 hätten die Reaktionen der Abgeordneten zwischen Regierungs-
und Oppositionsfraktionen unterschiedlicher nicht sein können.
SPÖ: Ein Budget, mit dem man leben kann
Von den Abgeordneten der SPÖ wurde der Budgetentwurf weitgehend
positiv bewertet. In den Blickpunkt ihrer Debattenbeiträge rückten
die Abgeordneten neben den Bereichen Arbeit, Soziales und Bildung
auch Pensionsreform, Infrastruktur, Gesundheit und Umwelt.
"In Österreichs Klassenzimmern wird die Zukunft des Landes
geschrieben", schickte etwa Elisabeth Grossmann (S) in Bezug auf die
geplante Aufstockung des Bildungsbudgets voraus. Ein höchst
notwendiger Schritt, geht es nach ihr, so könnten nun wertvolle
Maßnahmen, etwa der qualitative und quantitative Ausbau ganztägiger
Schulformen, realisiert werden. Was sich Grossmann zukünftig erhofft,
ist eine langfristige Absicherung der Bildungsaufgaben. Auch
Fraktionskollegin Andrea Kuntzl (S) zählte Investitionen in die
Bildung zu den wichtigsten Zukunftsinvestitionen in Österreich. Ihre
Fraktion geht davon aus, dass das Plus für die Universitäten und
Hochschulstrukturmittel für bessere Betreuungsverhältnisse verwendet
werden, wie sie sagte. Das soll durch die Schaffung von zusätzlichen
Professorenstellen passieren.
Josef Muchitsch (S) ortete das höchste Einsparungspotential in
Bereichen, "wo Dinge doppelt und dreifach verwaltet werden", konkret
in der föderalen Verwaltung. Muchitsch setzt deswegen auf die
anstehenden Finanzausgleichsverhandlungen, hier sollte sich der Bund
gegenüber anderen Verwaltungsebenen durchsetzen, so seine Forderung.
Die Budgetsanierung nämlich nur über den Bereich Soziales vollziehen
zu wollen, wird aus seiner Sicht nicht funktionieren.
Rainer Wimmer (S) bezeichnete den Budgetentwurf als großen Wurf. Es
sei ein guter Tag für die arbeitenden Menschen, aber auch für die
PensionistInnen, wie er meinte. Die Steuerreform habe epochal im
Budgetentwurf Platz gefunden, ab Jänner würde so den Menschen
tatsächlich mehr Geld bleiben.
Christine Muttonen (S) sprach im Zusammenhang mit der Aufstockung des
Auslandskatastrophenfonds sowie der Zurücknahme von massiven
Kürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit von notwendigen
Maßnahmen. Man könne hierbei aber nicht von einem altruistischen Akt
sprechen. Die Gelder, etwa zur Unterstützung der direkten
Nachbarländer Syriens zur Bewältigung der Flüchtlingssituation,
würden auch einen unmittelbaren Beitrag für die Sicherheit
Österreichs leisten. Ein Wermutstropfen im Budget sind aus ihrer
Sicht die Kürzungen der Gelder für internationale Institutionen.
Die Steuerentlastung stärke die Kaufkraft, außerdem würden weitere
Wachstumsimpulse gesetzt, zeigte sich Gisela Wurm (S) zufrieden. Im
Frauenbudget hätte sie sich mehr erhofft, doch sei der Ansatz
zumindest gleich geblieben. Das "Wirkungsziel Gleichstellung" sei in
allen Budgetkapiteln verankert, man werde genau im Auge behalten
müssen, welche Effekte es habe, meinte Wurm. Die Frauen müssten ihren
gerechten Anteil erhalten. Wohnbauförderung als Beitrag zu leistbarem
Wohnen was das Anliegen von Ruth Becher (S). Der Budgetentwurf
sichere die Wohnpolitik und leistbares Wohnen.
