- 03.12.2014, 19:41:11
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Sozialausschuss billigt Änderungen im Sozialversicherungsrecht
Novelle zum Bundespflegegeldgesetz bleibt umstritten
Utl.: Novelle zum Bundespflegegeldgesetz bleibt umstritten =
Wien (PK) - Der Sozialausschuss des Nationalrats hat heute zahlreiche
Änderungen im Sozialversicherungsrecht gebilligt. Neben SPÖ und ÖVP
stimmten auch das Team Stronach und die NEOS sowie teilweise die
Grünen für das von Sozialminister Rudolf Hundstorfer vorgelegte
Gesetzespaket, nachdem zuvor noch einige Ergänzungen und
Adaptierungen vorgenommen wurden. Unter anderem geht es darum,
Eltern, die behinderte Kinder pflegen, pensionsrechtlich mit jenen
Personen gleichzustellen, die nahe Angehörige betreuen. Zudem kann
die Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft
Selbständigen, die in eine Notlage geraten sind, weiter Zuschüsse zur
Kranken- und Pensionsversicherung gewähren. Im Bauern-
Sozialversicherungsgesetz (BSVG) werden jene Bestimmungen neu
gefasst, die regeln, wann am Hof mitarbeitende Kinder eigenständig
versichert sind.
Grünes Licht gab der Sozialausschuss außerdem für den vorgesehenen
erschwerten Zugang zu den Pflegestufen 1 und 2 ab kommendem Jahr und
die Erhöhung des Pflegegeldes um 2 % ab dem Jahr 2016, die
entsprechende Novellierung des Bundespflegegeldgesetzes bleibt aber
umstritten. Die Opposition hat weiter kein Verständnis für die
geplanten Einsparungen. Laut Sozialminister Rudolf Hundstorfer ist es
allerdings notwendig, die Kostensteigerung im Bereich der Pflege zu
dämpfen. Vor allem die Ausgaben für die Förderung der 24-Stunden-
Betreuung sind zuletzt massiv gestiegen. Es werde aber auch in
Zukunft mehr Geld als bisher für die Pflege zur Verfügung stehen,
versicherte der Minister.
Pflegegeld wird erhöht, Zugang zu den Pflegestufen 1 und 2 erschwert
Konkret muss für die Zuerkennung der Pflegstufe 1 ab kommendem Jahr
ein durchschnittlicher monatlicher Pflegebedarf von mehr als 65
Stunden nachgewiesen werden, derzeit sind es 60 Stunden. Pflegegeld
der Stufe 2 wird bei einem Pflegebedarf von 95 Stunden (derzeit: 85
Stunden) gewährt. Das Pflegegeld steigt ab 1. Jänner 2016 in allen
Stufen um 2 %, in der Pflegestufe 1 werden dann monatlich 157,3 €
(alt 154,2 €) zur Verfügung stehen. In der höchsten Pflegestufe, der
Pflegestufe 7, sind es 1.688,9 € (alt 1.655,8 €). Außerdem ist
vorgesehen, das Informations- und Beratungsangebot für
PflegegeldbezieherInnen und ihre Angehörigen zu verbessern, die
Abwicklung von Förderanträgen im Bereich der 24-Stunden-Betreuung zu
vereinfachen und Kindergartenkinder, die das verpflichtende
Kindergartenjahr absolvieren, ausdrücklich in den gesetzlich
verankerten anspruchsberechtigten Personenkreis aufzunehmen.
Gemäß den Kostenschätzungen des Ressorts bringt die mit S-V-Mehrheit
angenommene Gesetzesnovelle (365 d.B.) im nächsten Jahr Einsparungen
in der Höhe von insgesamt 19 Mio. €, 2016 werden es trotz der
Erhöhung des Pflegegelds immer noch 7,6 Mio. € sein. Für 2017 wird
mit geringeren Aufwendungen im Ausmaß von 46,3 Mio. € und 2018 von
84,6 Mio. € gerechnet.
