- 19.11.2014, 08:46:45
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Auf Unrecht errichtet - Truppenübungsplatz Allentsteig
Aufrüttelndes Buch einer 87jährigen über NS-Zwangsaussiedlung von 7000 Waldviertlern von der das Bundesheer bis heute profitiert.
Utl.: Aufrüttelndes Buch einer 87jährigen über NS-Zwangsaussiedlung
von 7000
Waldviertlern von der das Bundesheer bis heute profitiert. =
Wien, Döllersheim (OTS) - "Jetzt sehen wir die Apfelbäume blühen aber
ihre Früchte werden wir nicht mehr genießen können", das sagte der
Schullehrer von Döllersheim, Waldviertel, 1938 und rang dabei um
Fassung. Damals wurden 42 Dörfer geräumt und 7000 Menschen
vertrieben, um Hitlers Truppenübungsplatz Allentsteig (damals noch
"Truppenübungsplatz Döllersheim") Platz zu machen. Auch dessen
Großmutter Anna Maria Schickelgruber und sein Vater Alois stammen von
hier. Bis heute wird Allentsteig nicht nur vom österr. Bundesheer,
sondern auch von anderen Heeren der EU genutzt, die auf dem
überdimensionierten Gelände von Hitlers Gnaden Krieg spielen - ohne
an Restitution zu denken.
Sich das Trauma von der Seele schreiben
Für die bäuerliche Bevölkerung des Waldviertels war das ein Schock:
"Es ist ein Unterschied, ob man freiwillig von daheim weggeht oder ob
man vertrieben wird", schreibt die Waldviertler Bäuerin Maria
Geisberger in jenen Erinnerungen, die 50 Jahre danach aus ihr
herausdrängten und die sie handschriftlich festhielt. Sie hat ein
Geheimbuch über die traumatisierenden Erlebnisse ihres 11jährigen
Ichs geschrieben, nicht einmal ihre Familie wusste von den
Aufzeichnungen. Nun konnte die Schriftstellerin Ilse Krumpöck sie für
eine gemeinsame Veröffentlichung in der Edition Innsalz gewinnen.
Unrecht ohne Anklage
So ist das aufwühlende Buch "Das Nordlicht von Döllersheim"
entstanden, das empörende Fakten rund um die Zwangsaussiedlung zutage
bringt und gespickt
ist mit dem eindringlichen, anklagefreien Gedächtnisprotokoll der
Bäuerin Maria Geisberger. Über den Tag der Umsiedlung schreibt sie:
"Meine Mutter hat in diesen Tagen viel geweint. Besonders, als es ans
Zusammenpacken ging. In "Gotts Nam" sind wir weggezogen und wieder in
"Gotts Nam" haben wir in der neuen Heimat angefangen." Die in ihr
Schicksal ergebenen Waldviertler
erhielten einen knappen Betrag zum Erwerb eines neuen Hofes. Viele
blieben im Waldviertel. Einige bezogen arisierte Häuser, die nach dem
Krieg wieder restituiert wurden, sodass den Vertriebenen am Ende gar
nichts mehr blieb.
Entschädigungen nur für Kirche und Landesterritorien
Im Juli 1957 stellte eine Historikerkommission im Auftrag der
Österreichischen Bundesregierung fest, dass "Enteignungen zu
militärischen Zwecken keine typisch nationalsozialistische Erwerbsart
darstellen und daher auch nicht als Entziehung gewertet werden". Alle
650 privaten Rückstellungsanträge wurden negativ beantwortet, nur der
Stipendienstiftung Windhag (wird vom LH von NÖ verwaltet) und dem
Stift Zwettl wurden Ablösen bezahlt und Gebiete restituiert. "Diese
Ungleichbehandlung ist völkerrechtswidrig. Ich möchte mit meinem
Buch dazu beitragen, dass die Republik dieses schreiende Unrecht an
den Nachfahren wieder gutmacht" sagt Ilse Krumpöck.
Offene Wunde im Waldviertel
Bis heute ist der "TÜPL", wie der Truppenübungsplatz Allentsteig bei
den Soldaten heißt, eine offene Wunde im tourismusarmen Waldviertel:
Angrenzende Dörfer leiden unter der Abwanderung, verlieren ihre
Infrastruktur und verwaisen. Dazu tragen nicht zuletzt die wenig
einladenden Warnschilder rund um das militärisch abgeriegelte Gebiet
und der ständige Gefechtslärm bei.
Bis jetzt denkt die Republik nicht daran, für den Schaden der
Zwangsaussiedlerfamilien aufzukommen.
"Das Nordlicht von Döllersheim", Ilse Krumpöck, Edition Innsalz, 312
Seiten, Gebunden, EUR 20.-, www.edition-innsalz.at
Video: https://www.youtube.com/watch?v=nSJXaYcxxv0
Presse-Fotos: http://edition-innsalz.at/fuer-presse/
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