VdF-Diskussion über Arbeitslosigkeit und Wichtigkeit der Bildung im heimischen Fußball
Utl.: VdF-Diskussion über Arbeitslosigkeit und Wichtigkeit der
Bildung im heimischen Fußball =
Wien (OTS) - Macht das System im österreichischen Fußball arbeitslos?
Unter dem Titel "Tatort AMS" lud die Vereinigung der Fußballer (VdF),
eine Fachgruppe der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten - Kunst,
Medien, Sport, freie Berufe (GdG-KMSfB), am Dienstag in der
ÖGB-Zentrale zur dritten - abermals prominent besetzten -
Diskussionsrunde nach den Themen Sportwetten & Manipulation und
Liga-Reform.
Wie kann man im heimischen Kick Beschäftigung nachhaltig sichern? Mit
Qualität. Dabei geht es weniger um diejenigen, die den Weg zum
dauerhaften Profi schaffen, sondern um jene, die auf dem Weg zur
Karriere auf der Strecke bleiben und dann womöglich keine Ausbildung
haben.
Die besten Sager der Diskussionsteilnehmer:
Oliver Prudlo ("Sozialminister" der VdF):
"Der Markt hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Spieler
aus den Akademien drängen nach. Sie sind gut ausgebildet und erhalten
durch das Förderungs-System in der Sky Go-Liga auch Plätze in den
Teams. Karrieren werden immer kürzer, viele Spieler scheiden Mitte 20
aus dem System aus und stehen oft ohne Ausbildung da. Die Zahl der
Arbeitslosen wird auch nicht rückgängig. Man muss mehr Bewusstsein
bei den Nachwuchsspielern und deren Eltern schaffen und ihnen klar
machen, dass nicht jedes Talent ein David Alaba wird."
Ulf Baranowsky (Deutsche Spielergewerkschaft VdV)
"Wir beneiden die österreichischen Kollegen um den Kollektivvertrag,
den wir in Deutschland noch nicht haben, sondern nur
Kooperationsvereinbarungen mit der Liga und den Vereinen. Das
Arbeitslosencamp wird von diesen Partnern mitfinanziert. Somit
schaffen rund 80 Prozent den Wiedereinstieg ins Profi-Geschäft.
Mit der Aktion Fit für Job weisen wir bei vielen Klubs auf die
Problematik bezüglich dem Leben nach der Karriere hin. Zwei Drittel
der Profis bilden sich während ihrer Karriere nicht weiter. Zwei von
zehn Profis haben nach der Karriere keine berufliche Qualifikation.
Wir erklären den Eltern und den Spielern immer, dass der Tag X kommen
wird. Und bei 95 Prozent der Spieler kommt er, bevor die Karriere
beginnt. Daher ist die Eigeninitiative auch sehr wichtig."
Franz Schiemer (Ex-Nationalteamspieler)
"Ich habe in Linz den MBA gemacht, weil ich eine wirtschaftliche
Ausbildung haben wollte. Das hat mich immer interessiert. Der Umstieg
ins neue Leben wird mir sicher gelingen, den Abschluss habe ich neben
dem Sport gemacht.
Ich hatte das Glück, dass wir in Salzburg für österreichische
Verhältnisse sehr gut bezahlt wurden und werden. In der Erste Liga
ist es aber extrem. Da verdienen Profis nicht mehr als jeder
x-beliebige Arbeiter. Nur die Profis können ihrer Arbeit nur eine
begrenzte Zeit nachgehen. Zu viele junge Spieler sind zu gut
ausgebildet. Daher wird der Übergang zum großen Problem. Wir haben
hierzulande nicht so viele Profi-Vereine wie es vielleicht danach
aussieht. Es ist wohl nur Platz für eine Profi-Liga."
Steffen Hofmann (lebende Rapid-Legende, Kapitän)
"Ich mache ein Fernstudium in Salzburg am IFM-Institut, mit dem ich
letzten Sommer begonnen habe. Es umfasst 14 Module. Es ist schwierig,
nach so langer Zeit wieder die Schulbank zu drücken. Aber es ist gut,
nicht nur für die Beine, sondern auch etwas für die Birne zu tun.
Das Problem rund um die Arbeitslosigkeit ist, dass heute viel mehr
Spieler nach kommen. Entweder sie sind gut und bald im Ausland, oder
sie sind auch schnell wieder weg von der Bühne. Einerseits ist die
gute Ausbildung in den Akademien eine tolle Sache, umgekehrt ist es
aber auch für manche gefährlich."
Fredi Bobic (deutscher Europameister von 1996)
"Ich hatte dank meiner Eltern noch eine traditionelle Ausbildung.
Zuerst musste ich sie fertig machen, dann kam erst der Fußball. Heute
werden Spieler mit 16, 17 oder 18 Profis.Die Akademien sind toll aber
auch gefährlich. Wir reden immer nur von denen, die es schaffen. Aber
der Großteil schafft es bekanntlich nicht. Auch wenn die meisten das
Abitur machen. Was bringt es? Wenn sie dann ausscheiden und kaum
Erfahrung mit dem richtigen Leben haben - welche Chancen bekommen sie
dann? In den Akademien leben die Talente für mich in einer
Scheinwelt. Da geht es nur um Fußball und eine Profi-Karriere. Die
Realität sieht aber anders aus."
Ralf Muhr (Austria-Akademieleiter)
Spieler und Eltern brauchen einen Plan B. Unsere Aufgabe ist es,
ihnen das bewusst zu machen. Alle wollen Karriere machen, das ist
legitim. Aber es ist nicht leicht, mit dem Fußball in Folge seinen
Unterhalt zu verdienen. Nur wenige Prozent der Spieler haben nach
ihrer Karriere wirklich ausgesorgt.
Wir versuchen, den jungen Spielern ein breites Angebot an Ausbildung
zu machen. Nicht jeder ist für ein Gymnasium geeignet. Daher bieten
wir auch eine Lehre oder die Sporthandelsschule an.
Der Markt im Profigeschäft ist begrenzt, das ist ein Fakt. Die
Stärksten setzen sich durch. Aber in Österreich sind die Fußballer
keine Millionäre, wie viele vielleicht glauben."
Christian Ebenbauer (Bundesliga-Vorstand)
Bei unserer Sozialpartnerschaft mit der VdF dürfen wir nicht
vergessen, wer wen vertritt. Die Bundesliga die Vereine, die VdF die
Spieler. Wir haben oft miteinander Probleme gehabt, sind aber immer
wieder zusammen gekommen.
Wir wollen, dass die jungen Österreicher zuerst in der heimischen
Liga ausgebildet werden und dann den Schritt ins Ausland wagen. Das
würde auch dem Nationalteam weiterhin helfen. Die Bildungs-Debatte
ist in Österreicher generell eine große, nicht nur im Fußball.
Der Flaschenhals vom Profi- zum Amateurfußball ist meiner Meinung
nach sehr wichtig, weil dieser Übergang nötig ist. Und dieses
Zwischending ist eben die Sky Go Erste Liga, die aufgrund von TV -
Verträgen derzeit nicht zur Diskussion steht"
Fotos werden auf Nachfrage zugeschickt.
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