Opposition lehnt erschwerten Zugang zum Pflegegeld geschlossen ab
Die Opposition lehnte den erschwerten Zugang zum Pflegegeld
geschlossen ab und wies auch auf zahlreiche kritische Stellungnahmen
von Sozialhilfe- und Behindertenorganisationen hin. Sozialminister
Rudolf Hundstorfer handle völlig verantwortungslos und spare am
falschen Fleck, formulierte etwa FPÖ-Abgeordneter Herbert Kickl. Vor
allem sozial schwache Familien seien stark betroffen. Abgeordnete
Judith Schwentner (G) kritisierte, der erschwerte Zugang zum
Pflegegeld habe nichts mit einer nachhaltigen Reform im Pflegebereich
zu tun, diese stehe nach wie vor aus. Abgeordnete Waltraud Dietrich
(T) kann keine sachliche Rechtfertigung für die geänderten
Zugangskriterien erkennen.
Dass nur wenige Pflegebedürftige in den Pflegestufen 1 und 2
professionelle Pflegeleistungen in Anspruch nehmen, wie
Sozialminister Hundstorfer in der Vergangenheit des öfteren
hervorgehoben hat, ist für Schwentner nicht verwunderlich. Sie führt
das darauf zurück, dass mit dem zur Verfügung gestellten Betrag keine
professionelle Hilfe leistbar sei. Schließlich stünden umgerechnet
nur 2,3 € pro Stunde zur Verfügung, rechnete sie vor. Schwentners
Fraktionskollegin Helene Jarmer äußerte die Befürchtung, dass vor
allem Menschen mit Behinderung vom verschärften Zugang zum Pflegegeld
betroffen sein und viel an Lebensqualität verlieren werden.
Seitens der NEOS zeigte Abgeordneter Gerald Loacker zwar ein gewisses
Verständnis für die vorliegende Gesetzesnovelle. Seiner Ansicht nach
verwendet das Sozialministerium aber "ein Heftpflaster", statt eine
nachhaltige Lösung für die Pflegefinanzierung vorzulegen. Es gebe
auch keine validen Zahlen, wie viel Geld in Zukunft für den
Pflegebereich tatsächlich benötigt werde, kritisierte er. Loacker
machte überdies darauf aufmerksam, dass die Verstörung bei den
Hilfsorganisationen groß sei, die NEOS hätten zu kaum einem Gesetz so
viele Stellungnahmen erhalten wie zum vorliegenden.
SPÖ: Für behinderte Menschen wird sich nichts ändern
Uneingeschränkt hinter die Gesetzesnovelle stellte sich hingegen ÖVP-
Sozialsprecher August Wöginger. Er begrüße das Gesetz in jeder
Hinsicht, sagte er. Österreich sei "Weltmeister" bei den
Pflegeleistungen, mit den neuen Zugangsregelungen würde ein gutes
System auf hohem Niveau nachhaltig gesichert.
SPÖ-Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig hielt Abgeordneter Jarmer
entgegen, dass sich für blinde Menschen oder Menschen im Rollstuhl
nichts ändern werde. Diese würden ohnehin in höhere Pflegestufen
eingestuft. Auch für demenzkranke Personen sollte ihr zufolge alles
beim Alten bleiben. Bei der Begutachtung könne man außerdem
berücksichtigen, dass Menschen mit Lernbehinderung einen erhöhten
Assistenzbedarf hätten, betonte die Abgeordnete.
Allgemein hob Königsberger-Ludwig die Bedeutung von
Präventionsmaßnahmen hervor, damit Menschen gesünder älter werden. In
Richtung FPÖ hielt sie fest, das Pflegegeld werde zur Abdeckung von
Pflegekosten gewährt, und zwar unabhängig vom Einkommen, es handle
sich nicht um eine spezielle Sozialleistung für sozial schwache
Familien.
Sozialminister Rudolf Hundstorfer schloss an die Wortmeldung von
Königsberger-Ludwig an und wies darauf hin, dass die breite Masse von
behinderten Menschen vom erschwerten Zugang zum Pflegegeld nicht
betroffen sein werde. Blinde Menschen und Menschen im Rollstuhl
würden automatisch zumindest Pflegestufe 3 erhalten, skizzierte er.
