• 18.05.2015, 13:58:21
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  • OTS0159 OTW0159

Neue Datenschutzbehörde legt ersten Datenschutzbericht vor

224 Individualbeschwerden, 497 Kontroll- und Ombudsmannverfahren, 2.261 Rechtsauskünfte

Utl.: 224 Individualbeschwerden, 497 Kontroll- und
Ombudsmannverfahren, 2.261 Rechtsauskünfte =

Wien (PK) - Mit 1. Jänner 2014 hat die neue, unabhängige,
Datenschutzbehörde die Datenschutzkommission als nationale
Kontrollstelle in Sachen Datenschutz abgelöst. Nun liegt mit dem
Datenschutzbericht 2014 ein erster Tätigkeitsbericht der Behörde vor,
den Kanzleramtsminister Josef Ostermayer vor kurzem dem Nationalrat
übermittelt hat (III-175 d.B.). An der Zahl der Individualbeschwerden
hat sich demnach gegenüber 2013 nichts verändert, deutlich gestiegen
sind allerdings die Kontroll- und Ombudsmannverfahren sowie die
Rechtsauskünfte. Viel Bewegung gab es überdies wieder im
Datenverarbeitungsregister, eine statistische Aufstellung vermerkt
unter anderem 1.175 Verbesserungsaufträge und 263 Ablehnungen von
Datenanwendungen.

Konkret wurden 2014 224 Individualbeschwerden bei der
Datenschutzbehörde eingereicht, exakt gleich viel wie 2013 bei der
Datenschutzkommission. 117 von 220 erledigten Verfahren endeten mit
einem Bescheid, die übrigen 103 wurden eingestellt, weil sich
Unternehmen nach Einschreiten der Behörde in vielen Fällen
schließlich doch noch einsichtig gezeigt haben, was Auskunfts- bzw.
Löschungsverlangen betrifft. Auffallend ist laut Bericht, dass ein in
den Medien präsentes Thema - etwa die Vorratsdatenspeicherung - oder
ein bekannt gewordener konkreter Missstand sich umgehend in der
Zunahme von Beschwerden niederschlägt, diese dann aber relativ rasch
wieder abebben. Gegen Bescheide der Datenschutzbehörde können
Betroffene Berufung beim Bundesverwaltungsgericht einlegen.

Höher als die Zahl der Individualbeschwerden ist die Zahl der
Kontroll- und Ombudsmannverfahren, die die Datenschutzbehörde
weitgehend formlos führt. 2014 wurden insgesamt 497 derartiger
Verfahren abgewickelt, 399 davon auf Antrag und 98 in Form von
amtswegigen Prüfungen. Ziel dieser Verfahren ist es, eine
datenschutzrechtlich zufriedenstellende Situation zu erreichen, wobei
auch Empfehlungen ausgesprochen werden können. Nur in Ausnahmefällen
ist ein Mandatsbescheid vorgesehen. Am häufigsten ging es bei dieser
Art von Verfahren um Videoüberwachungen. Elf Fälle betrafen die
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs EuGH, wonach ein Betreiber
von Internet-Suchmaschinen unter bestimmten Umständen Treffer, die zu
personenbezogenen Daten führen, aus der Ergebnisliste streichen muss.

2.261 Mal hat die Datenschutzbehörde im vergangenen Jahr
Rechtsauskünfte erteilt. Dazu kamen 14 Genehmigungen für die
Verwendung von Daten für Forschungszwecke und für statistische
Zwecke, 80 Genehmigungen für Datenübermittlungen ins Ausland durch
internationale Konzerne, 33 Schengen-Auskünfte und verschiedenste
Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Führung des
Datenverarbeitungsregisters.

Daten vom Dienst-PC dürfen als Beweismittel verwendet werden

Besonders relevante Beschwerdeentscheidungen werden von der
Datenschutzbehörde im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS)
veröffentlicht, einige davon sind auch im Bericht angeführt. So hat
die Behörde etwa in Zusammenhang mit einem arbeitsgerichtlichen
Prozess um das Dienstverhältnis einer Bediensteten einer Anstalt
öffentlichen Rechts entschieden, dass es zulässig war, dass der
Dienstgeber Daten vom Dienst-PC der Betroffenen verwendet hat, um den
Beweis von Pflichtverletzungen zu erbringen. In einem anderen Fall
hat sie hingegen eine "Zweitverwertung" von Ergebnissen einer
gesetzesmäßig angeordneten Rufdaten- und Standortrückerfassung in
einem Disziplinarverfahren für rechtswidrig erklärt.

Im Zuge durchgeführter Kontrollverfahren hat die Datenschutzbehörde
unter anderem die Verwendung von Wählerevidenz-Daten für eine von
einem Tiroler Bürgermeister selbst finanzierte Volksbefragung gerügt
und einem Krankenanstaltenträger empfohlen, nur dann eine Meldung an
den Jugendwohlfahrtsträger zu erstatten, wenn es einen hinreichend
konkreten Verdacht auf Vernachlässigung, Misshandlung, Quälen oder
sexuellen Missbrauch von jungen PatientInnen hat. Mit einem so
genannten Mandatsbescheid ausdrücklich untersagt wurde die gezielte
Videoüberwachung einer Wohnung mit einer versteckten Kamera durch
einen vom Hausbesitzer engagierten Detektiv im Zuge eines
Kündigungsstreits, dessen Anlass eine behauptete vertragswidrige
Weitermietung der Wohnung durch den Mieter war.

