• 25.03.2015, 14:19:06
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Mikl-Leitner: Neues Staatsschutzgesetz und Kooperation mit Westbalkan

Nationalrat gedenkt den Opfern des Flugzeugabsturzes in Frankreich

Utl.: Nationalrat gedenkt den Opfern des Flugzeugabsturzes in
Frankreich =

Wien (PK) - Der Kampf gegen Extremismus und Terrorismus stand heute
im Mittelpunkt einer Aktuellen Stunde im Nationalrat. Innenministerin
Mikl-Leitner skizzierte die Eckpunkte der österreichischen
Sicherheitsstrategie, die von einer engeren Zusammenarbeit mit den
Westbalkan-Staaten, einer verstärkten Kooperation zwischen Polizei
und Bundesheer bis hin zu einem neuen Staatsschutzgesetz, das in den
nächsten Tagen in die Begutachtung gehen soll, reichen.

Schweigeminute im Gedenken an die 150 Todesopfer des Flugzeugunglücks
in Frankreich

Vor Eingang in die Debatte drückte Nationalratspräsidentin Doris
Bures ihr tiefes Mitgefühl gegenüber den Familien und Angehörigen der
beim schrecklichen Flugzeugabsturz in Frankreich ums Leben gekommenen
150 Menschen aus und bat die Abgeordneten, sich eine Minute von den
Sitzen zu erheben.

Mikl-Leitner: Neues Staatsschutzgesetz soll Balance zwischen
Sicherheit und Freiheit gewährleisten

Die Themen Extremismus und Terrorismus im Rahmen einer Aktuellen
Stunde zu behandeln, sei mehr als legitim, meinte Innenministerin
Johanna Mikl-Leitner, da die Bedrohungslage ernst und
besorgniserregend sei. Gerade die Anschläge in den letzten Wochen
haben gezeigt, dass niemand der Bevölkerung 100%-ige Sicherheit
garantieren könne. Österreich nehme die Gefahren seit Jahren sehr
ernst und habe deshalb auch ein umfassendes Sicherheitspaket
geschnürt, das nicht nur auf Repression, sondern vor allem auch auf
Prävention sowie auf Zusammenarbeit mit dem Lehrpersonal an den
Schulen setzt, erklärte die Ministerin. Im Bereich der digitalen
Medien, die von den Terroristen immer stärker genutzt werden, gebe es
eine Kooperation mit Google und Youtube, um gefährliche Inhalte so
schnell wie möglich aus dem Netz nehmen zu können. Wenn jemand ein
Video mit radikal islamistischen Inhalten entdeckt, sollte der Link
dazu an stopextremists@bmi.gv.at geschickt werden, informierte Mikl-
Leitner.

Seit April des Vorjahres werde zudem über ein grundlegend neues
Staatsschutzgesetz diskutiert, um Phänomene wie Cyper-Kriminalität,
Spionage, Extremismus und Terrorismus noch besser bekämpfen zu
können, erklärte die Ressortchefin. Damit eine gute Balance zwischen
Sicherheit und Freiheit gewährleistet ist, sollen u.a. die sensiblen
Befugnisse auf eine kleine Gruppe von Personen eingeschränkt werden.
Außerdem soll der Einsatz von privaten Vertrauenspersonen für die
Polizei sowie von Kennzeichenerfassungssystemen ermöglicht werden.
Ein weiterer Schwerpunkt der Sicherheitsstrategie liege in der
verstärkten Kooperation mit den Westbalkan-Staaten, führte Mikl-
Leitner weiter aus. Vor kurzem habe dazu eine hochkarätig besetzte
Konferenz in Wien stattgefunden, wo über ein gemeinsames Vorgehen
gegen den Dschihadismus beraten wurde.

