• 07.07.2015, 17:17:39
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Banken besichern Spareinlagen künftig komplett

Nationalrat: SteuerzahlerInnen sollen bei Bankenpleiten keine Kosten mehr tragen

Utl.: Nationalrat: SteuerzahlerInnen sollen bei Bankenpleiten keine
Kosten mehr tragen =

Wien (PK) - Die Steuerreform war heute im Nationalrat nur der Auftakt
für eine Reihe weiterer finanzpolitischer Themen von aktueller
Bedeutung: Einlagensicherung, Anlegerschutz,
Verwaltungsvereinfachungen für Kleinunternehmen und - einmal mehr -
das Vorgehen gegen Steuerbetrug. Mehrheitlich verabschiedet wurden
dazu diverse EU-Anpassungen im Finanzrecht. Ein Abkommen mit
Mauritius über Informationsaustausch zu Steuersachen passierte das
Plenum einstimmig.

Staatliche Einlagensicherung fällt

Mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit folgte der Nationalrat der Empfehlung des
Finanzausschusses, die Einlagensicherung und Anlegerentschädigung für
bestimmte Einlagen bei Kreditinstituten in einem eigenen Gesetz gemäß
EU-Vorgaben neu zu regeln. Demnach haben künftig alle Banken eines
EU-Mitgliedsstaats einer Einlagensicherungseinrichtung anzugehören,
die bis zu 100.000 € pro Kunde und Bank sicherstellt. Geschützt sind
Guthaben auf Bankkonten, Sparbüchern und Bauspareinlagen, nicht
gesichert sind hingegen Einlagen von öffentlichen Institutionen,
Kreditinstituten oder Versicherungen. Die bisherigen Regelungen zur
Anlegerentschädigung bleiben weitgehend unverändert, die
Erstattungsfrist wird allerdings von derzeit maximal 30 Tagen auf
höchstens sieben Tage nach Eintritt des Sicherungsfalls verkürzt.
Forderungen aus Wertpapierdienstleistungen bis zu 20.000 € werden im
Falle einer Bankinsolvenz weiterhin sichergestellt. Die
Finanzmarktaufsicht (FMA) erhält zusätzliche Aufsichtszuständigkeiten
in Bezug auf die Sicherungseinrichtungen.

Die direkte Zahlungspflicht bzw. Haftungsübernahme des Bundes für
Ansprüche zwischen 50.000 € und 100.000 € soll durch einen
Einlagensicherungsfonds ersetzt werden, der mittels Beiträge der
Banken bis 2024 schrittweise aufgebaut wird. Das Fondsvolumen wird
dann 0,8 Prozent der gedeckten Einlagen der Kreditinstitute betragen,
so der Plan. SPÖ und ÖVP beantragten zum Gesetzesentwurf Anpassungen
im Gesetzestext, die mehrheitlichen Zuspruch fanden. So werden
Bundeshaftungen für Kreditoptionen ermöglicht, wenn nicht ausreichend
Fondsmittel zur Einlagensicherung vorhanden sind, beschrieb Hermann
Lipitsch (S) eine der zahlreichen Adaptierungen. Sicherstellt wurde
im Zuge der parlamentarischen Behandlung des Gesetzes zudem, dass
Banken bis Ende 2018 in die Sicherheitseinrichtung eines anderen
Fachverbands wechseln können, auch wenn sie selbst keinen
Fachverbandswechsel vornehmen.

In der Minderheit blieben dagegen die Abänderungwünsche der
Freiheitlichen. Kernforderung der FPÖ ist, dass der Staat "in letzter
Instanz" bei einer Bankenpleite mit Überbrückungsfinanzierungen die
Sparguthaben sicherstellen kann. Die Regierung wolle sich mit dem
Wegfall der staatlichen Einlagensicherung "aus der Verantwortung
stehlen", den SparerInnen Sicherheit zu bieten, zeigte sich FPÖ-
Finanzsprecher Hubert Fuchs (F) erbost, dabei übernehme Österreich
horrende Haftungen für Krisenländer wie Griechenland.

