- 09.06.2015, 20:42:05
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24-Betreuung: Vermittlung wird eigenes Gewerbe
Weitere Themen im Wirtschaftsausschuss: Berufsausbildung, Verwendung öffentlicher Dokumente, Produktvermarktung
Utl.: Weitere Themen im Wirtschaftsausschuss: Berufsausbildung,
 Verwendung öffentlicher Dokumente, Produktvermarktung =
Wien (PK) - Die Vermittlung von 24-Stunden-Betreuung soll in Zukunft 
 gewerberechtlich von der eigentlichen Personenbetreuung getrennt 
 werden. Eine heute vom Wirtschaftsausschuss im Zuge von Änderungen 
 der Gewerbeordnung beschlossene Bestimmung sieht in diesem Sinn vor, 
 die Tätigkeit von Vermittlungsagenturen zu einem eigenen Gewerbe zu 
 machen. In diese Richtung ging auch ein Entschließungsantrag der 
 Grünen, der ebenso vertagt wurde wie ein Entschließungsantrag der 
 Freiheitlichen, die die Einführung eines Gütesiegels 
 "Personenbetreuung" forderten.
Verabschiedet wurden im Rahmen der Sitzung zudem ein Bundesgesetz, 
 das die Weiterverwendung öffentlicher Dokumente erleichtern soll, 
 sowie eine Vorlage, die im Wesentlichen der Umsetzung der EU-Vorgaben 
 im Bereich der Vermarktung von Produkten dient. Grünes Licht gab der 
 Ausschuss darüber hinaus für Änderungen im Berufsausbildungsgesetz, 
 von denen sich die Abgeordneten vor allem bessere Ausbildungschancen 
 für benachteiligte Jugendliche erwarten.
Auf der Tagesordnung standen überdies Anträge der 
 Oppositionsparteien, die durchwegs vertagt wurden. So forderten die 
 Grünen eine entsprechende Änderung des Pachtvertrags mit der Wiener 
 Kongresszentrum Hofburg Betriebsgesellschaft, um politisch 
 umstrittene Veranstaltungen wie etwa den Akademikerball in der 
 Hofburg zu verhindern. Die NEOS schließlich legten ein Paket von 
 Anträgen vor, das generell auf die Stärkung der Unternehmen 
 hinausläuft.
Gewerberechtliche Trennung bei der Personenbetreuung
Die Bestimmungen über die Personenbetreuung sind Teil einer Novelle 
 zur Gewerbeordnung (624 d.B.), die unter dem Titel Seveso III 
 zunächst darauf abzielt, schwere Industrieunfälle wie jene in Seveso, 
 Bhopal oder Enschede zu vermeiden. Die Betriebsinhaber sollen in 
 diesem Sinn nun verpflichtet werden, nach dem Stand der Technik 
 vorbeugende Maßnahmen zu treffen, um ein hohes Schutzniveau zu 
 gewährleisten. Vorgesehen sind dabei auch behördliche Inspektionen 
 zur Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtungen.
Im Mittelpunkt der Debatte stand allerdings ein Passus der Vorlage, 
 der sich mit der 24-Stunden-Betreuung befasst und die vielfach 
 geäußerte Forderung nach einer gewerberechtlichen Trennung der 
 Vermittlung von BetreuerInnen und der tatsächlichen Betreuungsarbeit 
 aufgreift. So sollen nun die Tätigkeiten von Vermittlungsagenturen 
 ("Organisation von Personenbetreuung") aus dem bestehenden 
 Personenbetreuungsgewerbe herausgelöst und einem eigenem Gewerbe 
 zugeführt werden. In diese Richtung ging auch ein Antrag von Grünen-
 Sozialsprecherin Judith Schwentner (867/A(E)), der zudem die 
 Forderung nach gesetzlichen Qualitätskriterien sowohl für die 
 Vermittlung als auch für die Ausübung der Betreuung enthält. Die FPÖ 
 wiederum schlug in ihrer Initiative ein Gütesiegel 
 "Personenbetreuung" (511/A(E)) vor, wobei FPÖ-Abgeordneter Axel 
 Kassegger auch für die Schaffung einer bundesweit aktiven 
 Trägerorganisation plädierte, die für die Pflege- und 
 Betreuungsbedürftigen unselbstständige PflegerInnen und BetreuerInnen 
 ohne Gewinnabsicht beschäftigt und den Betroffenen auf diesem Weg 
 alle administrativen Leistungen abnimmt.