ÖVP begrüßt neues Staatsschutzgesetz und Kooperation zwischen Polizei
und Bundesheer

Der Terror sei derzeit leider allgegenwärtig, meinte Abgeordneter
Werner Amon (V), und verwies auf die grausamen Anschläge in Paris und
Tunis oder den Überfall auf ein libysches Ölfeld, wo ein Österreicher
als Geisel genommen wurde. Erst gestern wieder wurden in Nigeria 500
Frauen und Kinder von der Terrormiliz Boko Haram getötet oder
entführt. Die Aktivitäten der "fanatischen und wahnsinnigen"
Terrororganisation IS richten sich gegen unser freiheitliches,
demokratisches und pluralistisches System, gegen den liberalen
Rechtsstaat, die offene Gesellschaft und die allgemeinen
Menschenrechte, unterstrich Amon. Eine solidarische Haltung und ein
gemeinsames Vorgehen der Staatengemeinschaft sei daher dringend
erforderlich. Auf nationaler Ebene wurden bereits einige sehr
wichtige Schritte gesetzt, die von praktischen Maßnahmen (große
Polizeiaktion im November) bis hin zu legistischen Änderungen (z.B.
Verschärfungen im Terrorsymbolgesetz und im Staatsbürgerschaftsrecht)
reichen, erinnerte der ÖVP-Mandatar. Ausdrücklich zu begrüßen seien
auch das neue Staatsschutzgesetz sowie der Ausbau der Kooperation
zwischen Polizei und Bundesheer, betonte seine Fraktionskollegin
Michaela Steinacker (V). Nikolaus Prinz hob insbesondere die auf
österreichische Initiative abgehaltene Anti-Terror-Konferenz in Wien
hervor, wo es u.a. um gemeinsam abgestimmte Präventionsmaßnahmen
sowie um die Vorgangsweise gegenüber terroristischen Auslandskämpfern
in Europa ging.

SPÖ: Terrorismus müsse an der Wurzel bekämpft werden

SPÖ-Sicherheitssprecher Otto Pendl schloss sich den Ausführungen von
Amon an, wonach die internationale Staatengemeinschaft angesichts der
furchtbaren Gräueltaten der Terrormilizen Flagge zeigen muss.
Besonders besorgniserregend sei die Tatsache, dass so viele
Jugendliche aus Westeuropa auf die Propaganda der IS hereinfallen und
für sie in den Krieg ziehen. Pendl hielt es daher für überaus
wichtig, den jungen Menschen eine Perspektive zu geben, und zwar in
Form einer guten Bildungs-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. Neben
diesen präventiven Maßnahmen, die oft nicht so schnell greifen,
müssen aber auch die entsprechenden legistischen Rahmenbedingungen,
wie etwa das neue Staatsschutzgesetz, geschaffen werden, unterstrich
der SPÖ-Redner. Unabdingbar sei auch eine enge Zusammenarbeit
zwischen den ExpertInnen des Innen- und des Verteidigungsressorts.
Abgeordneter Josef Cap sprach Versäumnisse und Fehlentwicklungen in
der Außenpolitik und in der globalen Ökonomie an, die zu einem
Aufstieg des Islamischen Staats beigetragen haben. So hätte man z.B.
von Seiten der EU die zarten Pflänzchen des Arabischen Frühlings viel
aktiver unterstützen müssen.

FPÖ fordert Entzug der Staatsbürgerschaft für Dschihad-
RückkehrerInnen

Wenn man schon den Kampf gegen Extremismus und Terrorismus in den
Mittelpunkt stelle, dann sollte man doch hinzufügen, dass es sich in
den letzten 15 Jahren fast ausschließlich um islamistische Attentäter
gehandelt hat, konstatierte der freiheitliche Klubobmann Heinz
Christian Strache. Wie man am Beispiel des 16-Jährigen Dschihad-
Rückkehrers sehe, zähle auch Österreich zu einem Rekrutierungsland
für fanatische IS-Extremisten, zeigte Strache auf, insgesamt sind
bereits 174 Personen in den Krieg gezogen. Seiner Meinung nach könne
dieses Phänomen nicht nur auf Bildungsdefizite reduziert werden; es
handle sich um ein ideologisch-fanatisches Problem, zumal sich die
Extremisten auf den Islam berufen. Besondere Vorsicht sei gegenüber
den über 60 RückkehrerInnen angebracht, die ein großes
Sicherheitsrisiko darstellen, warnte Strache. Die Freiheitlichen
fordern deshalb schon seit langem, dass all jenen Österreichern, die
sich einer Terrormiliz angeschlossen haben, sofort die
Staatsbürgerschaft entzogen wird. Bedauerlicherweise finden sich
unter den Tätern auch einige Asylanten, die ihren Status für
kriminelle Aktivitäten missbrauchen, gab FPÖ-Mandatar Walter
Rosenkranz zu bedenken.