Die Erhöhung des Katastrophenfonds sah Petra Bayr (S) als erfreulich,
bedauerte aber, dass keine Erhöhung im Bereich der
Entwicklungspolitik erfolge. Das sei kein Renommee für den UNO-
Standort Österreich. Immerhin werde die Unterstützung für
Flüchtlingslager erhöht. Die Bundesregierung habe ein ordentliches
Budget vorgelegt, das allgemeine Unterstützung verdiene, meinte Otto
Pendl (S). Er rief dazu auf, alles zu tun, um die schwierige
Situation der Flüchtlingskrise unter Achtung der Menschenwürde zu
meistern.
Elisabeth Hakel (S) thematisierte das Kulturbudget und begrüßte
besonders die Erhöhung der Basismittel für die Bundestheater. Eine
Einschränkung des Bühnenbetriebs käme aus Sicht der Sozialdemokratie
nicht in Frage, betonte sie.
Hermann Krist (S) vermisste Aussagen des Finanzministers zum
Sportbudget und hoffte, dass dieser mit sich noch reden lasse. Leider
werde die tägliche Bewegungseinheit an den Schulen nicht umgesetzt,
obwohl sie breite Unterstützung habe, kritisierte er. Sport sei unter
anderem ein wichtiger Wirtschafts- und Arbeitsplatzfaktor und helfe,
Gesundheitskosten zu senken.
"Investitionen in die Integration sind Investitionen in die Zukunft",
sagte Nurten Yilmaz (S). Sie bedauerte, dass hohe finanzielle Hürden
für den Erwerb der Staatsbürgerschaft aufgebaut wurden. Es sei auch
volkswirtschaftlich gesehen unsinnig, Hemmnisse für die Integration
leistungswilliger Zuwanderer aufzubauen, meinte sie.
Das Budget trage den Herausforderungen für Landwirtschaft und
ländliche Regionen Rechnung, sagte Erwin Preiner (S). Der Masterplan
für den ländlichen Raum, der im Regierungsprogramm vorgesehen sei,
müsse umgesetzt und der Katastrophenfonds höher dotiert werden,
forderte er. Der Breitbandausbau sei eine Überlebensfrage für die
Landwirtschaft, stellte er fest.
Im Bereich Gesundheit werde nicht gespart, konstatierte Erwin
Spindelberger (S), sondern das Budget in diesem Bereich werde um 86
Mio. € erhöht. Die angekündigten Reformen begrüßte er und meinte, es
gelte, auch das Positive in Österreich hervorzuheben. Anton Heinzl
(S) unterstrich den Wert einer gut ausgebauten Infrastruktur und von
Investitionen in den öffentlichen Verkehr, besonders in die Schiene.
Dabei werde eine umfassende Strategie verfolgt, und es sei geplant,
zahlreiche wichtige Projekte umzusetzen.
Johannes Jarolim (S) wies darauf hin, dass die Jugendgerichtsbarkeit
dringend reformiert werden müsse. Die Abschaffung des
Jugendgerichtshofs war aus seiner Sicht ein großer Fehler der
schwarz-blauen Koalition, der negativen Folgen sich nun deutlich
zeigten. Peter Wittmann (S) benützte seine Wortmeldung, um die
Innenministerin für ihre Handhabung der Flüchtlingskrise zu
kritisieren. Das Umweltbudget wurde von Hannes Weninger (S)
thematisiert. Dieses sollte ambitionierter sein, doch könne er damit
leben, wenn es zumindest konsequent umgesetzt werde. Zudem sehe das
Budget des Verkehrsministeriums Mittel für umweltfreundlichen Verkehr
vor.
Christoph Matznetter (S) zeigte sich zufrieden, dass die
Bundesregierung habe bedeutende Maßnahmen zur Reform des
Pensionssystems gesetzt habe. Österreich habe ein gutes System,
betonte er. Insgesamt sei es ein "herzeigbares Budget", das den
Anteil der öffentlichen Schulden am BIP reduziere. Er ist überzeugt
davon, dass es auch umgesetzt werde. Österreich stehe im
internationalen Vergleich sehr gut da, es gebe daher keinen Grund zu
Schwarzmalerei.
