• 04.05.2015, 10:59:27
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Auseinandersetzung um S1-Lobauautobahn nicht entschieden

Umweltorganisationen und BI's zeigen weiteren Verfahrensweg vor und Probleme auf

Utl.: Umweltorganisationen und BI's zeigen weiteren Verfahrensweg
vor und Probleme auf =

Wien (OTS) - Wien, am 04.05.2014 (VIRUS). In einer gemeinsamen
Pressekonferenz erläuterten die Umweltorganisationen Forum
Wissenschaft und Umwelt (FWU), GLOBAL 2000 und VIRUS gemeinsam mit
den Bürgerinitiativen "Rettet die Lobau" und Marchfeld
Groß-Enzersdorf das weiterhin offene Rennen um die S1 Lobauautobahn,
Probleme des Projekts wie die Bedeutung der erfolgreichen Abwehr für
Klimapolitik und Abwehr von Milliardenschulden.

Wolfgang Rehm, Sprecher der Umweltorganisation VIRUS, er vertritt
auch die BI Rettet die Lobau im Verfahren, fasst die Ergebnisse der
UVP zusammen: "Es gibt jetzt zwar einen Bescheid aber auch 2013 war
schon einer fertig, dennoch musste das Ermittlungsverfahren
fortgesetzt werden. Auf unsere Vorbringen mit insgesamt 21 Gutachten
ist die Behörde nicht ergebnisoffen eingegangen. Die Ermittlungen
wären zwar auch jetzt nicht abgeschlossen, aber offenbar wurde der
politische Druck so groß, dass um jeden Preis ein Bescheid erlassen
werden musste. Dementsprechend sieht er aus, nun wird sich die
nächste Instanz damit auseinandersetzen". Dringend ans Licht der
Öffentlichkeit gehöre weiters die "Geheimsache", mit der im
Dunstkreis des bmvit und vom jeweiligen Minister per Dienstanweisung
abgesegnet - ein so Rehm "dubioses System von Richtlinien" in Gestalt
der so genannten RVS etabliert wurde. Planer, Gutachter und
Ministerialbeamte würden sich dabei die nicht frei veröffentlichten,
aber von der Behörde als alles entscheidend behandelten Spielregeln
ausmachen, mit denen die Projekte erst genehmigungsfähig gemacht
werden. "Nur so konnte es etwa geschehen, dass trotz jahrelanger
massiver Kritik namhafter Tunnelsicherheitsexperten am Brandschutz
des Lobautunnels das Sicherheitsniveau nachträglich reduziert wurde.
Man hat die Fluchtwegabstände verdoppelt, um am falschen Platz ein
paar Euro zu sparen", kritisiert Rehm. Ein Hauptproblem bliebe
weiters die Querung der Grundwasserhorizonte unter dem Nationalpark
in keinesfalls dichtem Untergrund aus dem die Großstadt Wien mit
Trinkwasser versorgt wird. "Die Untersuchungen waren und sind
mangelhaft und die Kritik unserer geologischen Sachverständigen
konnte nicht entkräftet werden", so Rehm.

Dr. Josef Unterweger, Rechtsanwalt des Forums Wissenschaft und Umwelt
(FWU) stellte gleich anfangs klar, dass die Ampel für das Projekt
keinesfalls auf Grün steht. Das Vorhaben brauche jedenfalls noch
weitere Bewilligungsverfahren bei den Ländern Wien und
Niederösterreich im Bereich des Wasser- und Naturschutzrechts in
denen im Anschluss ebenfalls Rechtsmittel eingebracht werden können.
Im nun lediglich erstinstanzlich abgeschlossenen UVP-Verfahren sei
klar gewesen, dass eine Ablehnung des Asfinag-Genehmigungsantrages
denkunmöglich ist, solange der Verkehrsminister auch UVP-Behörde ist.
"Hier erwarten wir vom neu geschaffenen Bundesverwaltungsgericht, an
das unsere Beschwerden gegen den unter anderem dem Bestimmtheitsgebot
widersprechenden Bescheid zu richten sind, eine faire, ergebnisoffene
und unabhängige Entscheidung" so Unterweger. Kritik des Anwalts kam
auch an den Nutzen-Kostenanalysen in denen der volkswirtschaftliche
Nutzen von Tunnelbauten Österreich generell überzogen dargestellt
werde. Auch für diese Untersuchungen würden die Spielregeln mittels
RVS gemacht und auch sonst seien die UVP-Grundlagen fragwürdig. "Die
Grundlagen für eine Prüfung der Umweltverträglichkeit der S1... für
den Bereich Verkehr basieren überwiegend auf Annahmen und
Wunschvorstellungen, die jedoch aktuelle und real nachweisbare
Gesellschafts- und Verkehrspolitische Daten zu Verhaltensänderungen
außer Acht lassen," zitiert Unterweger die Verkehrswissenschafter
Univ. Prof. Dr. Knoflacher und Dr. Frey aus ihrem für das FWU
erstellten Gutachten.

DI Christian Hiebaum, er vertritt die BürgerInitiatve Marchfeld -
Groß Enzersdorf im UVP Verfahren verwies die immer wiederkehrenden
Politikeransagen von einer Verkehrsentlastung durch die S1 ins Reich
der Fabel. Wie dem Projekt zu entnehmen sei würden etwa weder die
wiederholt ins Spiel gebrachte Südosttangente noch die Esslinger
Hauptstraße oder die Stadt Groß Enzersdorf vom Verkehr entlastet, es
käme nach den vorgelegten Unterlagen im Gegenteil zu deutlichen
Verkehrszunahmen. "Entlastungswirkungen werden dadurch dargestellt,
dass künstlich hochgerechnete Verkehrsbelastungen des Bestandsnetzes
für ein Prognosejahr konstruiert werden. Aber selbst für diesen Fall
kann nicht von einer nachhaltig wirksamen Entlastung gesprochen
werden," so Hiebaum. Wie Sachverständige festgestellt hätten, sei es
der Projektwerberin bisher nicht möglich gewesen, die Unsicherheiten
bei den Verkehrsuntersuchungen und darauf aufbauenden
Immissionsberechnungen so in den Griff zu bekommen, dass eine
Einhaltung der Grenzwerte nachgewiesen werden kann. "Durch die neue
Lärmverordnung des bmvit sind chaotische Zustände entstanden,
plötzlich wären eine größere Zahl von Anrainern von unzumutbarer
Lärmbelästigung betroffen. Dass S1 und S8 trotz überschneidendem
Projektgebiet auch für den Nullplanfall nicht zusammenpassen, spricht
für sich und gegen die Qualität der vorgenommenen Untersuchungen",
kritisiert Hiebaum.

Mag. Johannes Wahlmüller, Klimasprecher von GLOBAL 2000 macht die
eminente Bedeutung des Verkehrssektors für die österreichischen
Klimaschutzbemühungen deutlich: "Die österreichische Regierung hat
beim Klimaschutz jahrelang geschlafen. Anstatt, wie vereinbart, die
Treibhausgasemissionen einzusparen, hat Österreich die Emissionen
sogar erhöht. Es ist völlig verrückt, im Jahr der entscheidenden
Klimakonferenz in Paris, wieder Autobahnen zu bauen, anstatt
sinnvolle Alternativen umzusetzen, die Mensch und Umwelt wirklich
entlasten." Hunderte Millionen Euro wurden bereits in den Zukauf von
CO2-Zertifikaten gesteckt und trotzdem ist Österreich nicht auf Kurs,
was die Erreichung der Klimaziele bis 2020 betrifft. Dazu gibt es
keine Strategie, wie man die Ziele bis 2030 erreichen will, und auch
noch keinen Plan, wie wir es schaffen, bis 2050 aus fossiler Energie
auszusteigen. "Die Regierung agiert in der Klimapolitik völlig
planlos und an allen Ecken und Enden fehlt es an Geld. In dieser
Situation ist es völlig unverantwortlich, Milliarden in den Bau einer
Autobahn zu stecken. Statt neuen Milliardengräbern brauchen wir
Zukunftsinvestitionen in den öffentlichen Verkehr, thermische
Sanierung und erneuerbare Energie", so Johannes Wahlmüller
abschließend.

Die Organisationen kritisieren, dass ein weiteres Jahr ohne die im
Regierungsprogramm vorgesehene Evaluation des Asfinag Bauprogramms
verstrichen ist. "Im Interesse der Umwelt und der Staatsfinanzen
sollte diese rasch angegangen und die S1 und ihre Satellitenprojekte
S8 -"Marchfeldautobahn" und S1-"Spange Seestadt-Stadtstraße"
ehebaldigst gestrichen werden", so die Veranstalter unisono.

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