Kritisiert wird von Fuchs zudem, laut Gesetzesvorlage würden
institutsbezogene Sicherheitssysteme erst ab 2019 als
Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungssystem anerkannt;
Kreditinstitute seien dadurch gezwungen, teure Parallelstrukturen
aufzubauen, obwohl bereits klar sei, dass diese Strukturen in vier
Jahren wieder obsolet sein werden. Laut Vorlage will man 2019 die
Einlagensicherungsfonds der Sicherungseinrichtungen von Fachverbänden
in einen einheitlichen Einlagensicherungsfonds übertragen. Obwohl
Werner Kogler durchaus begrüßte, dass der Finanzsektor selbst mit dem
Fonds einen "Puffer" zum Schutz der SteuerzahlerInnen vor möglichen
Bankenpleiten aufbauen muss, bedauerte auch er den Entfall der
staatlichen Haftung für Sparguthaben bis zu 100.000 €. Seiner Ansicht
nach sollte das Staatsbudget als ultimative Sicherung hier nicht
aufgegeben werden.

Die einheitliche Verwaltung der Einlagensicherung, die ab 2019
zentral in der Wirtschaftskammer (WKO) verankert wird, beschrieb
wiederum Andreas Zakostelsky (V) als wichtige Maßnahme,
Kreditinstituten planbare und praktikable Rahmenbedingungen zu geben,
um die Wirtschaft zu unterstützen. Waren bislang Spareinlagen bis
100.000 jeweils zur Hälfte von Banken und Staat gesichert, würden die
Kreditinstitute künftig die komplette Haftung übernehmen - auf die
SteuerzahlerInnen entfielen dadurch keine Kosten mehr. Als generelle
Ziele des neuen Einlagensicherungsmodells nannte der Vorsitzende des
Finanzausschusses die zeitgerechte Bedeckung von Ansprüchen
finanziert aus Bankenmitteln, die Errichtung eines EU-weiten
Sicherungssystems und folglich gestärktes Vertrauen der
BankkundInnen. An die Finanzkrise von 2008, ausgelöst durch die
Pleite der US-amerikanischen Bank Lehman Brothers, erinnerte in
diesem Zusammenhang Christoph Matznetter (S): staatliche Garantien
für Sparguthaben seien damals als "Notfallmaßnahme" unabdingbar
gewesen, meinte er. In weiterer Folge habe aber das System der
Einlagensicherung einer Modernisierung bedurft, sodass Haftungen der
SteuerzahlerInnen unnötig werden.

Die zur Umsetzung des neuen Einlagensicherungssystems notwendige
Änderung im Alternativen Investmentfonds Manager-Gesetzes (AIFMG)
rief die NEOS auf den Plan. In einem eigens eingebrachten
Entschließungsantrag plädierte Nikolaus Alm (N) dafür, die
Mindestinvestitionssumme von PrivatanlegerInnen von derzeit 100.000 €
auf 30.000 € abzusenken, um so Unternehmensfinanzierungen zu
erleichtern. Der Forderung schlossen sich jedoch nur die
Oppositionsparteien an, weswegen der Antrag auf mehrheitliche
Ablehnung stieß.