In der Debatte mahnte Christiane Brunner (G) zunächst die Verankerung 
 öffentlicher Beteiligungsrechte ein und begründete ihre Ablehnung der 
 Seveso III Novelle mit Verschlechterungen gegenüber der geltenden 
 Rechtslage bei Inspektionen, dem Entfalls der bestehenden 
 Meldestelle, eines ungenügenden Strafrahmens und wegen fehlender 
 Informationspflichten der Behörden. Versuche eines Vertreters des 
 Wirtschaftsministeriums, diese Bedenken zu zerstreuen, vermochten 
 Brunner nicht zu überzeugen.
Die gewerberechtliche Trennung der Agenturen und der PflegerInnen im 
 Rahmen der 24-Stunden Betreuung sei wichtig, sagte Brunners 
 Fraktionskollegin Judith Schwendtner, hielt deren Verbleib in einer 
 gemeinsamen Fachgruppe der Wirtschaftskammer aber für nicht 
 nachvollziehbar. Schwendtner drängte auch auf Qualitätskriterien für 
 Agenturen und regte an, diese künftig als "gebundene Gewerbe" zu 
 definieren.
Christoph Matznetter (S) begrüßte ebenso die gewerberechtliche 
 Trennung und erinnerte daran, dass im Rahmen der 24-Stunden- 
 Betreuung zehntausende "UnternehmerInnen" geschaffen worden seien, 
 die eigentlich als DienstnehmerInnen zu gelten haben. In diesem 
 Zusammenhang kritisierte Matznetter, dass die Agenturen von sinkenden 
 Preisen bei den Betreuungsleistungen seit der Zulassung rumänischer 
 und bulgarischer BetreuerInnen profitiert haben. "Wir brauchen 
 Qualitätskriterien und Ausführungsvorschriften für Agenturen", sagte 
 Matznetter und riet, den Antrag der Grünen im Hinblick auf 
 diesbezügliche Bemühungen des Ministers zu vertagen.
Josef Schellhorn (N) stimmte dem Vorschlag einer neuen Fachgruppe zu, 
 lehnet als Befürworter der Deregulierung neue Regulierungen aber ab 
 und drängte auf eine umfassende Reform der Gewerbeordnung. Für 
 Liberalisierungen trat grundsätzlich auch Axel Kassegger (F) ein, wo 
 es um Leben und Sicherheit gehe, seien Regulierungen durch die 
 Gewerbeordnung durch die Gewerbeordnung aber sinnvoll, vor allem auch 
 beim Schutz von Pflegebedürftigen, sagte der Abgeordnete. Auch Asdin 
 El Habassi (V) plädierte für Qualitätskriterien für Agenturen und für 
 neue Ausübungsregeln und beantragte mit Unterstützung der 
 Regierungsparteien die Vertagung des FPÖ-Antrags.
Weiterverwendung öffentlicher Dokumente soll erleichtert werden
Änderungen im so genannten Informationsweiterverwendungsgesetz (629 
 d.B.) sollen die Nutzung von Dokumenten öffentlicher Stellen 
 erleichtern. Eine entsprechende Regierungsvorlage, die von den 
 Abgeordneten ohne Debatte einstimmig verabschiedet wurde, schafft ein 
 grundsätzliches Recht auf Weiterverwendung von Dokumenten und 
 erweitert überdies den Anwendungsbereich auf Bibliotheken, Museen und 
 Archive. Neu ist dabei auch die Verpflichtung, Dokumente, soweit dies 
 möglich und sinnvoll ist, in einem offenen und maschinenlesbaren 
 Format zusammen mit den zugehörigen Metadaten bereitzustellen.
