- 08.07.2015, 21:03:28
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Rahmengesetz für Gentechnik-Anbauverbot passiert Nationalrat
Bundesländer behalten Kompetenz für GVO-Anbauverbote
Utl.: Bundesländer behalten Kompetenz für GVO-Anbauverbote =
Wien (PK) - Das Anbauverbot genmanipulierter Pflanzen (GVO) auf
heimischen Feldern bleibt aufrecht und obliegt wie bisher den
Ländern. Grundlage dafür bildet künftig ein Gentechnik-Anbauverbots-
Rahmengesetz, das der Nationalrat nach Annahme eines
Abänderungsantrages von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS heute mit der
notwendigen Zweidrittelmehrheit verabschiedete. Nach der Novellierung
des Gentechnik-Gesetzes, für das Gesundheitsministerin Sabine
Oberhauser zuständig ist, ist der Beschluss über das Rahmengesetz der
zweite Schritt Österreichs zur Wahrnehmung seines EU-rechtlich
verankerten Selbstbestimmungsrechts in Sachen GVO-Verbot, führte
Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter aus. Das mit der
notwendigen Zweidrittelmehrheit beschlossene Rahmengesetz sichert
Anbauverbote durch die Länder auf Verordnungen des
Landwirtschaftsministers im Einvernehmen mit dem Ländern
verfassungsrechtlich ab. Dieses Einvernehmen mit den Ländern wird in
einem Beirat hergestellt, in dem auch Verbände und Experten
eingebunden sind. - Nach Ablehnung eines Rückverweisungsantrags des
FPÖ-Abgeordneten Harald Jannach wurde der Gesetzentwurf unter
Berücksichtigung eines von Abgeordnetem Jakob Auer (V) vorgelegten
Abänderungsantrags von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS mit der
erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.
Ein von Wolfgang Pirklhuber (G) eingebrachter Entschließungsantrag
von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS gegen die missbräuchliche Nutzung von
in der EU zugelassenem GVO-Saatgut wurde einstimmig verabschiedet. In
der Minderheit blieben ein Entschließungsantrag der FPÖ für
Gentechnikfreiheit in Österreich und in der EU sowie der
Entschließungsantrag des Teams Stronach für eine
Qualitätspartnerschaft mit heimischen Gastronomiebetrieben.
Österreich ist Vorreiter einer GVO-freien Lebensmittelproduktion
In der Debatte erinnerte Jakob Auer (V) an den Jahrzehnte langen
Kampf um das Selbstbestimmungsrecht beim Anbau von GVOs, also um das
Recht der Regionen, selbst zu bestimmen, was auf ihren Äckern
angebaut werden darf und was nicht. In sachlichen Verhandlungen mit
Erwin Preiner, Wolfgang Pirklhuber und Josef Schellhorn sei es
gelungen, einen gemeinsamen Abänderungsantrag zu formulieren, der
einen Kompromiss zwischen reiner Bundes- und reiner Landeskompetenz
schaffe und dabei die Vollziehungskompetenz der Länder wahre. Das
Rahmengesetz ist ein positives Signal für die Vorreiterstellung
Österreichs in der gentechnikfreien Lebensmittelproduktion, sagte
Jakob Auer, der abschließend die Abgeltung der Mehrkosten für Milch-
und Fleischbauern einmahnte, die auf GVO-Futter verzichten.
Erwin Preiner (S) erklärte den Kern des gefundenen Kompromisses,
indem er ausführte, dass der neue Beirat, in den LändervertreterInnen
eingebunden seien, den Landwirtschaftsminister aufgrund eines
einhelligen Beschlusses auffordern kann, den Ländern ein GVO-Verbot
anzuordnen. Das Ziel lautet, Österreich beim Anbau von Lebens- und
Futtermitteln GVO-frei zu erhalten. Preiners Hoffnung richtete sich
auf GVO-Anbau-Verbote auch in anderen EU-Ländern.