Mehr Transparenz für Anleger angestrebt

Gemeinsam mit den Grünen stimmten die Regierungsfraktionen für
Änderungen im Börsegesetz, im Kapitalmarktgesetz und im
Rechnungslegungs-Kontrollgesetz, die den Anlegerschutz verbessern
sollen und Verwaltungsvereinfachungen für kleine und mittlere
Unternehmen (KMU) vorsehen - beispielsweise durch den Wegfall der
bisher vorgeschriebenen Quartalsberichte bei nicht am Prime Market
tätigen KMU, wie Markus Vogl (S) ausführte. Weiters würden
Aufsichtslücken geschlossen: habe sich bislang eine börsennotierte
Gesellschaft der Aufsicht entziehen können, indem sie kein
Herkunftsland angibt, werde ihr nun in einem solchen Fall ein
Herkunftsstaat zugewiesen. Betriebe im Öl-, Gas-, Bergbau-, und
Holzgeschäft hätten überdies staatliche Zuwendungen öffentlich
auszuweisen, freute sich Vogl. Strafen bei Gesetzesverstößen würden
verschärft. Insgesamt schaffe die Sammelnovelle basierend auf EU-
Bestimmungen mehr Transparenz und Sicherheit für AnlegerInnen.

Auf vermehrten Anlegerschutz nach EU-Maßgaben betreffend Depotbanken,
die das Vermögen von Investmentfonds verwahren, zielt auch eine
mehrheitlich beschlossene Novelle zum Investmentfondsgesetz und zum
Immobilienfondsgesetz ab. Aufgaben und Pflichten von Depotbanken
werden im Interesse der Anleger präzisiert, vereinheitlicht und
ausgeweitet. So soll die Festsetzung von Vergütungen risikoadäquat
und transparent erfolgen. Wird die Verwahrung des Fondsvermögens
delegiert, gelten bei Auswahl und Beauftragung von Subverwahrern
künftig spezielle Sorgfaltspflichten. Ein Abänderungsantrag der
Regierungsfraktionen zur Novelle präzisiert den Gesetzestext, unter
anderem hinsichtlich Alternative Investmentfonds (AIF),
Grunderwerbssteuer und Wertpapierleihgeschäfte.

Die FPÖ drängte in einem eigenen Abänderungsantrag "im Sinne der
Praktikabilität" des Gesetzes auf eine Vereinfachung der Regelung für
Einkünfte aus Spekulationsgeschäften, die nicht missbrauchsanfällig
sind. Weiters rät Antragsteller Herbert Fuchs (F), bei Spezialfonds
sowie AIF bis 150 AnteilinhaberInnen das Vorliegen von
Spekulationseinkünften bzw. das Erfüllen der Spekulationsfrist bei
jedem/r einzelnen AnteilinhaberIn gesondert zu ermitteln, um eine
missbräuchliche Nutzung dieser Fonds zu verhindern. Der FPÖ-Antrag
erhielt aber nicht ausreichend Zustimmung im Plenum. Um zu vermeiden,
dass das Vorliegen von Spekulationseinkünften in sämtlichen Fällen
bei jedem Anteilinhaber gesondert geprüft werden muss, schreibt die
Regierungsvorlage eine Fiktionsverpflichtung für Fonds mit über 50
AnteilsinhaberInnen vor. Demnach gelten 30% der Veräußerungsgewinne,
die der Fonds erzielt, als Spekulationseinkünfte, wenn die Anteile im
Privatvermögen gehalten werden.

Informationsaustausch in Steuersachen mit Mauritius

Mauritius gilt landläufig als Steueroase, weswegen Österreich über
kein Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Inselstaat im Indischen Ozean
verfügt. Der Erfüllung internationaler Standards in Sachen
steuerlicher Transparenz und Amtshilfebereitschaft soll nun ein
einstimmig angenommenes Informationsaustauschabkommen mit Mauritius
zu Steuerangelegenheiten dienen, das entsprechende OECD-Regelungen
aufgreift. "Steuerhinterziehung und Steuerflucht sind Verbrechen an
der Gesellschaft", betonte Maximilian Unterrainer (S), denn ohne
Steuereinnahmen könne ein Staat beispielsweise keine sozialen
Leistungen ausbezahlen. Hierzulande gingen dem Fiskus jährlich 9,7%
der Steuereinnahmen durch Steuerflucht verloren, erboste er sich.
"Multinationale Großkonzerne" trügen mit ihrer Praxis der
Verschiebung von zu versteuernden Gewinnen viel zur Problematik bei.
(Fortsetzung Nationalrat) rei

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