Produktvermarktung im Binnenmarkt: Österreich setzt EU-Vorgaben um
Einstimmig unterstützte der Ausschuss auch ein Maschinen - 
 Inverkehrbringungs- und Notifizierungsgesetz (630 d.B.), mit dem 
 Österreich die Vorgaben der Europäischen Union über einen gemeinsamen 
 Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten umsetzt. Die 
 Bestimmungen betreffen in erster Linie die Akkreditierung und die 
 Marktüberwachung, wobei es gilt, die bestehenden Regelungen zu 
 stärken und die praktischen Aspekte bei der Anwendung und 
 Durchführung zu optimieren. - Matthias Köchl (G) erfuhr von einem 
 Vertreter des Wirtschaftsministeriums, dass der Gesetzesentwurf einen 
 deutlich verschärften Strafrahmen gegenüber der geltenden Rechtslage 
 bringe.
Benachteiligte Jugendliche erhalten neue Ausbildungschancen
Eine Novelle zum Berufsausbildungsgesetz (627 d.B.), die den Zweck 
 verfolgt, die rechtlichen Rahmenbedingungen weiter zu entwickeln, um 
 die Lehrausbildung auch für die Zukunft als attraktive, 
 praxisorientierte Ausbildung zu erhalten, erzielte die Zustimmung der 
 Koalitionsparteien und der NEOS. So sollen neue Ausbildungsangebote 
 vor allem benachteiligten Jugendlichen den Erwerb von Abschlüssen auf 
 der Sekundärstufe II ermöglichen bzw. erleichtern. Das Gesetz sieht 
 die Möglichkeiten von Modellprojekten bei Zusammenwirken von mehreren 
 Unternehmen vor, baut das Qualitätsmanagement aus und bringt 
 Erleichterungen für die Kombination von Lehre und Matura.
Bernahrd Themessl (F) stimmte mit Abgeordnetem Franz Kirchgatterer 
 (S) in der generellen Einschätzung überein, dass es wichtig sei, die 
 FacharbeiterInnen-Ausbildung zu stärken und deren Qualität zu 
 verbessern. Themessl problematisierte aber die Umsetzung dieser 
 Ziele, insbesondere die Form der Qualitätsprüfung, die Zulassung von 
 Jugendlichen ohne Pflichtschulabschluss zur Lehre und die vorgesehene 
 Überprüfung der Betriebe. Auch Birgit Schatz (G) bekannte sich 
 ausdrücklich zur Qualitätssicherung in der Lehrlingsausbildung und 
 brach überdies eine Lanze für die sozialpädagogische Begleitung von 
 Jugendlichen. Ihre Ablehnung des Gesetzes begründete sie mit der für 
 sie absurden Bestimmung, wonach ein negativer Asylbescheid zum 
 Abbruch eines Lehrverhältnisses führe. Dies sei nicht nur 
 unmenschlich, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen abzulehnen, 
 weil AsylwerberInnen in Mangelberufen ausgebildet werden. Dieser 
 Ansicht schloss sich Josef Schellhorn (N) an, der in der 
 Regierungsvorlage gute Ansätze sah, zugleich aber das Kompetenz-
 Wirrwarr zwischen Bund und Ländern kritisierte.
Grüne: Kein Rechtsextremismus in der Wiener Hofburg!
Durch eine Änderung des entsprechenden Pachtvertrags wollen die 
 Grünen in Hinkunft Veranstaltungen wie den Akademikerball, aber auch 
 Auftritte wie jenen des umstrittenen niederländischen Politikers 
 Geert Wilders in den Räumlichkeiten der Wiener Hofburg verhindern. 