ÖVP-Abgeordnete sehen Budgetentwurf als Ausgangspunkt für weitere
Reformschritte
Die ÖVP wies Angriffe auf Finanzminister Schelling durch die
Oppositionsfraktionen entschieden zurück. Schelling habe auch in
schwierigen Zeiten ein stabiles Budget vorgelegt, wie August Wöginger
(V) meinte. Der Finanzminister habe eine Steuerentlastung sowie die
Hypo-Abwicklung zustande gebracht und sich in der Griechenland-Krise
durch seine Fachkenntnisse ausgezeichnet. Von "schwierigen
Rahmenbedingungen", unter denen Schelling den Budgetentwurf vorlegen
musste, sprach auch Peter Haubner (V). Die Hauptschwerpunkte im
Budget, etwa der Belastungsstopp bei den Unternehmen oder die
angekündigte Lohnnebenkostensenkung seien richtig gewählt. Diese soll
aus seiner Sicht nun so schnell wie möglich umgesetzt werden. Trotz
der Unsicherheiten und Krisen sei es ein gutes Budget, so auch die
Meinung von Dorothea Schittenhelm (V). Aus ihrer Sicht wird es eine
Wirtschaftsoffensive ermöglichen und entsprechende
Investitionsimpulse auslösen.
Laut Andreas Zakostelsky (V) ist Österreich mit den übergeordneten
Zielen der Budgetpolitik, etwa mit der strengen Haushaltsdisziplin,
auf dem richtigen Weg. Dieser Überzeugung war auch Fraktionskollegin
Maria Fekter (V), die darauf hinwies, dass in Österreich seit 2011
sukzessive Defizite abgebaut wurden. Besonders erfreulich ist es aus
ihrer Sicht, dass neben dem Konsolidierungspfad eine Steuerreform
beschlossen werden konnte. Als Kostentreiber sieht Fekter die ÖBB und
Schieneninfrastruktur, damit würde man den folgenden Generationen
massive Schuldenberge hinterlassen. Diesbezüglich fordert sie mehr
Kostentransparenz.
Erfreuliche Ankündigungen in der Budgetrede sah Kathrin Nachbaur (V).
Doch gebe es noch einiges zu tun, etwa im Bereich
Arbeitsmarktpolitik. Die Unternehmen würden zu Tode reguliert,
beklagte sie. Nur eine funktionierende Privatwirtschaft in einem
effizienten Staat könne Wirtschaftswachstum schaffen.
Er stimme dem Finanzminister zu, der festgestellt habe, dass
Österreich kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem hat, sagte
Asdin El Habbassi (V). Die Jugend glaube nicht mehr daran, dass ihre
Pension gesichert ist. Die Ausgaben für das Pensionssystem seien der
größte Ausgabentreiber im Budget, die Sozialdemokratie müsse hier
endlich aufwachen. Die Koalition müsse beherzt Reformen angehen, er
sei dabei.
Das Budget begünstige PensionistInnen mit kleinen Einkommen, zeigte
Gertrude Aubauer (V) sich zufrieden und rechnete vor, was für
einzelne Gruppen an Ersparnissen zu erwarten seien. Auch das
Pflegegeld werde erhöht, was in schwierigen Zeiten nicht
selbstverständlich sei. Zudem gelte es, die Pensionen für die
nächsten Jahrzehnte zu sichern. Der Finanzminister habe in seiner
Budgetrede die Reformnotwendigkeiten deutlich herausgearbeitet, sagte
Georg Vetter (V). Das Budget sei ein Schritt in die richtige
Richtung, doch müssten diesem weitere Reformen folgen mit Anpassung
des Pensionssystems, Verwaltungsreform, Senkung der Lohnnebenkosten
und Abschaffung der kalten Progression.
