• 18.11.2014, 12:33:59
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Industrie: Brauchen eine Bildungsrevolution - Neues Schulkonzept der IV

IV-Präsident Kapsch: Brauchen innere Differenzierung, hohe Autonomie, Vorgabe des Kompetenzniveaus und hohe Qualität des Lehrpersonals - Bildungsziele als Ankerpunkt

Utl.: IV-Präsident Kapsch: Brauchen innere Differenzierung, hohe
Autonomie, Vorgabe des Kompetenzniveaus und hohe Qualität des
Lehrpersonals - Bildungsziele als Ankerpunkt =

Wien (OTS/PdI) - "Bildung hat einen zentralen Stellenwert für
Gesellschaft und Wirtschaft. Bildung ist die wesentliche Grundlage
für eine erfolgreiche individuelle, gesellschaftliche und
wirtschaftliche Zukunft", so der Präsident der
Industriellenvereinigung (IV), Mag. Georg Kapsch, anlässlich der
Präsentation des IV-Bildungskonzepts heute, Dienstag, in Wien. "Unser
Bildungssystem muss Maß an der Zukunft nehmen, deshalb braucht es
einen grundlegenden Neustart. Das sind wir den jungen Menschen, den
Eltern, den Pädagoginnen und Pädagogen sowie der Zukunft der Menschen
in unserem Land schuldig", so Kapsch. "Wir haben den Punkt, wo man
noch etwas mit Reformen hätte erreichen können, bereits vor
Jahrzehnten überschritten", so Kapsch weiter: "Wir brauchen daher
keine Reformen sondern eine Bildungs-Revolution." Immerhin sei die
letzte große Bildungs-Revolution in Österreich vor 250 Jahren unter
Maria Theresia passiert. "Wir müssen Bildung von Grund auf neu
denken. Das Ziel sind bessere Chancen für jedes Kind", so Kapsch. Das
derzeitige System ermögliche das "reine Absitzen" der
Pflichtschuljahre, was nicht das Ziel sein könne, betonte auch
IV-Generalsekretär Mag. Christoph Neumayer die Notwendigkeit
grundlegender Schritte. Dies gelte auch für die Politik, denn "wir
haben noch immer die Parteipolitik in den Schulen. Wir müssen raus
aus den ideologischen Schützengräben und hin zu einer sachlichen
Diskussion über Bildung. Wir brauchen mehr Spitze und mehr Breite."

Derzeit teures und ineffizientes System

Derzeit leiste sich Österreich eines der teuersten Bildungssysteme
der Welt und liefere dennoch nur mittelmäßige Bildungsqualität:
Während Österreich für sein Bildungswesen pro Kopf 9.131 Euro
ausgebe, seien es im OECD-Durchschnitt 6.476 Euro, im EU-Durchschnitt
6.077 Euro. "Jeder fünfte 15-Jährige kann nicht sinnerfassend lesen
und jedes Jahr verlassen Tausende die Schule ohne
Pflichtschulabschluss - 2013 gab es 53.000 Personen zwischen 18 und
24 mit Pflichtschulabschluss oder weniger. Das muss sich ändern", so
Neumayer. Dies sei sowohl gesellschafts- wie auch
wirtschaftspolitische Notwendigkeit, so Kapsch: "Zum einen trägt
Bildung zur Persönlichkeitsbildung und Sinnfindung bei. Auf der
anderen Seite sind Bildung und Wissen zentrale Erfolgsfaktoren der
Wirtschaft und Industrie, auf deren Grundlage Innovationen
entstehen."

Bildung neu denken, Schule besser leben

Aufgrund dessen habe die IV ein Modell für eine neue Schule
entwickelt. "Die Basis unseres Modells sind unter anderem
international erfolgreiche Beispiele wie Niederlande, Finnland oder
Polen. Diese erfolgreichen Systeme kombinieren eine gemeinsame Schule
mit innerer Differenzierung, hoher Autonomie, Vorgabe von
Kompetenzniveaus und einer hohen Qualität des Lehrpersonals", betonte
Kapsch. Die IV trete daher für eine "nach innen differenzierte
gemeinsame Schule vom ersten Schultag bis zur 'mittleren Reife' ein",
so der IV-Präsident. Diese neue Schule solle alle bisherigen
Schulformen und -typen in der Primar- und Sekundarstufe I sowie die
polytechnische Schule ablösen. Eines sei damit jedoch auch klar: Die
IV wolle kein bloßes Zusammenführen von HS, NMS und AHS zu einer
gemeinsamen Schule ohne an den Grundfesten des Systems etwas zu
ändern; kein bloßes Auswechseln von Türschildern ohne Verbesserung
der Bildungsqualität; keine Nivellierung der Bildungsqualität nach
unten. Qualitativ hochwertige Elementarpädagogik sei die
Voraussetzung für ein funktionierendes Pflichtschulwesen. Es gehe
erstens um Bildungsziele, zweitens Strukturen und drittens das
Dienstrecht.