Der erschwerte Zugang zum Pflegegeld sei selbstverständlich "kein
Anlass zum Jubeln", sagte Hundstorfer, es sei aber notwendig das
Pflegesystem insgesamt finanziell abzusichern. Die öffentliche Hand
werde weiter mehr Geld für Pflegeleistungen ausgeben als heute, nur
werde es eben weniger mehr Geld sein. Den Einsparungen beim
Pflegegeld stehen ihm zufolge etwa Mehrausgaben für die 24-Stunden-
Betreuung, für pflegende Angehörige und für den Pflegefonds
gegenüber.
Zur Feststellung von Abgeordnetem Norbert Hofer (F) wonach
pflegebedürftige Menschen enorme Verluste hätten, weil das Pflegegeld
seit Jahren nicht valorisiert wird, merkte Hundstorfer an, er habe
sich seinerzeit bewusst dafür entschieden, der Einrichtung eines
Pflegefonds mit einer entsprechenden Dotierung Vorzug vor einer
regelmäßigen Valorisierung des Pflegegelds zu geben. Durch die Mittel
des Fonds würden Sachleistungen für pflegebedürftige Menschen
abgesichert, das helfe den Betroffenen mehr als eine regelmäßige
Erhöhung des Pflegegeldes und sei effizienter.
Bestritten wurde von Hundstorfer, dass es keine ausreichenden Daten
zur Frage der künftigen Pflegefinanzierung gebe. Er verwies etwa auf
den Pflegevorsorgebericht und Daten der Statistik Austria.
Ausschussmehrheit lehnt Einführung einer Pflegeversicherung ab
Mit der Regierungsvorlage mitverhandelt wurden mehrere
Oppositionsanträge. So hat das Team Stronach einen neuen Anlauf zur
Einführung einer gesetzlichen Pflegeversicherung gestartet
(636/A(E)). Nur so sei es möglich, die pflegerische Grundversorgung
in Österreich analog zur medizinischen Grundversorgung langfristig
und nachhaltig abzusichern, ist Abgeordnete Waltraud Dietrich
überzeugt.
Die anderen Fraktionen konnten der Initiatve des Team Stronach
allerdings nichts abgewinnen. So meinte Abgeordneter August Wöginger
(V), dass eine Pflegeversicherung kein geeignetes Instrument zur
Finanzierung des Pflegegelds sei. NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker
gab zu bedenken, dass durch eine Pflegeversicherung die
Lohnnebenkosten steigen würden. Abgeordnete Judith Schwentner (G) ist
überzeugt, um die Pflegefinanzierung nachhaltig abzusichern, werde
man um eine Erbschaftssteuer nicht herumkommen.
FPÖ-Antrag zur Einführung einer Pflegelehre vertagt
Vertagt wurde ein Entschließungsantrag der FPÖ betreffend die
Einführung eines Lehrberufs im Pflegebereich (747/A(E)). Es sei für
sie nicht vorstellbar, Jugendliche mit 15 Jahren in einen Beruf zu
schicken, der derart hohe physische und psychische Belastungen mit
sich bringe, erklärten ÖVP-Sozialsprecher Wöginger und SPÖ-
Abgeordneter Johann Hechtl unisono. Auch Grün-Abgeordnete Schwentner
äußerte sich skeptisch.
Was sich sowohl Schwentner als auch Wöginger gegebenenfalls
vorstellen können, ist eine gleichzeitige Ausbildung für Büro und
Pflege, dazu gibt es derzeit einen Modellversuch in Vorarlberg. Man
solle sich dieses Modell und diverse Schulausbildungen in den
Bundesländern einmal anschauen, sagte Wöginger. Sozialminister
Hundstorfer gab zu bedenken, dass viele PraktikerInnen eine
Pflegeausbildung ab dem 15. Lebensjahr definitiv ablehnten.
Ausdrücklich positiv zum FPÖ-Antrag äußerte sich lediglich Team-
Stronach-Abgeordnete Dietrich.
Grüne fordern bundesweit einheitliche Bestimmungen für behinderte
Menschen
Die Grünen konnten sich mit der Forderung, eine Studie zur Situation
pflegender Angehöriger in Auftrag zu geben, nicht durchsetzen
(775/A(E)). Es gebe eine ausreichende Zahl von Studien zu diesem
Bereich, machte Sozialminister Rudolf Hundstorfer geltend.