Man dürfe auf vieles stolz sein, aber sich nicht auf dem Erreichten
ausruhen, meinte Eva-Maria Himmelbauer (V). Die große Herausforderung
sei die Sicherung des Lebensstandards. Dafür müssten bürokratische
Hürden für Unternehmen abgebaut, mehr in Forschung und Entwicklung
investiert und die Staatsschuld gesenkt werden. Himmelbauer forderte
zudem den raschen Ausbau des Breitbandnetzes. Die Landwirtschaft sei
ein wichtiger Faktor für Beschäftigung im ländlichen Raum, stellte
Manfred Hofinger (V) fest. Niedrige Preise machten derzeit den
LandwirtInnen zu schaffen. Das Budget biete ihnen eine neue
Perspektive. Die Aufrechterhaltung einer guten Gesundheitsversorgung
für alle stelle eine große Herausforderung dar, sagte Erwin Rasinger
(V). Hier seien viele Fortschritte erreicht worden, es sei nicht
alles im Gesundheitssystem negativ zu bewerten.
In einer weiteren Wortmeldung betonte Jakob Auer (V), alle Teile der
Politik und Gesellschaft seien bei der Bewältigung der großen
humanitären Krise des Flüchtlingsstroms nach Europa gefordert. Er
rief dazu auf, von unangebrachten Vorwürfen und Ausdrücken Abstand zu
nehmen.
FPÖ-Abgeordnete: Die tatsächlichen Probleme werden nicht angegangen
Für die FPÖ finden sich im Budgetentwurf sowie in der Budgetrede
Schellings nur Altbekanntes und hohle Phrasen, wie Wolfgang Zanger
(F) sagte. Das konkrete Ziel des Finanzministers im Zusammenhang mit
der Umsetzung der Rechnungshofvorschläge, laut Zanger rund 599, werde
seine Fraktion genau beobachten. Thematisch kreisten die
budgetpolitischen Erörterungen des vorgelegten Budgetentwurfs für
2016 bei den Freiheitlichen vermehrt um das Flüchtlingsthema.
Beispielsweise stellte Zanger die Frage der Folgekosten der
Flüchtlingssituation in den Raum, oder, was mit jenen Menschen
passiert, die keinen Asylstatus in Österreich erhalten. Philipp
Schrangl (F) warnte vor dem Szenario, dass 80.000 Flüchtlinge auf den
Wohnungsmarkt in Österreich drängen. Die Menschen in Österreich
würden schon jetzt unter den hohen Wohnkosten stöhnen. Bei der
angekündigten Wohnbauoffensive hofft Schrangl, dass
"Ankündigungsriesen" nicht zu "Wohnbauzwergen" werden, wie er sagte.
Christian Höbart (F) sprach in Sachen Budgetpolitik von einer
"schwarz-roten Raubritterregierung", die nichts anderes könne, als
die letzten Leistungsträger der heimischen Gesellschaft noch weiter
zu belasten. Zudem würden keine Verwaltungsreformen umgesetzt und
bildungs- und kulturfernen Menschen aus allen Ländern der Welt Türen
und Tore geöffnet. Schon die bisherige Zuwanderung habe keinen
Mehrwert für die Republik gebracht, das werde auch mit Afghanen und
Pakistani nicht gelingen, meinte Höbart.
Edith Mühlberghuber (F) vermisste im Budget Maßnahmen zur
Verringerung der Armutsgefährdung für Familien. In Österreich würden
über eine Million Menschen armutsgefährdet sein, die meisten davon
seien etwa Familien oder alleinerziehende Mütter mit Kindern. Das
Fundament eines Staates seien seine demographischen Verhältnisse,
betonte Barbara Rosenkranz (F). Seit den 1970er Jahren übertreffen
die Sterbezahlen die Geburtenzahlen. Das gefährde den
Generationenvertrag. Nach wie vor sei es so, dass von den Kindern nur
jene profitieren, die keine haben. Das Budget zeige keine Änderung
dieses Trends.