Private "Dashcams" in Autos sind nicht zulässig

Im Rahmen von Registrierungsverfahren zugelassen wurden unter anderem
ein Fotovergleich-System für die manuell-visuelle Kontrolle von
LiftkartenbesitzerInnen bei ausgewählten Skiliften sowie ein
Probebetrieb der Whistleblower-Hotline der Wirtschafts- und
Korruptionsstaatsanwaltschaft. Auch etliche Konzerne haben, unter
Einhaltung bestimmter vorgegebener Auflagen, Whistleblower-Hotlines
registrieren lassen. Eine Videoüberwachung im Garderobenbereich eines
Freizeitunternehmens wurde unter der Bedingung genehmigt, dass die
Aufnahmen nur grob verpixelt erfolgen und eine verdächtige Person
erst nach dem Garderobenausgang durch eine hochauflösende Kamera
identifiziert werden kann.

Abgelehnt hat die Datenschutzbehörde hingegen ein
automationsunterstütztes Gesichtserkennungssystem zur Identifizierung
von KundenkartenbesitzerInnen beim Betreten eines IT-Geschäfts
mittels biometrischer Daten, den Antrag eines einzelnen
Wohnungseigentümers zur Überwachung von Teilen der Tiefgarage eines
Mehrparteienhauses mittels Videokamera und den Antrag eines
Juweliers, einen öffentlichen Gehsteig vor seinem Geschäft bis zu
einer Tiefe von einem Meter mitzufilmen. Zulässig sind nach ständiger
Spruchpraxis in derartigen Fällen maximal 50 cm. In zwei Fällen
wurden Videoüberwachungen auf dem eigenen Betriebsgelände untersagt,
da trotz vorhandenen Betriebsrats keine Betriebsvereinbarung vorlag.

Mehrfach wurde auch das Ansinnen zurückgewiesen, im eigenen Auto eine
Kamera zu installieren, um bei Verkehrsunfällen gegebenenfalls ein
Beweismittel zu haben. Für den Betrieb dieser so genannten "Dashcams"
bzw. "Crashcams" und der damit einhergehenden Überwachung
öffentlicher Straßen und Plätze fehle Privatpersonen die geforderte
gesetzliche Zuständigkeit bzw. rechtliche Befugnis gemäß
Datenschutzgesetz, heißt es im Bericht. Die Rechtsansicht der
Datenschutzbehörde wurde auch vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt.

Schengen-Informationssystem: Keine Auffälligkeiten bei Datenabfragen

Amtswegig hat die Datenschutzbehörde unter anderem Datenverwendungen
des Innenministeriums im Rahmen des Schengener Informationssystems
geprüft. Dazu ist sie im Rahmen europarechtlicher Vorgaben
verpflichtet. Die Prüfverfahren hätten keine Auffälligkeiten oder
Abweichungen vom rechtmäßigen Zustand ergeben, so der Bericht. Auch
ein Ermittlungsverfahren gegen das Bildungsinstitut BIFIE, das
aufgrund des in der Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit erregenden
Datenlecks eingeleitet wurde, hat die Behörde eingestellt, nachdem
sich ergeben hat, dass das BIFIE alle zumutbaren Schritte unternommen
hatte, um die missbräuchliche Verwendung personenbezogener Daten zu
minimieren.

Angeführt werden im Bericht auch wichtige höchstgerichtliche
Entscheidungen, etwa das vom EuGH und vom Verfassungsgerichtshof
(VfGH) verfügte Aus für die Vorratsdatenspeicherung sowie die EuGH-
Entscheidung zur Entfernung bestimmter Treffer bei Suchmaschinen-
Abfragen im Internet. Weiters hat der EuGH im vergangenen Jahr die
EU-Datenschutzrichtlinie für Videoaufzeichnungen von Privaten, die -
zumindest teilweise - auf öffentlichen Straßenraum gerichtet ist, für
anwendbar erklärt.

Ein wegweisendes Urteil gibt es laut Bericht auch vom VfGH, und zwar
zur Löschung von Daten aus Papierakten. Demnach hat über die Frage,
ob ein Recht auf physische Vernichtung eines Akteninhalts besteht,
nicht die Datenschutzbehörde sondern die jeweils aktenführende
Behörde durch Bescheid zu entscheiden. Anlass für das Erkenntnis war
die Beschwerde einer Frau, die die Löschung eines Eintrags zu ihrem
Sexualleben aus dem Papierakt eines Finanzamts beantragt hat. Sie
kann sich gemäß dem Urteil im Rechtsweg an die nächste Instanz, das
Bundesfinanzgericht, und in weiterer Folge an die Höchstgerichte
wenden, wenn das Finanzamt den Eintrag nicht von sich aus löscht.
(Schluss) gs

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