Abgeordnete Judith Schwentner machte hingegen darauf aufmerksam, dass
seit der letzten umfassenden Studie beinahe 10 Jahre vergangen seien
und sich die Rahmenbedingungen für pflegende Angehörige mittlerweile
stark geändert hätten. Auch die anderen Oppositionsparteien
unterstützten den Antrag, blieben damit aber in der Minderheit.
Ein weiterer Entschließungsantrag der Grünen (784/A(E)) wurde mit S-
V-Mehrheit vertagt. Abgeordnete Helene Jarmer fordert österreichweit
einheitliche Bestimmungen für Menschen mit Behinderung. Für sie ist
es nicht einsichtig, dass es von Bundesland zu Bundesland
unterschiedliche Regelungen gibt, etwa was den Bereich barrierefreies
Wohnen oder die Bereitstellung persönlicher Assistenz betrifft.
SPÖ-Abgeordnete Königsberger-Ludwig bedauerte gleichfalls, dass es
länderweise unterschiedliche Regelungen bei der persönlichen
Assistenz gibt. Die bestehende Strukturen ließen sich aber "nicht mit
einem Fingerschnipp ändern", sagte sie. Das Sozialministerium führe
laufend Gespräche. Sozialminister Hundstorfer und NEOS-Abgeordneter
Loacker verwiesen darauf, dass die Grünen mittlerweile in vielen
Landesregierungen sitzen und selbst einen Beitrag zu einer Änderung
der Situation leisten könnten.
Reform des Pflegegeldwesens war erfolgreich
Mit den Stimmen aller Fraktionen mit Ausnahme der FPÖ nahm der
Sozialausschuss einen ersten Erfahrungsbericht des Sozialministeriums
über die im Jahr 2012 erfolgte Übertragung sämtlicher
Pflegegeldagenden von den Ländern auf den Bund und weitere
Reformschritte im Pflegegeldbereich zur Kenntnis. Laut Bericht ist es
gelungen, die Verfahrensdauer in Pflegegeldangelegenheiten trotz der
enormen Zahl an Anträgen zuletzt auf durchschnittlich unter 60 Tage
zu reduzieren. Zudem gebe es nunmehr einheitliche
Beurteilungskriterien und erstmals auch ein bundesweit einheitliches
Datenmaterial. 2012 und 2013 wurden rund 2,5 Mrd. € für
Pflegegeldleistungen aufgewendet.
In der Debatte waren sich die Abgeordneten einig, dass die Reform des
Pflegegeldwesens ein Erfolg gewesen ist. Abgeordnete Königsberger-
Ludwig sprach etwa von einer der größten Verwaltungsreformen in den
letzten Jahren. Noch nicht erledigt ist nach Meinung von NEOS-
Abgeordnetem Loacker damit aber die notwendige Strukturreform im
Pflegebereich. FPÖ-Abgeordneter Hofer wies in diesem Zusammenhang
darauf hin, dass nach wie vor zu viele Pflegebedürftige in Akutbetten
in Spitälern betreut würden, was unnötige Kosten verursache.
Sozialminister Hundstorfer wies darauf hin, dass pro Jahr 140.000
Pflegegeld-Gutachten erstellt würden: 70.000 davon betreffen
Ersteintritte, 70.000 Höherstufungen. Dass die Steiermark einen
relativ großen Anteil an PflegegeldbezieherInnen hat, begründete er
damit, dass sie gemeinsam mit Kärnten das Bundesland mit den meisten
BewohnerInnen über 75 sei. Laut Hundstorfer wird man trotz
einheitlicher Begutachtungskriterien und Ausbildungsunterlagen
allerdings nie zur Gänze ausschließen können, dass jemand in einem
Bundesland etwa Pflegegeld der Stufe 3 erhält, während er in einem
anderen Bundesland in die Pflegestufe 4 eingestuft würde.