"Das Ziel ist es, die inadäquaten Brüche des aktuellen Systems,
einmal zwischen der Elementarpädagogik und der Volksschule und
zweitens zwischen der vierten und fünften Schulstufe, zu vermeiden",
so Kapsch. Die neue Schule solle zudem modernen Lebens- und
Arbeitswelten gerecht werden, wie Kapsch ausführte, allerdings ohne -
Stichwort Ganztagsschule - den Menschen die Wahlfreiheit zu nehmen:
"Es muss nicht alles in der Schule stattfinden, aber es muss alles in
der Schule stattfinden können." Zentral sei die Umstellung von der
Schulpflicht auf eine "Bildungspflicht". Das IV-Modell sei so
angelegt, dass alle aktuellen Strukturen mit entsprechenden
Übergangsfristen im neuen Modell aufgehen könnten, so Kapsch.

Die wichtigsten Kennzeichen der neuen Schule:

- Neustrukturierung der bisherigen neun Pflichtschuljahre in drei
neue Schulphasen, die jeweils zwei bis drei Jahre dauern und
unterschiedliche Schwerpunkte setzen.
- Verschränkter, gemeinsamer Ganztagsunterricht: Aufteilung des
Schultages in eine Kernzeit (8:30 bis 15:30 Uhr) und Erweiterungszeit
(optional von 7:00 bis 19:00 Uhr).
- Individualisierter Unterricht, der Stärken und Talente fördert und
auf Methodenvielfalt setzt.
- Die bisherige Unterrichtspflicht wird durch eine "Bildungspflicht"
ersetzt, die sich an klar definierten Bildungszielen orientiert.
- Die Bildungspflicht beginnt mit vier Jahren (2. verpflichtendes
Kindergartenjahr) und endet mit dem erfolgreichen Abschluss der
mittleren Reifeprüfung, die am Ende des achten Schuljahres
stattfindet. Sie kann nach individuellem Bedarf und Lernerfolg auch
kürzer oder länger andauern, längstens jedoch bis zum Alter von 18
Jahren.
- Im Anschluss wählen die Schülerinnen und Schüler, welche die
mittlere Reifeprüfung positiv absolviert haben, eines der
weiterführenden Bildungsangebote: berufsbildende höhere und mittlere
Schulen, duale Berufsausbildung, AHS- Oberstufe. Zukünftig starten
jene Jugendliche, die sich für eine duale Berufsausbildung
entscheiden, mit einem vollschulischen Berufsschuljahr in diesen
Bildungsweg.
- Hohe Autonomie der Schule mit Rechten und Pflichten in
pädagogischen, finanziellen und personellen Belangen.
- Öffentlich finanziertes Schulwesens durch ein neues
"Schulträgerschaftsmodell": Es löst die bisherige Systematik von
öffentlichen und privaten Schulen (inkl. Sprengel als abgegrenztes
Einzugsgebiet) auf und ist in eine schlanke Schulverwaltungsstruktur
eingebettet.

Insgesamt fokussiere das IV-Modell auf eine deutliche Verbesserung
der Qualität im Bereich der heutigen Pflichtschulzeit, so Kapsch
weiter: "Wir konzentrieren uns auf jene Schulphase, die derzeit
'Pflichtschule' heißt. Und wir wollen mit unserem Modell erreichen,
dass die Bildungsergebnisse dieser Grundschulzeit deutlich wachsen.
Wir setzen uns für mehr Bildungsqualität am Ende dieser Phase und für
bessere Chancen für jedes einzelne Kind ein." Es gehe der IV in
diesem Sinne nicht darum, darüber zu sprechen "etwas abzuschaffen,
sondern wir wollen Schule von Grund auf neu bauen."

Orientierung an Erfolgsfaktoren

Die IV hat sieben Bildungsziele konzipiert, an denen sich das
Bildungswesen in Österreich orientieren solle. Es gehe um
Schlüsselkompetenzen, "von denen wir meinen, dass sie die
Gesellschaft und der Arbeitsmarkt von morgen brauchen. Unter
'Schlüsselkompetenzen' sind jene Kompetenzen zu verstehen, die
Menschen für persönliche Entfaltung und erfolgreiche Beschäftigung,
aber auch für soziale Integration, Bürgersinn und zur Bewältigung
gesellschaftlicher Herausforderungen benötigen", erklärte Neumayer.
Neben Grundkompetenzen in den Kulturtechniken gehe es dabei um den
Erwerb von Allgemeinbildung in möglichst allen Lebensbereichen, um
Sozial- und Wertebildung, mehr wirtschaftliches Grundverständnis,
naturwissenschaftlich-technische Kompetenzen, Kooperationsfähigkeit
sowie Selbstvertrauen und Handlungskompetenz.

Basis der neuen IV-Konzeption sind sechs Erfolgsfaktoren für eine
gelingende Schule. "Wir haben uns mehrere grundlegende Fragen
gestellt: Wie kann die Bildungsqualität in der Breite und in der
Spitze verbessert werden? Wie kann Chancengerechtigkeit verwirklicht
und soziale Selektion verhindert werden? Welche Faktoren sind für den
Erfolg entscheidend?", betonte der IV-Generalsekretär. Neben einer
hohen Schulautonomie gehören zu den Erfolgsfaktoren eine gelingende
Schulkultur, erfolgreiche Lehr- und Lernprozesse und die verschränkte
Ganztagsschule. "Ganz zentral sind zwei weitere Faktoren: Wir
brauchen die besten Pädagoginnen und Pädagogen, und: wir brauchen bei
den Schülerinnen und Schülern mehr Spitze und mehr Breite. Daher
müssen wir Begabte fördern und die soziale Selektion verringern. Dazu
brauchen wir eine grundlegend neue Schule."

Downloads: www.iv-net.at/b3487

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