• 22.09.2015, 10:42:19
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Betroffene: Grapschender WU Professor hat seine Machtposition ausgenutzt

Erste Darstellung aus Sicht der Betroffenen bringt langjährige Missstände zutage

Utl.: Erste Darstellung aus Sicht der Betroffenen bringt langjährige
Missstände zutage =

Wien (OTS) - Ein Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien hat
jahrelang sexuelle Übergriffe auf Studentinnen und Kolleginnen
getätigt. Die Disziplinarkommission des BMWFW belegte ihn dafür nur
mit einer Geldstrafe. Enttäuscht von dem Urteil, suchen die
Betroffenen nun die Öffentlichkeit. Eine von ihnen hat ein Interview
mit uns geführt, das gestern Montag in etwas gekürzter Version bei
VICE.at veröffentlicht wurde.

Im Interview spricht die Betroffene über die Systematik der
Übergriffe: "Es gab kaum eine Interaktion zwischen ihm und einer
Frau, die nicht von diskriminierenden, sexistischen oder
belästigenden Vorfällen begleitet war." "Es handelt sich um ein
systematisches Vorgehen und nicht um einzelne Liebeleien."

Der Professor hat dabei seine Machtposition ausgenutzt. "Er hat sich
gezielt Frauen gesucht, die im Vergleich zu ihm eine schwächere
Position hatten. Durch die Pragmatisierung ist seine Position meist
gesicherter und das nützt er bewusst aus." Am Institut sei diese
Praxis seit Jahren bekannt gewesen.

Nach dem milden Urteil fühlen sich die Betroffenen von der WU
alleingelassen. "Das mit einer Geldstrafe begleichen zu können, wird
der Schwere der Taten einfach nicht gerecht. Dieses Urteil hat uns
lediglich die Machtlosigkeit vor Augen geführt, auch weil die Milde
eine Art Legitimation darstellt." Kritisiert wird auch die
Geheimhaltungsvereinbarung: "Es ist problematisch, dass niemand
gewarnt werden und aufgeklärt werden kann, dass er bereits verurteilt
wurde."

Die Betreuung durch die WU während des Verfahrens wird als schwer
mangelhaft geschildert: "Der Anwalt (des Professors, Anm.) sprach
natürlich genau die typischen Ängste von uns an, wie 'nicht genug
gewehrt', 'das war doch gewollt', 'das war doch provoziert'. Das muss
man dann eben über sich ergehen lassen, ohne eine Vertrauensperson an
deiner Seite, die dich eingehend darauf vorbereitet", erinnert sich
die Betroffene.

Unerklärlich bleibt für die Betroffenen auch, warum nach Bekanntgabe
der Disziplinarerkenntnis ohne Rücksprache auf Rechtsmittel
verzichtet wurde: "Der vom Ministerium gestellte Disziplinaranwalt
hatte ohne Rücksprache einfach einen Rechtsmittelverzicht eingelegt
und das Urteil so akzeptiert... und wir müssen das jetzt einfach
schweigend hinnehmen. Wir haben keinerlei Mitspracherechte gehabt."

Der VSStÖ wird der Frage nach den unterlassenen Rechtsmitteln
nachgehen und bereitet momentan entsprechende Anfragen an das BMWFW
vor. Der Professor ist weiterhin aufgefordert zu gehen. Die
mangelhafte und offenbar wenig sensibilisierte Betreuung ist scharf
zu kritisieren und zeigt, dass in diesem Bereich noch viel zu tun
ist. "Der gesamte Fall führt uns vor Augen, wie verbreitet und
geduldet sexuelle Übergriffe an unseren Hochschulen immer noch sind,
und wir werden das ändern", fasst Katrin Walch, Vorsitzende des
Verbands Sozialistischer Student_innen (VSStÖ) zusammen.

Das Interview:
http://www.vice.com/alps/read/professor-sexuelle-belaestigung-wien-58
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Langversion des Interviews:
http://neu.vsstoe.at/interview-mit-einer-betroffenen/

Die Disziplinarerkenntnis: http://bit.ly/1LYFSFW

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