• 06.10.2015, 17:46:42
  • /
  • OTS0217 OTW0217

Sondersitzung: Grüne drängen auf rasche Bildungsreform

Dringliche Anfrage an Unterrichtsministerin Heinisch-Hosek

Utl.: Dringliche Anfrage an Unterrichtsministerin Heinisch-Hosek =

Wien (PK) - In einer von den Grünen initiierten Sondersitzung des
Nationalrats musste heute Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-
Hosek insgesamt 50 kritische Fragen zur Bildungsreform beantworten.
Klubobfrau Eva Glawischnig-Piesczek (G) zeigte sich sehr besorgt
darüber, dass es nicht zu dem angekündigten großen Wurf kommt, da
wieder einmal politischer Hick-Hack und bürokratische Ausreden im
Vordergrund stünden. Österreich habe im internationalen Vergleich
schon jetzt Nachholbedarf, gab sie zu bedenken, und jede weitere
Verzögerung würde nur dazu führen, dass die Zukunftschancen tausender
Kinder und Jugendlicher verspielt werden. Bundesministerin Gabriele
Heinisch-Hosek räumte ein, dass es Verbesserungsbedarf gibt, kündigte
aber an, dass am 17. November eine Bildungsreform aus einem Guss
präsentiert werde.

In der anschließenden Diskussion gab es wenig neue Argumente. So
beharrte Abgeordnete Brigitte Jank namens der ÖVP auf die
Beibehaltung des Gymnasiums. "Darauf verzichten wir nicht", richtete
sie den BefürworterInnen einer gemeinsamen Schule der 10- bis 14-
Jährigen aus. Auch die FPÖ stellte sich ausdrücklich hinter das
Gymnasium. Mehrfach gefordert wurden darüber hinaus mehr
Schulautonomie und eine Entpolitisierung der Schulen. Die im Laufe
der Debatte von den Oppositionsparteien eingebrachten
Entschließungsanträge fanden keine Mehrheit.

Grüne sehen die Zukunftsperspektiven der Kinder gefährdet

Da sich das Bekenntnis der politisch Verantwortlichen in den letzten
Jahren, die beste Bildung für unsere Kinder verwirklichen zu wollen,
sich als ein nicht einmal ansatzweise eingelöstes Versprechen
entpuppt habe, haben die Grünen eine Dringliche Anfrage unter dem
Motto "Bildungsreform 2015 - großer Wurf oder nächster Flop?"
eingebracht, erläuterte Eva Glawischnig-Piesczek (G). Sie
befürchtete, dass die angekündigte Reform wieder zu einem Reförmchen
verkommt, da aus den Verhandlungen der Expertengruppe durchgesickert
sei, dass es etwa zu keiner Vereinheitlichung und Zusammenführung der
Schulverwaltung kommen wird. Auch könnten die Ergebnisse der Wiener
Landtagswahl in der nächsten Woche dazu führen, dass es zu einem
weiteren Stillstand kommt und wieder Monate und Jahre vergeudet
werden.

Schon jetzt "verliere" man jährlich bis zu 8.000 Kinder, die nicht
sinnerfassend lesen können und Probleme beim Rechnen und Schreiben
haben, gab die G-Mandatarin zu bedenken. Hauptgrund dafür sei ein
Bildungssystem, das von einem politischen Hick-Hack zwischen Bund und
Ländern bzw. zwischen Rot und Schwarz geprägt sei und das in Kauf
nehme, dass viele junge Menschen auf der Strecke bleiben. Erst vor
kurzem wurde etwa die Einführung eines zweiten verpflichtenden
Gratis-Kindergartenjahres "beerdigt", obwohl sich 95 % der Eltern
diese Entlastung sehr dringend gewünscht hätten. Unerträglich sei
auch die Tatsache, dass jene Kinder, deren Eltern einen niedrigeren
Bildungsstand haben, viel schlechtere Zukunftschancen haben. Dies
alles habe fatale Konsequenzen, weil damit den Jugendlichen der
Zugang zum Arbeitsmarkt und generell an der gesellschaftlichen
Teilhabe verwehrt werde.

