• 07.07.2015, 18:05:14
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Angst um Sicherheit: Diakonie zieht Mitarbeiter aus Asylaufnahmezentrum Traiskirchen zurück

Asylbewerber, die unter freiem Himmel schlafen, weil sie kein Bett haben und eine aufgeheizte Stimmung: Die Diakonie zieht sich aus dem Flüchtlingslager zurück.

Utl.: Asylbewerber, die unter freiem Himmel schlafen, weil sie kein
Bett haben und eine aufgeheizte Stimmung: Die Diakonie zieht
sich aus dem Flüchtlingslager zurück. =

Traiskirchen (OTS/SN) - Marian Smetana

Drückende Hitze und mehr als 3000 Menschen auf dem Gelände des
Asylerstaufnahmezentrums in Traiskirchen, viele davon ohne fixen
Schlafplatz: Die Lage im Flüchtlingslager wird jeden Tag
dramatischer, wie die SN in ihrer morgigen Ausgabe berichten. Im Haus
17 des Zentrums, wo sich die Rechtsberatung der Diakonie befindet,
ist die Stimmung unterdessen so aufgeheizt, dass der evangelische
Flüchtlingsdienst die Beratung für die Asylbewerber bis auf Weiteres
einstellt. Grund: Die Sicherheit für die Mitarbeiter vor Ort sei
nicht mehr gegeben und die Beratung könne nicht mehr sinnvoll
durchgeführt werden. Das bestätigte Christoph Riedl von der Diakonie
auf SN-Anfrage. Das Innenministerium sei bereits darüber informiert.
Diakonie-Mitarbeiter mussten zuletzt hinter verschlossenen Türen
arbeiten, weil der Ansturm so groß war, dass Mitarbeiter angeblich
sogar aus den Fenstern klettern mussten, um wieder rauszukommen.
"Es gibt keine Fluchtwege, es ist eng und stickig bei der Hitze in
dem Haus", sagt Riedl. Traiskirchen verwandle sich langsam, aber
sicher in einen Druckkochtopf, warnt der Flüchtlingshelfer. Ganz
ähnlich klingen die Warnungen des Traiskirchner Bürgermeisters
Andreas Babler (SPÖ): Erst am Montag hatte er appelliert, die
Erstaufnahmestelle sofort zu entlasten. Die Situation drohe endgültig
zu eskalieren, Traiskirchen sei ein "Pulverfass". Seine Stadt sei
"infrastrukturell am Limit", so der Bürgermeister.
Für Empörung sorgten auch Bilder aus dem Flüchtlingslager, die der
ORF-Sendung "Orientierung" von Flüchtlingen zugespielt worden sind.
Darauf zu sehen: Asylbewerber, die auf freiem Gelände schlafen, weil
es in der Betreuungsstelle keinen Platz mehr gibt. Rund 900 Menschen
im Flüchtlingslager haben derzeit keinen fixen Schlafplatz in einem
der Gebäude oder in einem der Zelte, die aufgestellt wurden. Grüne
und Neos sprachen von einer "Schande".
"Die Frustration bei den Asylbewerbern ist verständlich", sagt Riedl.
Es wundere ihn, dass "nicht schon mehr passiert ist". Auch die
Polizei und die Sicherheitsmitarbeiter seien erstaunt, dass es "noch
keine Massenpanik oder schlimmere Zwischenfälle gab", sagt Riedl.
Wie der "Kurier" berichtet, schafft die niederösterreichische Polizei
vier neue Schwerpunkt-Dienststellen für Asylbewerber, um die
Erstaufnahmestelle in Traiskirchen zu entlasten. Bis Ende Juli sollen
sie fertig sein, heißt es.
Bei der Diakonie wird betont, dass dem Aus für die Rechtsberatung im
Flüchtlingslager lange Verhandlungen mit dem Innenministerium über
zusätzliche Räumlichkeiten vorausgegangen seien. "Aber wir werden
immer vertröstet", sagt Riedl. Container sollten aufgestellt werden,
doch passiert sei nichts. Stattdessen wurde die Schlange vor Haus 17
immer länger. Bis es nicht mehr ging.
Die Diakonie will die Asylbewerber trotz des Rückziehers nicht im
Stich lassen. Die Beratungsstelle im Ort bleibt geöffnet.

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