- 07.04.2015, 12:05:44
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Steinhart fordert einen Gesundheitsreform-Polylog mit allen Entscheidungsträgern
Versorgungsprobleme gehören nicht negiert, sondern gelöst. Ärzteschaft muss in Erneuerungsprozess zentrale Rolle spielen.
Utl.: Versorgungsprobleme gehören nicht negiert, sondern gelöst.
Ärzteschaft muss in Erneuerungsprozess zentrale Rolle spielen. =
Wien (OTS) - "Wir brauchen einen konstruktiven gesundheitspolitischen
Gipfel mit allen relevanten Entscheidungsträgern, damit unser einst
bewährtes Gesundheitssystem nicht durch politische Fehlentscheidungen
zu Grunde geht", fordert der Obmann der Bundeskurie niedergelassene
Ärzte und ÖÄK-Vizepräsident Johannes Steinhart anlässlich von
Versorgungs-Engpässen im österreichischen Gesundheitssystem, die sich
als Folge der Umsetzung des Ärztearbeitszeitgesetzes aktuell
dramatisch verschärfen.
Die Position der Ärztekammer zu aktuellen Versorgungsproblemen sei
klar und wurde zuletzt mehrfach im Zusammenhang mit der Umsetzung des
Ärztearbeitszeitgesetzes öffentlich präzisiert: "Unser
Gesundheitssystem braucht insbesondere angesichts des
Patientenstromes aus den Spitälern in die Arztpraxen Österreich-weit
1.300 zusätzliche Arztpraxen mit Kassenvertrag. Wir brauchen mehr
Zeit für Patienten und deshalb weniger Bürokratie und absolut keine
Chefarztpflicht oder elektronische Bewilligungssysteme", so
Steinhart. Und es müssen im Lichte der aktuellen Entwicklungen für
Kassenpraxen Deckelungen und Degressionen gestrichen werden, weil sie
die Versorgung behindern und die Wartezeiten verlängern. "Zu diesen
und weiteren Themen einer vernünftigen Gesundheitsreform treten wir
gerne in einen Dialog mit dem Hauptverband", kommentiert Steinhart
die Dialog-Einladung des Hauptverband-Präsidenten Mag. Peter McDonald
an die Ärztekammer. "Dass die Ärzteschaft Reformideen erarbeitet und
regelmäßig ihre Gesprächs- und Verhandlungsbereitschaft erneuert, hat
Tradition, und diese setzen wir gerne fort."
Wenn also der Präsident des Hauptverbandes der Ärztekammer mittels
Presseaussendung mitteilt, dass er das Gespräch sucht, dann sei die
Ärzteschaft natürlich grundsätzlich gern dazu bereit, und wäre das
auch ohne Presseaussendung gewesen. "Immerhin ist das ein besserer
Stil als in den vergangenen Jahren, als die Gesundheitspolitik- und
-bürokratie die Ärzteschaft aus Entscheidungsprozessen ausgeschlossen
hat oder einfach über Ärztekammerpositionen drübergefahren ist", sagt
Steinhart. "Stichworte sind hier Gesundheitsreform,
Kostendämpfungspfad oder ELGA - also alles Themen, bei denen es sich
bitter gerächt hat, die Warnungen der Ärzteschaft zu ignorieren." So
gesehen sei das Gesprächsangebot des Hauptverband-Präsidenten ein
Fortschritt.
"Allerdings bevorzugen wir einen partnerschaftlichen Dialog auf
Augenhöhe, der thematisch offen sein muss, und nicht wieder eine Art
Dekret, das festlegt, wozu sich die Ärztekammer äußern darf und wozu
nicht", so Steinhart. "Wenn also der Hauptverband-Präsident uns in
seiner Gesprächseinladung per Presseaussendung gleich einmal
‚Verunsicherungspolitik‘ vorwirft und Versorgungsengpässe generell in
Abrede stellt, dann ist das eine ungewöhnliche Basis für einen
Dialog." Immerhin erleben zahllose Menschen in Österreich hautnah die
Konsequenzen der Gesundheitspolitik der vergangenen Jahre: Sie leiden
jetzt ganz besonders unter der Kulminierung der Versorgungsprobleme
durch das Ärztearbeitszeitgesetz, sie bekommen keine Ambulanztermine,
warten oft gefährlich lange auf Operationstermine, und sie sind mit
oft monatelangen Wartezeiten in den überforderten Arztpraxen
konfrontiert, kritisiert Steinhart: "Wer die Bevölkerung glauben
machen möchte, dass es diese Probleme nicht gibt, der riskiert, an
Glaubwürdigkeit einzubüßen. Das gehört nicht negiert, das gehört
gelöst."
Im Übrigen halte der Hinweis auf die angeblich "höchste Ärztedichte
weltweit" in Österreich einer genaueren Überprüfung nicht stand, sagt
Steinhart in Richtung des HV-Präsidenten: Rechne man die Turnusärzte
heraus, so gäbe es in Österreich 4,1 Ärzte pro 1.000 Bewohner, das
entspräche der Dimension der Schweiz, Schwedens (jeweils 3,9),
Deutschlands (4,0) und Norwegens (4,2). Steinhart: "Es darf außerdem
nicht übersehen werden, dass es heute 900 Arztpraxen mit
Kassenvertrag weniger gibt als vor 15 Jahren. Auch darüber wird mit
dem Hauptverband zu sprechen sein."
Die Ärztekammer sei also dialogbereit, allerdings nicht zu
oktroyierten Bedingungen, sondern über alle Fragen, die infolge von
Schwachstellen unseres Gesundheitssystems diskutiert und gelöst
werden müssen. "Ein Dialog mit dem Hauptverband wird nicht genügen,
um alle anstehenden Probleme, die Folgen der Unterlassungspolitik der
vergangenen Jahre sind, zu lösen", so Steinhart. "Wir brauchen
darüber hinaus einen Gesundheitsreform-Polylog mit allen relevanten
Mitspielern und Stakeholdern des Gesundheitssystems, um endlich die
Weichen neu zu stellen. Die Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit
haben dramatisch gezeigt, dass die Ärzteschaft in so einem
Reform-Polylog und Erneuerungsprozess eine zentrale Rolle spielen
muss." (b&k)
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