Der Feststellung von Abgeordnetem Hofer stimmte Hundstorfer zu, er
hielt jedoch fest, dass jede Reduktion von Akutbetten zu Protesten
vor Ort führe, oft auch seitens der FPÖ.
Zahlreiche Detailänderungen im Sozialversicherungsrecht
Zu den Änderungen im Sozialversicherungsrecht (321 d.B.) gehören
neben der pensionsrechtlichen Besserstellung von Eltern, die
behinderte Kinder pflegen, und den genannten Änderungen im BSVG und
im GSVG auch zahlreiche Adaptierungen im Bereich des
Rehabilitationsgeldes. So schlägt das Sozialministerium vor, die
Auszahlungsmodalitäten für Rehabilitationsgeld umzustellen und dieses
künftig jeweils am Monatsersten - statt alle 28 Kalendertage -
anzuweisen. Zudem werden neue Bestimmungen über ein Ruhendstellen des
Rehabilitationsgeldes bei wiederholten Verletzungen der
Mitwirkungspflichten eingeführt, die Entziehungsbestimmungen
adaptiert, die Regelungen für ein Zusammentreffen von
Rehabilitationsgeld und Entgeltfortzahlung präzisiert, Klarstellungen
im Bereich der Meldepflichten vorgenommen und die Berechnung des
Rehabilitationsgeldes mit der Berechnung des erhöhten Krankengeldes
harmonisiert.
Was die Pflege von behinderten Kindern betrifft, können Eltern
künftig einer beschränkten Erwerbstätigkeit nachgehen, ohne die
Möglichkeit zur Selbstversicherung in der Pensionsversicherung zu
verlieren. Es muss lediglich eine überwiegende Beanspruchung der
Arbeitskraft des pflegenden Elternteils vorliegen. Zudem werden die
Pflegejahre künftig besser bei der Pension berücksichtigt, die
Beitragsgrundlage steigt von derzeit monatlich 1.105 € bis zum Jahr
2019 schrittweise auf 1.650 € an. Das entspricht der geltenden
Beitragsgrundlage für die Selbstversicherung bei der Pflege naher
Angehöriger. Wie bisher werden die Versicherungsbeiträge für Eltern,
die behinderte Kinder pflegen, zu zwei Dritteln vom Ausgleichsfonds
für Familienbeihilfen und zu einem Drittel vom Bund übernommen. Das
Sozialministerium rechnet damit, dass rund 3.500 Mütter und Väter von
dieser Maßnahme profitieren werden.
Im Bauern-Sozialversicherungsgesetz werden neue gesetzliche Kriterien
verankert, was die Beurteilung der Frage betrifft, inwieweit Kinder
von HofinhaberInnen im Betrieb hauptberuflich beschäftigt und damit
eigenständig versichert sind. Dabei wird ausdrücklich normiert, dass
im Falle eines Schulbesuchs, einer Berufsausbildung oder eines
Studiums eine hauptberufliche Beschäftigung grundsätzlich
ausgeschlossen ist, außer das Kind absolviert im elterlichen Betrieb
eine Lehre oder eine Praxis. Auch ein begünstigter Nachkauf
derartiger Versicherungszeiten ist ab 2015 nicht mehr möglich, es sei
denn, es wird nachgewiesen, dass während des seinerzeitigen
Schulbesuchs bzw. Studiums eine persönliche Mitarbeit zur
Aufrechterhaltung des Betriebs aufgrund außergewöhnlicher Umstände
unerlässlich war.
Weiters wird der zur Selbstversicherung in der Unfallversicherung
berechtigte Personenkreis um die im landwirtschaftlichen Betrieb
mitarbeitende Lebensgefährtin bzw. den mitarbeitenden Lebensgefährten
erweitert. Mitarbeitende Schwiegereltern bleiben nach einer
Hofübergabe pflichtversichert, auch wenn die Ehe, etwa durch Tod
ihres Kindes, aufgelöst wird.