 Harald Walser (G) sprach in diesem Zusammenhang von "zum Teil 
 rechtsextremen Publikum" und gab zu bedenken, mit der Wahl des Ortes 
 würde der Anschein einer quasi staatstragenden Veranstaltung erweckt 
 und dadurch auch eine unausgesprochene Akzeptanz durch die Republik 
 gegenüber den beteiligten Personen und den äußerst fragwürdigen 
 Inhalten suggeriert. Konkret forderte der Bildungssprecher der Grünen 
 in seiner Initiative (1061/A(E)) Bundesminister Reinhold Mitterlehner 
 auf, den Pachtvertrag der Burghauptmannschaft mit der Wiener 
 Kongresszentrum Hofburg Betriebsgesellschaft m.b.H. dahingehend zu 
 gestalten, dass Veranstaltungen, deren Charakter durch Veranstalter, 
 BesucherInnen oder Inhalte einer rechtsextremen Richtung zuzuordnen 
 ist und auch dazu angetan sein könnte, den Ruf der Republik zu 
 beschädigen, nicht mehr genehmigt werden dürfen.
In der Debatte wies der Antragsteller darauf hin, dass die Hofburg in 
 den kommenden Jahren zum Sitz des Parlaments werde, was Christoph 
 Matznetter, der von einem sinnvollen Antrag sprach, dazu veranlasste, 
 seine Zustimmung zu der von Andreas Hanger (V) vorgeschlagenen 
 Vertagung des Antrags mit dem Verlangen zu verknüpfen, sich in der 
 Präsidialkonferenz des Nationalrates mit der Frage zu befassen, ob 
 der Sitz des österreichischen Parlaments ein Ort sein könne, wo 
 Menschen wie etwa Jean-Marie Le Pen auftreten, der eben von einer 
 Partei wie der Front National wegen Rechtsextremismus ausgeschlossen 
 wurde. Andreas Hanger (V) verurteilte seinerseits jegliche 
 menschenverachtende Politik, merkte aber zugleich an, dass es sich 
 bei der FPÖ um eine demokratisch legitimierte Partei handle und deren 
 Veranstaltung in der Hofburg nicht gesetzwidrig sei.
Axel Kassegger (F), der sich ausdrücklich zu seiner Mitgliedschaft 
 bei einer Burschenschaft bekannte, wandte sich entschieden dagegen, 
 die Teilnehmer am Akademikerball in die Schublade des 
 Rechtsextremismus zu stecken. Kassegger wandte sich gegen Vorurteile 
 und mahnte mehr Toleranz ein. - Hangers Vertagungsantrag wurde mit 
 SPÖ-ÖVP-Mehrheit angenommen.
NEOS wollen Österreichs Unternehmen stärken
500 Tage Bundesregierung sind Anlass für die NEOS, Druck in Richtung 
 einer Stärkung des Unternehmenssektors zu machen und die Koalition 
 dabei an entsprechende Ansagen in der Regierungserklärung zu 
 erinnern. Konkret schlägt Josef Schellhorn in einem 
 Entschließungsantrag nun nach dem britischen System der "sunset-
 clause" eine Auslaufklausel für Gesetze und Verordnungen vor 
 (1151/A(E)) und greift dabei eine Forderung des Wirtschaftsbunds auf. 
 In einer weiteren Initiative (1152/A(E)) drängt er auf eine 
 österreichische Normenstrategie, von der er sich eine Erhöhung der 
 Effizienz des aus derzeit rund 24.000 Normen bestehenden 
 Rechtssystems, aber auch erhebliche Kostenentlastungen für 
 Unternehmen erwartet. Schließlich fordert Schellhorn auch die 
 Einrichtung einer sogenannten "Nation Brand Agency" nach dem Vorbild 
 von Ländern wie der Schweiz oder Finnland (1153/A(E)), um die Marke 
 Österreich zu stärken.
Alle drei Anträge wurden mit den Stimmen der Koalitionsparteien 
 vertagt. Laut einem Vertreter des Wirtschaftsministeriums liegt 
 bereits eine Normenstrategie vor, auf deren Basis nun an einer 
 Änderung des Normengesetzes gearbeitet wird. Man lehne sich dabei an 
 der EU und Deutschland an. Auch an der "Marke Österreich" will die 
 Regierung laut SPÖ-Abgeordnetem Hubert Kuzdas weiter feilen, 
 allerdings fehlen ihm zufolge derzeit aufgrund der 
 Budgetrestriktionen die Mittel für eine Nation-Branding-Agentur.
 (Schluss Wirtschaftsausschuss) fru/gs
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