- 06.03.2015, 12:42:01
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Erbenvertreter Weber zu Beethovenfries: Entscheidung rechtlich nicht haltbar - Fall für internationale Gerichte
Voraussetzungen für Rückgabe erfüllt, Ausfuhrverbot nie aufgehoben - Kein Verfahren nach rechtsstaatlichen Grundsätzen - Erben wurde Parteistellung verweigert
Utl.: Voraussetzungen für Rückgabe erfüllt, Ausfuhrverbot nie
aufgehoben - Kein Verfahren nach rechtsstaatlichen Grundsätzen
- Erben wurde Parteistellung verweigert =
Wien (OTS) - Die Empfehlung des Kunstrückgabebeirats, den
Beethovenfries von Gustav Klimt nicht zu restituieren, ist juristisch
nicht haltbar. Die Voraussetzungen für die Rückgabe sind eindeutig
erfüllt. Die Begründung des Beirats, eine Ausfuhr wäre möglich
gewesen, ist nicht nachvollziehbar und völlig abstrus. Den Erben
Erich Lederers wurde unter Berufung auf das Kunstrückgabegesetz
sowohl die Akteneinsicht als auch die Möglichkeit zur Stellungnahme
verweigert. "Die Vorgehensweise widerspricht damit klar den
Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit. Das Ausfuhrverbot wurde nie
aufgehoben. Niemand hat Erich Leder jemals signalisiert, dass er den
Fries ausführen hätte können, wenn er gewollt hätte. Meine
Mandantschaft ist bestürzt, dass Bundesminister Ostermayer der
unhaltbaren Empfehlung folgt", informiert Rechtsanwalt Marc Weber,
der einen Teil der Erbengemeinschaft vertritt und im Oktober 2013 die
Anregung zur Rückgabe des Kunstwerks eingebracht hat.
Kunstrückgabebeirat und Kommission haben den Erben Lederers unter
Berufung auf das Kunstrückgabegesetz während der Prüfungsphase
jegliche Möglichkeit zu Akteneinsicht, Parteiengehör und
Partizipation verwehrt. Wie Rechtsanwalt Weber betont, habe man
allein aus den Medien erfahren, dass von verschiedenen Seiten neue,
teils manipulativ verfasste Stellungnahmen und Gutachten eingebracht
und Auskunftspersonen namhaft gemacht wurden.
Die Mandantschaft hat die Expertengremien sowie den zuständigen
Bundesminister Josef Ostermayer mehrfach ersucht, in die Akten
einsehen und gegebenenfalls Stellung nehmen zu dürfen. Dies wurde
aber immer wieder verweigert. Das Bundesministerium für Kunst und
Kultur, Verfassung und Medien hat erst jüngst wieder ein
Auskunftsbegehren abgelehnt und damit eine Stellungnahme der
Mandantschaft vor der heutigen Sitzung des Kunstrückgabebeirats
unmöglich gemacht.
"Wir fragen uns, ob hier etwas verheimlicht werden soll. Die Republik
Österreich hat ihr Urteil gefällt, ohne den Betroffenen auch nur
jemals eine Chance auf Akteneinsicht und Stellungnahme zu geben. Die
Verfahrensregelungen und der derzeitige Vollzug des
Kunstrückgabegesetzes verstoßen in mehrerlei Hinsicht gegen
Grundrechte. Wir planen diese schweren rechtlichen Mängel vom
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg prüfen zu
lassen. Außerdem wollen wir auch Klagsmöglichkeiten ausschöpfen, die
uns die US-Gerichtsbarkeit bietet", so Weber.
"Wenn in einem Verfahren jemand behauptet, dass es Beweise gibt, die
für die Entscheidung wesentlich sind, wird man selbstverständlich dem
Kläger und Geschädigten die Möglichkeit geben, sich dazu zu äußern -
alles andere wäre unhaltbar. Im Kunstrückgabegesetz ist diese
Möglichkeit einer Parteistellung jedoch nicht vorgesehen. Dieser
Umstand ist nicht nur inakzeptabel, sondern auch rechtsstaatlich und
verfassungsrechtlich bedenklich. Das KRG, das den Erben jegliche
Rechtsposition im Verfahren verwehrt, widerspricht damit den
grundlegendsten Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und dem durch die
Europäische Menschenrechtskonvention garantierten Grundrecht auf ein
faires Verfahren", so der Wiener Verwaltungsrechtsexperte und
Rechtsanwalt Wolfgang Berger.