Ihre Fraktion habe ein umfassendes Bildungskonzept vorgelegt, in dem
u.a. ein besserer Übergang von der Volksschule in die Mittelschule
gefordert wird, erinnerte Eva Glawischnig-Piesczek (G). Es sei nicht
einzusehen, warum einem Kind aufgrund einer Teilschwäche die Tür zum
Gymnasium versperrt bleibe. Prinzipiell sollten nicht die Schwächen
im Mittelpunkt stehen, sondern die Stärken individuell gefördert
werden. Gleichzeitig müssen auch die LehrerInnen unterstützt werden,
verlangte die Rednerin, zwei PädagogInnen pro Klasse seien notwendig.
Auch die Schulen selbst bräuchten mehr Autonomie, weil man vor Ort am
besten wisse, was gebraucht wird. Dabei gehe es nicht nur um die Wahl
der Unterrichtsmethoden und der Lernschwerpunkte, sondern auch um
Leistungsbeurteilungen, Team-Teaching, Förderstunden, freiwillige
Übungen, Gesundheitsförderung, tägliche Bewegungseinheiten etc.

Was die Arbeit der Reformkommission betrifft, so sei es sehr
bedauerlich, dass die von den Auswirkungen am meisten Betroffenen,
nämlich die Jugendlichen, in die Beratungen nicht eingebunden wurden.
Dass es auch anders gehe zeige das Beispiel Finnland, wo 60.000
SchülerInnen bei einem großen Reformprojekt mitarbeiten konnten,
zeigte Glawischnig-Piesczek auf. Auch ihr Fraktionskollege Harald
Walser bemängelte, dass die Schulreform als Geheimprojekt
durchgeführt werde; dies könne nicht funktionieren. In Vorarlberg
hingegen haben man alle Eltern und Lehrer befragt, ob es in Richtung
gemeinsame Schule gehen soll; 78% haben Ja dazu gesagt. Diesen Mut
sollte man auch in Wien aufbringen, forderte Walser.

Die Empfindlichkeiten von Landespolitikern oder schwierige
Kompetenzverteilungen dürfen kein Argumente mehr dafür sein, dass
wesentliche Reformvorhaben nicht umgesetzt werden, betonten die
Grünen. Parteibuch und Proporz müssten endlich raus aus den Schulen.
Bildung ist nicht nur der Schlüssel für die persönliche Entwicklung
eines jeden Menschen, sondern auch Basis für ein gutes Zusammenleben
in der Gesellschaft, unterstrich Glawischnig-Piesczek abschließend.

Heinisch-Hosek: Bildungsreform ist auf gutem Weg

Die Bildungsministerin Gabriele Heinisch versicherte eingangs, dass
ihr Ressort intensiv daran arbeite, bis 17. November eine
"Bildungsreform aus einem Guss" vorzulegen, die alles - von der
Frühpädagogik bis zur Erwachsenenbildung - abdecken wird. Sie habe in
den letzten drei Wochen zahlreiche Einrichtungen besucht und
feststellen können, mit welch hohem Engagement die PädagogInnen tätig
sind und wie gut sehr viele Bereiche funktionieren. Dennoch sei klar,
dass Verbesserungen notwendig sind, räumte die Ministerin ein, "uns
ist der Handlungsbedarf mehr als bewusst". Ein System, das u.a. aus
2.100 Gemeinden, die als Schulerhalter fungieren, sowie neun
Bundesländern mit jeweils eigenen Durchführungsgesetzen besteht,
könne natürlich nicht von heute auf morgen geändert werden. Ziel sei
es jedoch, die Schulverwaltung unter einen Hut bringen, damit sie
einfacher, kostengünstiger sowie transparenter wird und damit sie vor
allem den Kindern und Eltern weniger Stress verursacht.

