• 17.08.2015, 15:48:47
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  • OTS0123 OTW0123

Sehr geehrte Österreicherinnen, sehr geehrte Österreicher!

Wien (OTS) - Wir, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des
Betreuungsbereiches des Bundesministeriums für Inneres, möchten uns
mit diesem Schreiben an Sie wenden, da bei der Suche nach Quartieren
für Menschen auf der Flucht die Lösungskompetenz unseres
Föderalstaates an seine Grenzen stößt und wir deshalb die Hilfe jeder
und jedes Einzelnen benötigen.

Lag die Zahl der zu erwartenden Asylanträge in Österreich zu
Jahresbeginn noch bei rund 40.000, müssen wir aus heutiger Sicht mit
bis zu 80.000 Asylantragen für 2015 rechnen. Pro Woche suchen 1600
Menschen Schutz in Österreich. Nach geltendem Gesetz wäre der Bund
lediglich in den ersten Tagen und danach die Bundesländer für die
Unterbringung zuständig - ähnlich wie in der Bundesrepublik
Deutschland. Dort errichten die deutschen Bundesländer - ohne
politische Debatte - neben tausenden Wohncontainern in letzter
Konsequenz auch Zelte - mittlerweile für rund 10.000 Flüchtlinge. In
Österreich funktioniert die Übernahme der Asylwerber durch die
Bundesländer - trotz enormer Anstrengungen der Länder und Gemeinden -
noch nicht ausreichend. Von den wöchentlich 1.600 Menschen werden
rund 600 von den Ländern übernommen. Die verbleibenden 1.000 müssen
deshalb vom Innenministerium selbst betreut werden. Dies obwohl die
Innenministerin bereits vor über einem Jahr vor einem drohenden
Unterbringungsengpass gewarnt hat. In einigen Bundesländern hat
mittlerweile ein positives Umdenken eingesetzt. Es wurden vereinzelt
gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen, die die Unterbringung
erleichtern. Trotz der zahlreichen geschaffenen Plätze durch die
Länder, sind die Übernahmen derzeit aber einfach noch zu wenig. Für
die mangelnde Unterbringung der verbleibenden 1.000 Menschen pro
Woche wird in Österreich das Innenministerium verantwortlich gemacht.

Trotz anderslautender Rechtslage versuchen wir, die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter des Betreuungsbereiches des Bundesministeriums für
Inneres, Quartiere für diese Menschen zu organisieren. Unter Einsatz
all unserer Kräfte, versuchen wir das System Grundversorgung am
Laufen zu halten und stoßen dabei immer mehr an unsere Grenzen.
Leider auch deshalb, da konstruktive Bemühungen, Quartiere zu
realisieren und damit Menschen ein festes Dach über den Kopf zu
geben, teils auf unterschiedlichen Ebenen auf Widerstand stoßen.

Dabei gibt es in einer Krise im Wesentlichen zwei Möglichkeiten: Man
kann zusammenstehen und versuchen durch gemeinsame Anstrengungen die
Herausforderung zu meistern. Oder man arbeitet gegeneinander und
fokussiert sich auf den politischen Streit. Wir wollen weiter
gemeinsam an Lösungen arbeiten, um zusätzliche Quartiere für
obdachlose Menschen auf der Flucht zu finden.

Wir appellieren daher eindringlich an die konstruktiven Kräfte in
unserem Land, ein Klima zu schaffen, in dem ein seriöser und
sachlicher Dialog möglich ist und bitten alle Österreicherinnen und
Österreicher, sich an der Quartiersuche aktiv zu beteiligen. Wir
wollen Sie ermutigen Überzeugungsarbeit in Ihrem Umfeld zu leisten.
Geben Sie Ihren politischen Entscheidungsträgern dazu den notwendigen
Mut. Wir benötigen ein Zusammenstehen und Wirken aller unserer
gesellschaftlichen Kräfte. In den nächsten Monaten - vor allem vor
Einbruch des Winters - muss alles unternommen werden, um
Obdachlosigkeit zu vermeiden.

Mittelfristig ist klar, dass es zu einer Reform der asylrechtlichen
Rahmenbedingungen auf EU-Ebene kommen muss, da die gegenwärtige
Aufteilung der Asylwerber in Europa dem Gedanken der Solidarität
widerspricht und die steigende Zahl von Asylwerbern von wenigen
einzelnen Nationalstaaten nicht bewältigt werden kann. Hier sind alle
politischen Entscheidungsträger gefordert, einen effektiven aktiven
Beitrag dazu zu leisten.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Betreuungsbereiches im
Bundesministerium für Inneres

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NIN

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