Die Tragweite dieser fehlenden Rechtspositionen wird aufgrund des
folgenden Beispiels deutlich: Nur aufgrund von Zeitungsartikeln
konnten die Erben Aussagen der Zeugin Elisabeth Leopold entgegnen,
die vor dem Beirat angehört wurde. Laut Medienberichten hatte
Elisabeth Leopold behauptet, ihr verstorbener Mann Rudolf Leopold
wäre mit Erich Lederer gut befreundet gewesen und Lederer hätte ihrem
Mann gegenüber deutlich gemacht, dass er mit dem 1973 erzielten
Kaufpreis hoch zufrieden gewesen sei. Diese Behauptung steht in
massivem Widerspruch zu den 2010 von Rudolf Leopold getätigten
Aussagen, wonach der Kontakt zu Erich Lederer bereits 1969/70
abgebrochen worden sei. So habe man sich zerstritten, nachdem Lederer
von Leopold eine Zeichnung von Gustav Klimt zurückgefordert hatte,
die - wie sich später herausstellte - eine von vier Klimt-Zeichnungen
war, die der Familie Lederer 1938 wie viele andere Zeichnungen auch
von der Gestapo geraubt und nach dem Krieg von Wolfgang Gurlitt an
Leopold verkauft worden waren. Die vier Zeichnungen befinden sich
heute im Leopold Museum.
"Welche Behauptungen noch aufgestellt wurden, können wir
aufgrund der verweigerten Akteneinsicht nicht beurteilen und daher
auch nicht entgegnen", betont Weber, und weiter: "Man muss sich die
Frage stellen, ob Kommission und Beirat über alle notwendigen
Unterlagen verfügen, wenn aus einem internen Schreiben hervorgeht,
dass das Bundesdenkmalamt selbst dem Belvedere 2008 die vollständige
Einsicht in die 14 Ordner umfassende Dokumentation zum Beethovenfries
verwehrt hat".
Utl.: Erich Lederer hat immer unter dem Druck des Ausfuhrverbots
verhandelt - Voraussetzungen für Rückgabe des Frieses unter KRG 2009
sind damit eindeutig erfüllt
Völlig unstrittig ist die Tatsache, dass der Verkauf des
Beethovenfrieses an die Republik Österreich unter dem Eindruck des
Ausfuhrverbots zustande gekommen ist. Das Ausfuhrverbot war aufrecht
bis zum Ankauf durch die Republik. Es wurde niemals aufgehoben, und
es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass gegenüber Erich Lederer
die Möglichkeit einer Aufhebung jemals auch nur angedeutet worden
wäre. Die österreichischen Regierungsvertreter haben immer - auch in
der Amtszeit von Bruno Kreisky - mit dem Ausfuhrverbot als
Rückenstärkung über den Beethovenfries verhandelt und dieses auch
bewusst ausgenützt. Der Verkauf wäre ohne das verhängte und aufrecht
bestehende Ausfuhrverbot in dieser Form nie zustande gekommen.
Ministerratsprotokolle aus dem Jahr 1972, in dem der Ankauf
beschlossen wurde, bestätigen dies. So hatte die damalige
Wissenschaftsministerin Hertha Firnberg erklärt, der Fries "kann
wegen eines Ausfuhrverbotes seinem im Ausland lebenden Eigentümer
nicht übermittelt werden" (Ministerratssitzung, 23. Mai 1972). Und
der damalige Bundeskanzler Bruno Kreisky: "Über das Geschick dieses
Werkes wurde 27 Jahre lang verhandelt, da es sich um entzogenes
Vermögen handelt (...). Die Frage, vor der wir gestanden sind, war,
ob man die Ausfuhr erlauben soll, was zu einem großen Geschrei (...)
geführt hätte, (...) oder aber, ob man es erwirbt."
(Ministerratsprotokoll, 23. Mai 1972). Behauptungen, wonach kein
enger Zusammenhang zwischen Ausfuhrverbot und Verkauf bestanden habe,
sind damit klar widerlegt.
Beim Beethovenfries handelt es sich geradezu um einen Paradefall
dafür, dass der Verkauf eines Kunstwerks vom Bestehen eines
Ausfuhrverbots abhängig war: Der Beethovenfries war aufgrund des
Ausfuhrverbots für den Eigentümer im Exil nicht verwendbar. Im Inland
war er schon wegen seiner Bedeutung, seiner Länge von 34 Metern und
des Renovierungszustands nicht zu annähernd realistischen Bedingungen
privat verkäuflich. Vor allem aber der sich verschlechternde
Erhaltungszustand des Frieses zwang Erich Lederer zu handeln. 1970
war er ein gebrochener Mann - nicht nur durch den Tod seiner Familie
und die Zerstörung seines Vermögens während der NS-Zeit sowie die
finanziellen Schwierigkeiten in den Nachkriegsjahren, sondern auch
durch die anhaltende Weigerung des österreichischen Staates, ihm
Gerechtigkeit zu verschaffen. Nach 28 Jahren des Kampfes und aufgrund
seiner Sorge um den Zustand des Beethovenfrieses resignierte Lederer
schließlich alt und krank und verkaufte den Fries an den einzig
möglichen Käufer: die Republik Österreich.
"Mit der novellierten Fassung des KRG von 2009 hat sich die Republik
Österreich zur Regelung genau dieser Fälle bekannt; sie könnte
beweisen, dass sie es mit der Beseitigung von Unrecht tatsächlich
ernst meint. Allein die abstruse Konstruktion im Gesetz, dass für die
Betroffenen keine Parteistellung und Akteneinsicht möglich ist, führt
den guten Geist des Gesetzes ad absurdum. Wir werden daher den Gang
nach Straßburg und in die USA antreten", so Weber.
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