Die Schule der Zukunft müsse zudem eine offene Bildungseinrichtung
sein, die alle Kinder mitnimmt, und in der es eine sinnvolle Abfolge
von Unterricht und Freizeit gibt. Heinisch-Hosek hielt es zudem für
überaus wichtig, dass auch Kinder von Eltern, die
Bildungsbenachteiligungen mit sich bringen, so früh wie möglich
aufgefangen werden. Auch wenn nun kein zweites Gratis-
Kindergartenjahr realisiert werden konnte, so gebe es zumindest
verpflichtende Beratungsgespräche. Außerdem werde gerade in 73
Kindergärten und 110 Volksschulen erprobt, wie ein möglichst sanfter
Übergang von einer Bildungseinrichtung in die andere ermöglicht
werden könne. Bereits eingeleitet wurde die PädagogInnenausbildung-
Neu, die von den RektorInnen als Jahrhundertreform bezeichnet wird,
informierte die Ministerin, in einem weiteren Schritt sollen die
Lehrpläne adaptiert werden.

Positiv stand Heinisch-Hosek auch der Einführung von Modellregionen
gegenüber, da sie ein erster Schritt in Richtung gemeinsame Schule
mit verschränktem Unterricht sein könnten; Vorarlberg habe bis jetzt
aber noch kein konkretes Konzept vorgelegt. Zu Fragen der
Finanzierung merkte die Ministerin an, dass u.a. die Empfehlungen des
Rechnungshofes sehr intensiv diskutiert werden; sie könne jedoch
keinen Verhandlungsergebnissen vorgreifen. Was die immer wieder ins
Spiel gebrachte "Verländerung" der Schulverwaltung betrifft, so haben
Berechnungen ihres Hauses ergeben, dass dies zu ziemlichen hohen
Mehrkosten führen würde. Klar sei jedenfalls für sie, dass die
Schulstandorte durch mehr Autonomie gestärkt werden sollen, und zwar
auch im Rahmen von Schulverbünden. Reduzieren werde man auch die Zahl
an Schulversuchen, weil nur mehr ganz neue Sachen erprobt werden
sollen. Haben sich Konzepte bewährt, dann sollen sie ins Regelwesen
übernommen werden, betonte die Ministerin. Ein ganz wichtiger Aspekt
sei die Qualitätssicherung, damit die Schulen regelmäßig Feedback
darüber bekommen, ob sie auf dem richtigen Weg sind. All diese Themen
wurden und werden in ihrem Ressort ausführlich erörtert, konkrete
Ergebnisse werden am 17. November der Öffentlichkeit präsentiert,
kündigte Heinisch-Hosek an.

Grossmann: Österreichisches Bildungssystem ist besser als sein Ruf

Seitens der SPÖ verwahrte sich Abgeordnete Elisabeth Grossmann gegen
undifferenzierte Kritik am österreichischen Bildungssystem. Dieses
sei wesentlich besser als sein Ruf, bekräftigte sie. Es stimme nicht,
dass aus den österreichischen Schulen nur AnalphabetInnen
hervorgingen, wie manche zu suggerieren versuchten, vielmehr würden
von LehrerInnen und SchülerInnen hervorragende Leistungen erbracht.
Das zeigen ihr zufolge nicht zuletzt erfolgreiche Berufsolympiaden
und andere internationale Wettbewerbe.

Grossmann machte überdies geltend, dass in der Vergangenheit bereits
etliche Reformschritte gesetzt wurden, und hob in diesem Zusammenhang
etwa die Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen und das damit
verbundene bessere Lehrer-Schüler-Verhältnis hervor. Dass es weiteren
Reformbedarf gebe, sei nicht zu verheimlichen, sagte Grossmann, die
Bildungsministerin gehe anstehende Reformvorhaben aber "beherzt" an.

Immer wieder spielte auch der Wiener Wahlkampf in die Debatte hinein.
So nannte Grossmann Wien ein Bildungsvorzeigeland mit einem breiten
Kindergarten- und Schulangebot, Gratisnachhilfe für SchülerInnen und
einer hervorragenden berufsbildenden Schulausbildung.

