- 13.10.2015, 16:19:56
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Wie Monk und Lady Gaga ins Wohnzimmer kommen
Forschungsprojekt zu Handelsmessen als Triebfedern kultureller Globalisierung

Utl.: Forschungsprojekt zu Handelsmessen als Triebfedern kultureller
Globalisierung =
St. Pölten (OTS/FHSTP) - Content-Fachmessen spielen eine bedeutende
Rolle in der globalen Verbreitung von Filmen, TV-Programmen, Musik
und Büchern. Ein vom Wissenschaftsfonds FWF gefördertes Projekt der
FH St. Pölten untersucht nun die Grundlagen der Entscheidungsprozesse
und Geschäftspraktiken von MedienmanagerInnen. Auch ihr
Selbstverständnis und ihre Rolle im globalen Fluss von kulturellen
Medienprodukten stehen dabei im Fokus.
Vom Ladenhüter zum Blockbuster
Monk, Lady Gaga und Mr. Grey sind prominente Gäste in
österreichischen Wohnzimmern. Doch wie kommt es, dass man in
Österreich bestimmte globalisierte Mediengüter sieht, hört und liest?
"Dahinter stehen Vermittlerinnen und Vermittler, die diese für den
österreichischen Markt auswählen, evaluieren und vermarkten", sagt
Andreas Gebesmair, Leiter des Österreichischen Instituts für
Medienwirtschaft vom Department für Medien und Wirtschaft der
Fachhochschule St. Pölten
Doch wie werden Blockbuster, Chartstürmer und Bestseller von
Ladenhütern unterschieden? Wie und auf welcher Basis fällen
professionelle ContentbezieherInnen ihre Kaufentscheidungen? Das vor
Kurzem gestartete Projekt "Trading Cultures" der FH St. Pölten widmet
sich der empirischen Betrachtung dieses zentralen Einflussfaktors der
kulturellen Globalisierung: der Kultur des Handels mit kulturellen
Mediengütern.
Einblicke in die Kultur des globalen Handels
Als zentral werden in diesem Projekt internationale
Content-Handelsmessen gesehen. Sie sind nicht nur Umschlagplätze für
die Mediengüter selbst, sondern auch für Trends, Fachmeinungen und
Geschäftsmodelle, die die globale Verbreitung neuer Medienprodukte
grundlegend bestimmen.
Das Forschungsteam um Gebesmair untersucht nun branchenübergreifend
inwiefern Verkaufs- und Kaufentscheidungen auf in der Branche
gemeinsam geteilten Annahmen, Routinen und Regeln basieren. Diese
werden auf drei bedeutenden internationalen Handelsmessen, der
TV-Content-Messe MIPCOM, der Musikmesse midem und der Frankfurter
Buchmesse studiert.
Was wir wollen werden
Gerade im Handel mit innovativen Mediengütern sind Kaufentscheidungen
hochriskant, der Preis für Fehleinschätzungen hoch und Erfolge
schwierig abzuschätzen. Deshalb tendieren die Beteiligten dazu,
legitime Geschäftspraktiken zu imitieren: "Professionelle
Contentbezieherinnen und - bezieher müssen einschätzen können, was
'ihr' Publikum wollen wird. Sie verlassen sich dabei auf den
sogenannten 'Buzz' auf dem Messeparkett und auf die dort
kommunizierten und geteilten Bewertungsstandards. Andererseits
spielen aber auch gewisse in der Branche etablierte 'Daumenregeln'
und die erfahrungsbasierte Intuition eine Rolle", erläutert
Gebesmair.
Wurzeln des "richtigen Riechers"
Gemeinsam geteilte Bewertungsgrundlagen und deren Verbreitung werden
im Projekt mithilfe von ethnografischen Methoden, vor allem
teilnehmender Beobachtung, auf den Messen identifiziert. "Diese
Methode eignet sich in besonderer Weise dazu, tiefe und lebensnahe
Einblicke in die alltäglichen und als selbstverständlich
wahrgenommenen Vorgehensweisen und Routinen der Händlerinnen und
Händler zu erhalten", sagt Christoph Musik, wissenschaftlicher
Mitarbeiter im Projekt "Trading Cultures".
Neben der Beobachtung vor Ort sind zudem Tiefeninterviews mit
international tätigen MedienmanagerInnen geplant. Die Analyse
branchenrelevanter Fachmagazine wie beispielsweise "Hollywood
Reporter", "Billboard" und "Publishers Weekly" und ihrer Rolle als
MeinungsbildnerInnen ergänzt die Datenerhebung.
Know-how aus der Praxis
Das internationale Projektdesign berücksichtigt länderspezifische
wirtschaftliche und kulturelle Unterschiede: "Wir kontrastieren
Österreich und den deutschsprachigen Raum mit zumindest zwei weiteren
Ländern mit unterschiedlichen Ausgangslagen: einerseits
Großbritannien mit einem insgesamt hohen Exportvolumen an
Kulturgütern und andererseits der Türkei mit einer großen Anzahl an
inländischen Produktionen und wenig Importen", sagt Gebesmair.
Fachleute aus führenden Medienunternehmen Österreichs werden die
ForscherInnen mit ihrem Know-how auf den Fachmessen sowie beim
Identifizieren von Strategien und Trends unterstützen.
Die Ergebnisse des Forschungsprojekts werden nicht nur angehende
Medienfachleute unterstützen sondern es auch Medienprofis erlauben,
etablierte und als selbstverständlich wahrgenommene Handlungs- und
Entscheidungsmuster zu hinterfragen. Außerdem werden die Erkenntnisse
des Projekts zu einem besseren Verständnis von grundlegenden Fragen
des ökonomischen Handelns beitragen, beispielsweise inwiefern
MedienmanagerInnen in ihrem alltäglichen Arbeitsleben an bewährten
Routinen und legitimen Klassifikationen festhalten oder unter welchen
Umständen sie diese hinterfragen und etwas Neues ausprobieren.
"Trading Cultures." Eine Ethnographie von Handelsmessen für TV, Musik
und Bücher
Das Projekt wird vom Wissenschaftsfond FWF finanziert.
http://www.ots.at/redirect/forschung6
Buchtipp zum Thema:
A. Gebesmair. Die Fabrikation globaler Vielfalt. Struktur und Logik
der transnationalen Popmusikindustrie. Bielefeld: transcript, 2008.
ISBN 978-3-89942-850-6
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