Jegliche Ambitionen im Kulturbereich, dessen Budget in den letzten
Jahren faktisch um 5 % gekürzt worden sei, vermisste Wendelin Mölzer
(F). Die angekündigten Mittel würden keine tatsächliche Erhöhung
bedeuten, und das geplante "Haus der Geschichte" sei noch nicht
budgetiert. Der Finanzausgleich benachteilige mit dem abgestuften
Bevölkerungsschlüssel die ländlichen Gemeinden, die hohe Ausgaben
hätten, sagte Gerald Hauser (F). Er müsse endlich reformiert werden,
denn das Geld solle dorthin fließen, wo die Aufgaben erfüllt werden,
forderte er.
Grüne vermissen umwelt- und sozialpolitische Schwerpunkte
Für die Grünen fehlt es an umfassende Maßnahmen im Budget, die
nachhaltig, sozial gerecht sowie global und europäisch ausgerichtet
sind. Besonders Tanja Windbüchler-Souschill (G) vermisst eine
verantwortungsvolle Budgetpolitik, gerade wenn es um die Situation
von Flüchtlingen und humanitären Notständen geht. Der Krieg in Syrien
sei seit bereits viereinhalb Jahren in Gange, niemand müsse über die
nunmehrige Flüchtlingssituation überrascht sein. Eine nachhaltige
Strategie zur Bekämpfung von Armut, Ausbeutung und Ungleichheit fehle
schlichtweg, die Kürzung von UNO-Hilfsprogrammen ist aus ihrer Sicht
ein fahrlässiger Weg.
Auch für Christiane Brunner (G) finden große Herausforderungen und
Chancen, etwa im Bereich der Energiewende, keinen Platz im von
Schelling vorgelegten Budget. In der Budgetrede seien weder die Worte
Klimaschutz, noch Energie noch Umweltschutz in irgendeiner Silbe
vorgekommen, auch bei den Klimaschutzmaßnahmen wurde acht Wochen vor
der Weltklimakonferenz in Paris massiv gekürzt, wie Brunner
kritisierte. Österreich könne es sich nicht leisten, aus Umwelt- aber
auch aus wirtschaftlichen Gründen, nicht in Klimaschutz zu
investieren, warnte die Abgeordnete der Grünen.
NEOS: Regierung bemüht Ausreden, um Defizit zu rechtfertigen
An Kritik gegenüber dem Budgetentwurf sparten auch die NEOS nicht.
Besonders im Bereich der humanitären Hilfe müsse Österreich in die
Zukunft denken, wie Nikolaus Scherak (N) forderte, zumal es sich bei
den Flüchtlingen nicht um eine einmalige Situation handle. Der
Zivilgesellschaft, die in den letzten Monaten im Zusammenhang mit der
Flüchtlingssituation viel geleistet habe, gehe langsam die Luft aus,
rief er ins Bewusstsein. Josef Schellhorn (N) bemängelte, dass die
Transparenzdatenbank bis heute nicht umgesetzt wurde. Österreichs
UnternehmerInnen würden als Diebe der Nation kriminalisiert, während
"oben" Reformen ausgelassen werden und durch Doppelgleisigkeiten
Steuergeld verschleudert werde. Die Bundesregierung sollte sich
endlich aus dem Würgegriff der Sozialpartner und Landeshauptleute
befreien, so die Forderung Schellhorns.
Als mühsam bezeichnete Gerald Loacker (N) die "Ausreden" der
Bundesregierung, warum erneut ein Defizit erwirtschaftet wurde.
Einmal sei es die Hypo, einmal die Flüchtlingssituation, einmal das
Hochwasser, kritisierte er. Zudem würde die Wirtschaft nicht in die
Gänge kommen. Was es aus Sicht des NEOS-Abgeordneten deswegen
braucht, ist die Senkung der Lohnnebenkosten. "Dieses Budget ist
nicht generationengerecht", machte NEOS-Mandatarin Claudia Gamon ihre
Ablehnung gegenüber dem Entwurf deutlich. Investitionen in die
Zukunft würden in Österreich hintangestellt, viele Mittel in
vergangenheitsbezogene Angelegenheiten gesteckt. Allein für Pensionen
werde in diesem Jahr das Doppelte des Bildungsbudgets in die Hand
genommen. (Fortsetzung Nationalrat) sue/keg/sox
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