Jank: ÖVP verzichtet nicht auf Gymnasium

Dezidiert für die Beibehaltung eines differenzierten Schulsystems in
Österreich machte sich ÖVP-Abgeordnete Brigitte Jank stark. "Wir
verzichten nicht auf das Gymnasium", bekräftigte sie und wertete es
in diesem Sinn als unverantwortlich, in den neuen Wiener
Stadtentwicklungsgebieten keine neuen Gymnasien zu errichten. Auch
die Jugend in Floridsdorf, in Aspern und in anderen Wiener
Stadtteilen habe ein Recht auf einen Gymnasium-Besuch.

Was die Kritik der Grünen betrifft, äußerte sich Jank zuversichtlich,
dass die eingesetzte Bildungsreformkommission am 17. November
Ergebnisse präsentieren wird. In der Kommission seien alle
wesentlichen Themen angeschnitten worden, auch würden alle
"Stakeholder" eingebunden, versicherte sie. Jank selbst sieht die
Ausweitung der Schulautonomie als zentralen Reformpunkt, sie will den
Schulen bei der Personalwahl und bei der Personalentwicklung mehr
Freiheiten geben. Gleichzeitig müssten die Leistungen der Schule
transparent gemacht werden, das würde ihrer Ansicht nach den
Wettbewerb beflügeln.

Wesentliche Themen sind für Jank auch die Elementarpädagogik und der
Übergang vom Kindergarten in die Volksschule. Es sei wichtig,
Sprachdefizite vorzeitig zu erkennen und zu beheben. Schließlich
hätten sechs von zehn Volksschulkindern in Wien Deutsch nicht als
Muttersprache.

Rosenkranz: In der Schule muss man auch etwas lernen

Einen Appell, endlich konkrete Schritte zu setzen, richtete FPÖ-
Abgeordneter Walter Rosenkranz an die Regierungsparteien. Es sei im
Parlament schon genug über Bildung geredet worden, es habe sich aber
nichts getan, kritisierte er. Seiner Meinung nach wird viel zu viel
Augenmerk darauf gelegt, dass sich Schülerinnen und Schüler in der
Schule wohlfühlen, man müsse sich in der Schule aber nicht nur
wohlfühlen, sondern auch etwas lernen.

Rosenkranz will die Eltern überdies nicht aus ihrer Verantwortung in
Bezug auf die Erziehung ihrer Kinder entlassen. Der Staat habe
selbstverständlich die Aufgabe, Kindern aus bildungsfernen Familien
beiseite zu stehen um ihre Chancen zu erhöhen, meinte er, man dürfe
die Verantwortung aber nicht umdrehen. Den Grünen gehe es vorrangig
darum, Kinder nach dem Vorbild der DDR von früh bis spät in die
Schule zu stecken, um sie "umzuerziehen", vermutet er.

Ausdrücklich wandte sich Rosenkranz auch dagegen, die Gymnasien
auszuhungern. Es müssten ausreichend Plätze in der AHS-Unterstufe für
alle berechtigten SchülerInnen zur Verfügung stehen, fordert er in
einem entsprechenden Entschließungsantrag. Ein zweiter von ihm namens
der FPÖ eingebrachter Antrag zielt auf eigene "Sprachklassen" für
SchülerInnen ohne ausreichende Kenntnis der Unterrichtssprache ab.

Strolz: Ideologische Kämpfe müssen aufgegeben werden

Auf einen "dritten Weg" in der Bildungspolitik setzt NEOS-Chef
Matthias Strolz. Es sei dringend notwendig, den mittlerweile 100-
jährigen ideologischen Kampf um das Gymnasium bzw. die gemeinsame
Schule aufzugeben, ist er überzeugt. Die NEOS können sich etwa eine
gemeinsame Schule in der Modellregion Vorarlberg vorstellen, es
brauche aber eine gemeinsame Schule der Vielfalt und nicht einen
Aufguss einer schablonenhaften Gesamtschule, mahnte Strolz. Für ihn
macht es überdies wenig Sinn, mit der "Abrissbirne" an die AHS
heranzurücken.