GSVG-Versicherte können vorläufige Beitragszahlungen freiwillig
erhöhen
Im Bereich des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (GSVG) werden
Selbständige im Falle einer Notlage auch weiterhin Zuschüsse zu
Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträgen beantragen können. Die
diesbezügliche Überbrückungshilfe wird gemäß einem zur
Regierungsvorlage eingebrachten S-V-Abänderungsantrag in Zukunft aber
nicht mehr aus dem nun doch mit Jahresende auslaufenden
Überbrückungshilfefonds sondern aus dem Unterstützungsfonds der
Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft gezahlt. Übrig
gebliebene Mittel sollen übertragen werden. Ursprünglich war eine
Verlängerung des Überbrückungshilfefonds bis 2017 vorgesehen gewesen,
da er noch über genügend Mittel verfügt.
GSVG-Versicherte erhalten überdies die Möglichkeit, vorab höhere
Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen, wenn absehbar ist, dass sie im
laufenden Kalenderjahr deutlich höhere Einkünfte erzielen werden.
Damit können sie hohe Beitragsnachzahlungen vermeiden. Zudem wird es
ihnen in Hinkunft ermöglicht, die quartalsweise vorgeschriebenen
Sozialversicherungsbeiträge auf drei monatliche Teilbeträge
aufzuteilen.
Abänderungsantrag bringt zusätzlichen Anreiz für längeres Arbeiten
Mit dem heute vorgelegten Abänderungsantrag werden außerdem die
Bestimmungen im ASVG über die besondere Höherversicherung für
erwerbstätige PensionsbezieherInnen adaptiert. Um einen zusätzlichen
Anreiz für ältere Personen zu schaffen, nach der Erreichung des
Regelpensionsalters weiter in Beschäftigung zu bleiben, werden auch
die auf den Dienstgeber entfallenden Beitragsteile künftig bei der
Bemessungsgrundlage berücksichtigt. Außerdem wurde ein Anliegen der
Grünen aufgegriffen: Jene Bestimmungen im ASVG, die im Falle eines
längeren Auslandsaufenthalts unter bestimmten Umständen ein Ruhen von
Pensionsleistungen und Dauerrenten aus der Unfallversicherung
vorsehen, werden ersatzlos gestrichen.
Bei Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen bestimmte
Barauslagen, etwa für Gutachten zur Feststellung von
Nachtschwerarbeit oder zur Feststellung der gesundheitlichen
Beeinträchtigung von pflegebedürftigen Angehörigen im Zusammenhang
mit einer Selbstversicherung der Pflegeperson, nicht von der
Beschwerde führenden Person getragen werden.
Breite Zustimmung zur Gesetzesnovelle
Positiv zur vorliegenden Gesetzesnovelle äußerten sich unter anderem
die Abgeordneten Michael Hammer (V), Markus Vogl (S), Gerald Loacker
(N) und Judith Schwentner (G). Loacker bemängelte allerdings, dass es
im Bereich des Rehabilitationsgeldes nach wie vor eine
Kompetenzzersplitterung gebe, und sprach sich dafür aus, die
Verantwortung zu bündeln.
Dass die Grünen dem Paket trotz etlicher positiver Punkte insgesamt
nicht zustimmen, begründete Abgeordnete Judith Schwentner damit, dass
es künftig leichter möglich sein werde, Rehabilitationsgeld zu
streichen. Sie bedauerte außerdem die lange Übergangsfrist bei der
pensionsrechtlichen Besserstellung von Eltern, die behinderte Kinder
pflegen. Sie hätte sich mehr Tempo gewünscht, auch was die
rückwirkende Selbstversicherung betrifft, sagte sie.
Bei der Abstimmung wurde das Sozialversicherungs-Anpassungsgesetz von
SPÖ, ÖVP, Team Stronach und NEOS angenommen. Dem S-V-
Abänderungsantrag stimmten auch die Grünen zu. Mit dem Beschluss sind
auch ein Antrag der Grünen betreffend das Ruhen von Pensionen und
Unfallrenten bei einem längeren Auslandsaufenthalt (604/A) sowie ein
Entschließungsantrag der Grünen zur pensionsrechtlichen
Gleichstellung von Eltern, die behinderte Kinder pflegen, mit anderen
Gruppen von pflegenden Angehörigen (536/A(E)) miterledigt. Ein
Entschließungsantrag der FPÖ zu dieser Materie (743/A(E)) fand keine
Mehrheit. FPÖ-Abgeordnetem Norbert Hofer ging es vor allem um die
Beseitigung von Unterschieden bei der Rückwirkung der
Selbstversicherung.