Gentechnikfreiheit bedeutet Freiheit von Saatgutkonzernen
Wolfgang Pirklhuber (G) sah die Bedeutung des Rahmengesetzes als
klares Bekenntnis zur Weiterentwicklung der biologischen und
gentechnikfreien Landwirtschaft in Österreich. "Wir brauchen eine
starke bäuerliche und naturnahe Landwirtschaft. Denn auf der anderen
Seite steht eine Phalanx von Agrokonzernen wie Monsanto, die im
Interesse großer Geschäfte mit Saatgut und Pestiziden über die Bauern
herrschen wollen", sagte Pirklhuber. An dieser Stelle den Bundesrat
gegen den Nationalrat ausspielen zu wollen, qualifizierte der Redner
als reinen Populismus. Österreich habe einen guten Kompromiss
gefunden, könne nationale Anbauverbote in Zusammenarbeit mit den
Bundesländern in einfachen Verfahren aussprechen und setze als erstes
Land sein Selbstbestimmungsrecht gesetzlich um. In einem
Entschließungsantrag wandte sich Pirklhuber gegen den Missbrauch von
in der EU zugelassenen gentechnisch verändertem Saatgut in
Österreich.
Hermann Schultes (V) erläuterte die Verantwortlichkeiten bei der
Zulassung von Saatgut und begrüßte es, dass Österreich anders
entscheiden könne als alle anderen EU-Länder. Großer Verdienst bei
der Durchsetzung des Selbstbestimmungsrechts komme dem ehemaligen
Umweltminister Nikolaus Berlakovich zu und Lob verdiene auch Andrä
Rupprechter für die Vorlage des heute zu beschließenden
Rahmengesetzes. Die biologische Landwirtschaft und die nachhaltige
konventionelle Landwirtschaft werden geschützt und die
gentechnikfreie Lebensmittelwirtschaft in Österreich im Interesse des
KonsumentInnen abgesichert.
"Die freie Natur ist kein Versuchslabor", sagte Cornelia Ecker (S),
die ihr Nein zum Anbau gentechnisch veränderter Organismen und ihr Ja
zum vorliegenden Rahmengesetz mit kritischen Anmerkungen zum Import
gentechnisch veränderten Saatguts in der EU verknüpfte und für die
Kontrolle der Realisierung des Gesetzes im Sinne des
Entschließungsantrags plädierte.
"Österreich ist und bleibt gentechnikfrei", sagte
Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter und erläuterte
Regierungsvorlage und Abänderungsantrag als Ergänzungen zur bereits
beschlossenen Gentechnik-Novelle. Das Gentechnikanbauverbot wird im
Verfassungsrecht verankert, ohne in Verfassungsrechte der
Bundesländer einzugreifen. Das Beirat-Modell sei ein Vorbild auch für
die Lösung anderer Fragen, in denen es um die Koordination zwischen
Bund und Ländern geht. Rupprechter appellierte an die Freiheitlichen
und das Team Stronach, die auf der falschen Seite der
Gentechnikkonzerne stünden, umzudenken, um in Fragen der Gentechnik
und der Landwirtschaft nicht jede Glaubwürdigkeit zu verlieren.
"Es gilt die Vielfalt der Landwirtschaft in Österreich
aufrechtzuerhalten", sagte Hermann Gahr (V) und erinnerte an die
klare und konsequente Haltung Österreichs beim Thema Gentechnik-Anbau
in der EU und an die enorme Überzeugungsarbeit, die zu leisten war,
um das Selbstbestimmungsrecht durchzusetzen. Der bundesweite Rahmen
wird gewährleisten, dass Österreich gentechnikfrei bleibt und
Saatgutkonzernen im Interesse von BäuerInnen und KonsumentInnen die
Stirn bietet.