Als wesentlich wertet es Strolz auch, sich vom seiner Meinung nach
"derzeit wichtigsten Buch in der Schule" zu verabschieden, dem
Parteibuch. Die NEOS fordern die Regierung in diesem Sinn auf, bis
zum März kommenden Jahres eine konkrete Strategie vorzulegen, um die
parteipolitische Einflussnahme im Bildungsbereich zurückzudrängen.
Überdies drängt er darauf, sowohl die Oppositionsfraktionen als auch
engagierte Bildungsinitiativen in die Arbeit der
Bildungsreformkommission einzubinden.

Ein kleines Scharmützel lieferte sich Strolz mit FPÖ-Abgeordnetem
Rosenkranz, der kritisiert hatte, dass NEOS-Mandatarin Beate Meinl-
Reisinger nach wie vor im Plenum sitzt, obwohl sie bei der letzten
Nationalratssitzung ihre Abschiedsrede gehalten hat. Meinl-Reisinger
werde ihr Nationalratsmandat mit 9. Oktober zurücklegen und setze
damit einen mutigen, unüblichen Schritt, während FPÖ-Chef Heinz
Christian Strache die Bevölkerung "mit seiner Nummer als Wiener
Duellant" nun schon zum dritten Mal verschaukle, hielt Strolz fest.
Strache werde nach den Wiener Wahlen wieder im Nationalrat und nicht
im Wiener Landtag sitzen, prophezeite er.

Lugar: "Politik raus aus der Schule"

Team-Stronach-Abgeordneter Robert Lugar gab zu bedenken, dass es
derzeit von Glück abhänge, ob man einen engagierten Lehrer oder eine
engagierte Lehrerin habe. Die SchuldirektorInnen seien machtlos und
hätten keine Möglichkeit, ungeeignete LehrerInnen zu ersetzen, klagte
er. Der Unterrichtsministerin warf Lugar vor, das Machtsystem Schule
nicht aus der Hand geben zu wollen. Seiner Meinung nach würden einige
wenige Vorgaben an die Schulen ausreichen. Wesentlich sei, dass die
SchülerInnen nach Ende der Schulpflicht ordentlich lesen und
schreiben könnten, dass besondere Talente gefördert würden und dass
niemand zurückgelassen werde. Das solle man zweimal im Jahr
überprüfen, den Rest jedoch dem Direktor und der Schule überlassen,
schlägt Lugar vor. Er hält es überdies für notwendig, Kinder mit
nichtdeutscher Muttersprache so lange in eigenen Klassen zu
unterrichten, bis sie dem Unterricht folgen können, das sage einem
der Hausverstand. "Politik raus aus der Schule!", lautete der
abschließende Appell des Abgeordneten.

SPÖ für gemeinsame Schule und mehr Schulautonomie

Im weiteren Verlauf der Sitzung bekräftigten die Fraktionen einmal
mehr ihre Standpunkte, wobei seitens der SPÖ Andrea Kuntzl ihr
Bekenntnis zu einer gemeinsamen Schule der Zehn- bis Vierzehnjährigen
untermauerte. Kinder müssten individuell nach ihren Bedürfnissen
gefördert werden, die Schule dürfe kein Kind zurücklassen. Ihre
Fraktionskollegin Andrea Lueger unterstrich den Stellenwert des
Kindergartens als erste Bildungseinrichtung und maß dabei der
Sprachförderung große Bedeutung zu. Den Blick auf die Schulautonomie
lenkte Elmar Mayer (S), dem es vor allem darum ging, den
Schulstandort aufzuwerten und dem Prinzip "Wer zahlt soll anschaffen"
zum Durchbruch zu verhelfen.

ÖVP hält am differenzierten Schulsystem fest

In der Bildungsdebatte müssen die verhärteten Fronten überwunden
werden, stand für ÖVP-Abgeordnetem Karlheinz Töchterle fest. Er
begrüßte in diesem Sinn die Modellregionen zur Erprobung neuer
Schulformen, plädierte aber ebenso wie ÖVP-Jugendsprecher Asdin El
Habbassi für die Beibehaltung des Gymnasiums. Nur ein differenziertes
Schulsystem könne den Kindern mit ihren unterschiedlichen Talenten
und Neigungen gerecht werden, pflichtete ihnen Wolfgang Gerstl (V)
bei. Was wiederum die ganztätigen Schulformen betrifft, sprachen sich
sowohl El Habbassi als auch Martina Diesner Wais (V) für Wahlfreiheit
der Eltern aus.