Grüne kritisieren Übergriffe im Namen des Kampfs gegen den
Terrorismus und zu geringe Mittel für Prävention

Es sei richtig, dass die Austro-Dschihadisten, die nach Österreich
zurückkommen, ein Sicherheitsrisiko darstellen, erklärte Peter Pilz
(G). Da diese Personen auch für ein Versagen der Integration stehen,
müsse alles getan werden, um solche Radikalisierungen in Zukunft zu
unterbinden. Natürlich brauche es auch polizeiliche Maßnahmen, um
Anschläge zu verhindern, räumte Pilz ein. Gleichzeitig müsse aber
darauf geachtet werden, dass der Verfassungsschutz wirklich
Dschihadisten verfolgt und nicht Pizzabäcker, was etwa in einer
konkreten Amtshandlung in Gmünd der Fall war. Dadurch wurde der Ruf
eines untadeligen Geschäftsmannes ruiniert; aber bis heute wurde
nichts getan, um den entstandenen Schaden wieder gut zu machen,
zeigte sich Pilz empört. Alev Korun war der Auffassung, dass bei der
Bekämpfung von Extremismus und Terror neben der unerlässlichen
Polizeiarbeit, die auf die Verfolgung von Straftaten abzielt, mittel-
und langfristige Präventionsprojekte im Vordergrund stehen müssen.
Derzeit habe sie aber den Eindruck, dass Gelder primär für
Polizeiaufrüstung, gepanzerte Fahrzeuge etc. bereit gestellt werden.

Team Stronach fordert mehr PolizeibeamtInnen und harte Vorgangsweise
gegenüber heimischen IS-Kämpfern

Dem Titel der Aktuellen Stunde, "Gemeinsam gegen den Terror", können
sich wohl alle anschließen, meinte Christoph Hagen vom Team Stronach.
Reden darüber sei aber zu wenig, es müsse auch gehandelt werden.
Erfreulich sei deshalb, dass sich Außenminister Kurz der Forderung
seiner Fraktion nach Entzug der Staatsbürgerschaft für
österreichische IS-Kämpfer angeschlossen hat; dies sei der richtige
Weg. Positiv bewertete Hagen das Sicherheitspaket im Ausmaß von 300
Mio. €, ausständig sei seiner Meinung nach aber noch eine massive
Aufstockung des Polizeipersonals. Radikalisierungstendenzen müssen
schon im Keim erstickt werden, war Rouven Ertlschweiger überzeugt,
der sich u.a. kritisch mit den Koran-Verteilaktionen der sogenannten
"Lies!-Stifung" auseinandersetzte.

NEOS warnen vor Eingriffen in Grund- und Freiheitsrechte

Nikolaus Alm (N) bezweifelte, dass die von den VertreterInnen der
Koalitionsparteien angeführten Gesetzesverschärfungen in den letzten
Monaten einen Beitrag zur Terrorprävention und -aufklärung leisten.
Bedauerlich sei auch, dass ie wirkungslose Vorratsdatenspeicherung
ständig aufgewärmt werde. Statt demokratiepolitisch bedenkliche
Bestimmungen zu beschließen, sollte der Blick darauf gerichtet
werden, was schon vorhanden ist, urteilte der NEOS-Mandatar. Nach den
Anschlägen in New York wurden auf EU-Ebene immerhin 239 Maßnahmen in
diesem Bereich erlassen; diese Instrumentarien sollten nun genutzt
werden. Wenn die Privatsphäre nicht verteidigt wird, gehe es in
Richtung totale Überwachung inklusive totalitärer Phänomene, warnte
Alm. Sein Fraktionskollege Nikolaus Scherak konzentrierte sich auf
die Präventionsarbeit, die nicht nur in den Schulen, sondern etwa
auch im Strafvollzug stattfinden müsse, um weitere Radikalisierungen
zu verhindern.

Die Innenministerin ging schließlich noch auf zwei Polizeieinsätze
ein, die im Laufe der Debatte angesprochen wurden. Was den Vorfall in
einer Pizzeria in Gmünd angeht, so wurde eine Untersuchung
eingeleitet, um die Details näher zu beleuchten. Der gestrige Einsatz
in der Mariahilferstraße war notwendig, da sich eine Frau von einem
Mann bedroht gefühlt und um Hilfe gebeten hatte. Die PolizistInnen
hättenn das einzige Richtige getan, nämlich die Verfolgung
aufzunehmen und die Person festzunehmen. (Fortsetzung Nationalrat)
sue

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