Manfred Hofinger (V) erinnerte an die maßgebliche Rolle
Oberösterreichs, das sich gemeinsam mit der Toskana für die Erhaltung
der Genfreiheit ihrer Regionen eingesetzt hat. Der heutige
Verfassungsbeschluss stellt sicher, dass Österreich gentechnikfrei
bleibt. Nun müssen die Länder Landtagsbeschlüsse für die
Gentechnikfreiheit fassen, sagte Hofinger und zerstreute Bedenken
wegen überbordender Bürokratie bei der Umsetzung.
FPÖ gegen GVO auf den Äckern, aber auch gegen zusätzliche Bürokratie
"In Sachen Gentechnikfreiheit herrscht parteiübergreifender Konsens
in Österreich", stellte Harald Jannach (F) klar. Die FPÖ lehne dieses
Rahmengesetz aber ab, weil es zusätzliche Bürokratie schaffe: im
Gesundheitsministerium, im Landwirtschaftsministerium und in den
Ländern. Die FPÖ hätte sich eine bundeseinheitliche Regelung
gewünscht. Kritik komme auch aus Bundesländern, die Eingriffe in ihre
Kompetenzen ablehnten und den vorgesehenen Beirat nicht für
zweckmäßig hielten, sagte Jannach, der mit einem Entschließungsantrag
seiner Fraktion eine verfassungsmäßige Absicherung des GVO-
Anbauverbots in Österreich unter Einbindung der Bundesländer
verlangte. Demgegenüber stellte Hermann Schultes (V) klar, dass die
Kompetenz der Bundesländer für die Landwirtschaft auf die erste
Republik zurückgehe. In einem Beirat gemeinsame Festlegungen treffen
zu können, die der Bund verordnen könne, sei ein wichtiges Modell
auch bei anderen Fragen, um im Rahmen von TTIP klare, "klagsdichte"
österreichische Verordnungen erlassen zu können.
Harald Jannach (F) replizierte auf die Ausführungen Schultes, indem
er auf den Widerspruch zur Stellungnahme Niederösterreichs hinwies,
das sich entweder für die Beibehaltung der Landeskompetenz oder ein
einheitliches Bundesgesetz ausgesprochen habe.
Leopold Steinbichler (T) warf der ÖVP vor, in Fragen einer
qualitätsorientierten Lebensmittelproduktion in Österreich schlecht
koordiniert zu sein und kritisierte die Aufblähung der Bürokratie.
Die Vorreiterrolle Österreichs sei in Gefahr. Einmal mehr verlangte
Steinbichler eine zweckmäßige Lebensmittelkennzeichnung, die es
ausschließe, Shrimps-Sandwiches als Lebensmittel österreichischer
Herkunft verkaufen zu können. Ein Entschließungsantrag Steinbichlers
richtete sich auf eine Qualitätspartnerschaft mit österreichischen
Gastronomiebetrieben, die Produkte aus heimischer Produktion
anbieten, die mit einem Qualitätsgütesiegel gekennzeichnet sind.
"Es geht darum, die Vorreiterrolle Österreichs beim Verbot von GVO in
der Landwirtschaft zu erhalten", sagte Georg Willi (G) und hielt den
Streit um die Bürokratie für unverständlich. Tatsächlich
junktimierten die Freiheitlichen diese Frage mit einem Sitz im
Verwaltungsrat der AMA, meinte Willi, was Walter Rosenkranz (F) mit
scharfen Worten zurückwies und daran erinnerte, dass es Harald
Jannach sei, der Licht in die AMA bringen wolle. Die Grünen seien der
"billige Jakob" der Regierungsparteien in Verhandlungen über
Zweidrittelmehrheiten. - Demgegenüber sprach Peter Pilz (G) von einem
starken Gesetz, das neue Mehrheiten nicht verändern können sollten.
"Österreich soll gentechnikfrei und die heutige Mehrheit frei von
Postenschacher bleiben", sagte Pilz an die Adresse der FPÖ.
(Fortsetzung Nationalrat) fru
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