Freiheitliche Absage an "sozialistische Bildungsutopien"

Scharfe Worte fand FPÖ-Mandatarin Dagmar Belakowitsch-Jenewein im
Zusammenhang mit ganztägigen gemeinsamen Schulen, wobei sie von
Zwangsverpflichtung sprach. Über Dauer und Anwesenheit in der Schule
müsse es Wahlfreiheit geben, bekräftigte auch Barbara Rosenkranz (F).
Wendelin Mölzer sprach sich im Gleichklang mit seinen beiden
Fraktionskolleginnen gegen eine Zerschlagung des derzeitigen seiner
Einschätzung nach guten Schulsystems aus und lehnte dabei die
gemeinsame Schule als "sozialistische Bildungsutopie" ab.

Grüne gegen "Aussortieren" von Kindern

"Mehr Individualität, mehr Projektunterricht, mehr Wahlmöglichkeiten"
lauteten die Anforderungen des Grün-Abgeordneten Julian Schmid an die
Bildungsreform. Das differenzierte Schulsystem passe nicht mehr in
die heutige Zeit, gelte es doch, jedes Kind dort abzuholen, wo es
sich befindet. Nur eine gemeinsame Schule könne allen Kindern gleiche
Chancen geben, zeigte sich auch Siegrid Maurer (G) überzeugt, die
jeglicher "Aussortierung" eine klare Absage erteilte. Helene Jarmer
(G) plädierte für Inklusion von behinderten Kindern und wünschte eine
Schule, in der es möglich ist, "gemeinsam unterschiedlich zu sein".

NEOS wollen mehr Qualität in der Elementarpädagogik

Beate Meinl-Reisinger von den NEOS setzte bei der Elementarpädagogik
an und verlangte in einem Entschließungsantrag einheitliche
Qualitätskriterien für diesen Bereich, wobei sie ein entsprechendes
Forderungspapier der Sozialpartner und der Industriellenvereinigung
aufgriff. Ihr Fraktionskollege Gerald Loacker wiederum machte auf die
Überlastung vieler LehrerInnen aufmerksam und forderte ein
flexibleres Lehrerdienstrecht sowie ein Abgehen vom starren
Gehaltsschema.

Team Stronach für Entpolitisierung

Ein schlechtes Zeugnis stellte Team Stronach-Abgeordnete Waltraud
Dietrich dem Schulsystem aus. Österreich gebe am meisten Geld für
Bildung aus, falle im internationalen Vergleich aber Jahr für Jahr
zurück. Wenn heute jedes 10. Kind in eine Privatschule geht, dann sei
dies nichts anderes als ein Hilfeschrei der Eltern angesichts des
Versagens der staatlichen Schulen, befand sie. Gemeinsam mit ihrem
Fraktionskollegen Leopold Steinbichler forderte sie mit Nachdruck
eine Entpolitisierung der Schule und eine Bildungsreform unter
Einbindung aller Betroffenen. Steinbichler drängte überdies in einem
Entschließungsantrag auf Vollautonomie für alle Schulen.

Kritik am derzeitigen Schulsystem kam auch von zwei Abgeordneten ohne
Fraktion. So sprach sich Rupert Doppler gegen Parteipolitik im
Schulwesen aus und beklagte überdies den Sparkurs an den Schulen.
Gerhard Schmid wiederum wandte sich gegen eine Demontage des
Gymnasiums und warb für die Beibehaltung des derzeitigen
differenzierten Schulsystems. - Im Anschluss daran fand noch eine
weitere Nationalratssitzung statt, die geschäftsordnungsmäßigen
Mitteilungen und Zuweisungen diente. (Schluss) sue/stein/hof

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NPA

Bei Facebook teilen.
Bei X teilen.
Bei LinkedIn teilen.
Bei Xing teilen.
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel