• 22.04.2015, 20:56:17
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TIROLER TAGESZEITUNG: Leitartikel vom 23. April 2015 von Peter Nindler - Beim Zocken gewinnt immer der Automat

Innsbruck (OTS) - Das Live-Wetten-Verbot ist politisch die richtige
Prävention für Spielsucht. Angesichts der boomenden
Glücksspielindustrie,
die allein in Österreich 15 Milliarden umsetzt, und des illegalen
Glückspiels, ist das Verbot aber nur eine Beruhigungspille.

Es ist eine einfache Rechnung, die leider nicht aufgeht: Der Traum
vom großen Gewinn, vom Vierfach-Jackpot, von den drei Himbeeren beim
einarmigen Banditen, vom richtigen Fußball-
ergebnis, dem schnellsten Pferd und besten Windhund lässt trotzdem
die Spieler galoppieren. Obwohl das Glück nur ein Vogerl ist, einmal
muss es doch am Konto landen. Das Internet hat die Spielmöglichkeiten
noch einmal vervielfacht, gezockt wird live - mit oder ohne Ende. Das
gute alte Fußball-Toto kann da gar nicht mithalten. Die Einsätze
werden gesteigert, das Risiko, in die Spielsucht abzugleiten, erhöht
sich mit jedem eingesetzten Cent. Bereits 7000 Tiroler leiden an
krankhafter Spielsucht, die immer mehr Existenzen bedroht.
15 Milliarden Euro werden jährlich für das Glücksspiel in Österreich
ausgegeben, die Verluste für die Spieler betragen rund 1,5 Milliarden
Euro. Durchschnittlich 480 Euro investieren die Österreicher in
Wetten, das sind um 84 Prozent mehr als noch 2004. Mit den Ausgaben
für illegale Spielautomaten wird der Wetteinsatz pro Kopf deutlich
höher sein. Allein in Tirol liegt die sprichwörtliche Dunkelziffer
bei 300 bis 400 Millionen Euro. Dass das Land jetzt Live-Wetten
verbietet, die nicht nur das Spielverhalten weiter anheizen, weil sie
im Sekundentakt die Gewinnmöglichkeiten vermeintlich erhöhen, sondern
Tür und Tor für Wettbetrug und Spielmanipulationen z. B. im Fußball
eröffnen, ist ein wichtiger Schritt zur Prävention. Zocken soll für
Spieler und Anbieter erschwert werden.
Dennoch bleibt ein bitterer Beigeschmack, weil die landesgesetzlichen
Möglichkeiten beschränkt sind: Im World Wide Web werden virtuell nach
wie vor Milliarden verzockt, die gähnende Leere in den Brieftaschen
und am Bankkonto ist dann bittere Realität. Und das illegale
Glücksspiel an beinahe jeder Straßenecke blüht ebenfalls weiter.
Offenbar sind die Behörden machtlos. Sperrt ein Lokal zu, wird es an
einem anderen Ort wieder geöffnet. Spieler-Schutzorganisationen
bezweifeln jedoch die Machtlosigkeit der Exekutive und der
Verwaltungsbehörden, sie orten vielmehr mangelndes Engagement. Die
Liste ihrer Anzeigen ist lang, die Anzahl der daraufhin geschlossenen
Spiellokale und abgedrehten Glücksspielautomaten hingegen kurz. So
gesehen dürften die behördlichen Maßnahmen und Razzien in Tirol
derzeit ein Glücksspiel sein. Weil viel Geld im Spiel ist, können die
Strafen wahrscheinlich leicht verschmerzt und den Behörden
automatisch drei lange Nasen gezeigt werden.

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