Grüne üben Kritik an Partnerbeitrag zur Krankenversicherung
An den Gesundheitsausschuss weitergeleitet werden soll ein Antrag der
Grünen (773/A) zum Bereich der Krankenversicherung. Für Abgeordnete
Judith Schwentner ist es nicht einsichtig, dass für eine
mitversicherte Partnerin bzw. einen mitversicherten Partner ein
Zusatzbeitrag eingehoben wird, wenn keine Kinder zu betreuen sind.
Besonders ungerecht wirkt sich diese im ASVG und in den anderen
Sozialversicherungsgesetzen verankerte Bestimmung ihrer Meinung nach
bei PensionistInnen aus, die in der Regel keine Kinder zu betreuen
hätten und denen gleichzeitig auch die Möglichkeit verwehrt sei,
durch die Aufnahme einer eigenen Erwerbsarbeit dem Zusatzbeitrag zu
entgehen. Schwentner urgiert daher einen Entfall des Zusatzbeitrags
für Personen, die das gesetzlichen Pensionsalter erreicht haben.
Ein weiterer Antrag von Schwentner (606/A), der darauf abzielt, für
Rehabilitationsgeld eine Untergrenze in der Höhe der Ausgleichszulage
zu verankern, wurde abgelehnt. Abgeordneter Erwin Spindelberger (S)
argumentierte, dass bei der Einführung von Rehabilitationsgeld
niemand gegenüber der alten Rechtslage schlechter gestellt wurde.
Team Stronach: Freiwilligenarbeit soll für Pension anerkannt werden
Um Freiwilligenarbeit stärker zu würdigen und Personalproblemen von
Hilfsorganisationen entgegenzuwirken, spricht sich das Team Stronach
dafür aus, die im Rahmen anerkannter Freiwilligenarbeit geleisteten
Zeiten in einem adäquaten Verhältnis für die Pension anzurechnen. Ein
entsprechender Entschließungsantrag des Abgeordneten Rouven
Ertlschweiger (644/A(E)) fand heute allerdings nur seitens der FPÖ
Zustimmung.
ÖVP-Sozialsprecher Wöginger machte geltend, dass der Freiwilligenrat
bereits vor ein paar Jahren nach einer ausführlichen Diskussion von
der vom Team Stronach erhobenen Forderung Abstand genommen habe, weil
eine Abgrenzung schwierig wäre und nur zu Unmut bei Vereinen führen
würde, die sich ungleich behandelt fühlen. Freiwilligenarbeit solle
freiwillig bleiben, meinte er. Wöginger und SPÖ-Abgeordneter Vogl
verwiesen überdies darauf, dass man während des Freiwilligen Sozialen
Jahres auch pensionsversichert sei.
NEOS für mehr JugendvertreterInnen in der Pensionskommission
Schließlich vertagte der Sozialausschuss einen Antrag der NEOS
(361/A), der darauf abzielt, mehr JugendvertreterInnen in die
Kommission zur langfristigen Pensionssicherung zu entsenden.
Abgeordneter Nikolaus Scherak kritisiert, dass in der Kommission zwar
drei SeniorenvertreterInnen, aber nur ein Jugendvertreter sitzen.
Über die Zusammensetzung der Pensionssicherungskommission würden
gerade Verhandlungen geführt, begründete SPÖ-Abgeordneter Vogl die
Vertagung.
Allgemein Kritik an der Kommission übte FPÖ-Abgeordneter Werner
Neubauer. Diese nehme ihre Aufgabe nicht wahr und führe keine
sachorientierten Diskussionen, beklagte er. Vielmehr stünden endlos
lange ideologische Debatten im Vordergrund. Sozialminister
Hundstorfer hielt in Richtung Abgeordnetem Loacker fest, ein
Pensionsmonitoring finde ohnehin statt, auch ohne gesetzliche
Grundlage. (Fortsetzung Sozialausschuss) gs
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