• 17.06.2015, 10:33:53
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EU-Steuerpläne: Konzerne können weiter tricksen

Kommission baut Hühnerstall mit VIP-Eingang für Füchse

Utl.: Kommission baut Hühnerstall mit VIP-Eingang für Füchse =

Wien (OTS) - Für Attac, das VIDC und das Tax Justice Network bietet
der heute präsentierte Aktionsplan der EU-Kommission zur
Konzernbesteuerung zwar eine in Teilen begrüßenswerte Problemanalyse,
die politischen Maßnahmen bleiben jedoch völlig unzureichend. "Die
EU-Kommission hält weiter an der lückenhaften internationalen
Besteuerung von Konzernen fest. Zudem wird mit Patentboxen und der
Möglichkeit grenzüberschreitender Verlustverrechnung der
innereuropäische Steuerwettbewerb durch die Hintertür weiter
angeheizt", sagt Gerhard Zahler-Treiber von Attac Österreich (1).

Gemeinsame Bemessungsgrundlage mit großen Schwächen

Die geplante stufenweise Einführung einer gemeinsamen
Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) sei grundsätzlich zu
begrüßen, hat aber große Schwächen. "Die GKKB macht nur Sinn, wenn
sie mit verpflichtenden Mindeststeuersätzen kombiniert wird",
kritisiert Martina Neuwirth vom VIDC, europäische Vertreterin in der
Global Alliance for Tax Justice.

Die Kommission will bei der GKKB zudem nur die EU-Teile eines
Konzerns berücksichtigen. Damit sind außereuropäische
Steueroasen-Deals und Tätigkeiten in Entwicklungsländern ausgenommen.
"Dies ist in etwa so, also würde man einen Hühnerstall mit einem
VIP-Eingang für Füchse bauen", kritisiert Markus Meinzer vom Tax
Justice Network. Für ihn bietet die Kommission den Konzernen mit den
GKKB-Plänen das Beste aus zwei Welten: "Konzerne dürfen künftig
Verluste grenzüberschreitend verrechnen, müssen aber ihre Gewinne
nicht nach einer Formel auf die EU-Mitgliedsstaaten zerlegen. Auch
wenn es ein Fortschritt ist, dass Konzerne künftig nicht mehr
zwischen altem und neuem System wählen dürfen - ihre effektive
Steuerleistung dürfte weiter sinken."

Auch Patentboxen helfen Steuern sparen

Auch die Kommissions-Pläne zu den sogenannten "Patentboxen" sind
völlig blauäugig. "Patentboxen münden immer in einer niedrigeren
Bemessungsgrundlage und niedrigerer Gesamtbesteuerung der
Unternehmen. Das britische Finanzministerium schätzte 2010, dass die
Patentbox Großbritannien Steuerverluste von jährlich 1,1 Milliarden
Pfund bringt. Auch scheinbare Verbesserungen wie der ‚Nexus-Ansatz‘
lösen die Probleme nicht", erklärt Meinzer. (2)

Noch weiter Weg zu Steuergerechtigkeit bei Konzernen

Eine gerechtere und transparente Besteuerung von Konzernen kann nur
durch Gesamtbesteuerung für Konzerne ("unitary taxation") erreicht
werden. Dabei werden Großkonzerne als globale Einheit besteuert. Sie
müssen auf Grundlage eines gemeinsamen Berichts aller
Tochterunternehmen ihre Tätigkeiten und Gewinne weltweit ausweisen.
Die Gewinne werden mittels eines Umlageschlüssels auf die einzelnen
Länder aufgeteilt, zum Beispiel basierend auf den Variablen
Lohnzahlungen, Sachanlagen und Umsatz. Ein erster Schritt dafür wäre
die Einführung einer nach Ländern aufgeschlüsselten einheitlichen
Finanzberichterstattung. Doch selbst zu diesem ersten Schritt ist die
EU-Kommission (außer bei Banken sowie in der Rohstoff- und
Forstindustrie) nach wie vor nicht bereit und will dazu lediglich
weitere Konsultationen abhalten.

(1) Zwischen 1985 und 2014 ist die reguläre Körperschaftssteuer im
EU-Schnitt von 51 auf 22,5 Prozent gefallen - Ausnahmen und
Steuertricks nicht eingerechnet.

(2) Der "Nexus"-Ansatz verlangt eine starke Verbindung zwischen
dem Forschungs- und Entwicklungsort einerseits und dem Ort der
Besteuerung für Patente und Lizenzen andererseits. Doch die Zuordnung
eines Patents eines multinationalen Konzerns zu einem Rechtsraum ist
oft gar nicht möglich. Zudem sind auch Gewinne aus der Nutzung von
Patenten kaum berechenbar. Findigen Steuerabteilungen der Konzerne
und versierten Steuerberatungsfirmen wird es immer gelingen,
steuerlich begünstigende Einkünfte in Zusammenhang mit einem Patent
zu bringen.

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