Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen ist falscher Ansatz
Utl.: Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen ist falscher Ansatz =
Wien (OTS/ÖGB) - Wenig Verständnis hat die ÖGB-Vizepräsidentin und
Bundesfrauenvorsitzende, Renate Anderl, für den Vorstoß von
AMS-Vorstand Johannes Kopf, die Zumutbarkeitsbestimmungen für
Arbeitsuchende zu verschärfen: "Wenn ein AMS-Chef auf dem Rücken
seiner Kundinnen und Kunden eine solche Diskussion lostritt, ist das
- vorsichtig ausgedrückt - politisch und moralisch mehr als
fragwürdig", erklärt Anderl. Sie betont weiters, dass es deutlich
sinnvollere Maßnahmen gäbe, um die Rekordarbeitslosigkeit zu
bekämpfen. Etwa eine rasche Umsetzung der vom ÖGB geforderten
Lohnsteuersenkung.++++
"Selbst Herr Kopf hat in der Vergangenheit mehrfach eingeräumt, dass
die Zumutbarkeitsbestimmungen oft überbewertet werden, und dass man
sich von strengeren Regeln keine massive Senkung der Arbeitslosigkeit
erhoffen darf", erläutert Anderl. Besonders perfide findet sie, dass
Kopf vor allem bei Arbeitslosen mit Betreuungspflichten
"nachschärfen" wolle.
Für die ÖGB-Bundesfrauenvorsitzende ist das ein "Schlag ins Gesicht
derjenigen Menschen, die in der Regel die Betreuungsarbeit leisten -
also Frauen!" Anderl führt weiter aus: "Das tatsächliche Problem wird
verschleiert. Solange in Österreich - vor allem im ländlichen Raum -
keine flächendeckende ganztätige Kinderbetreuung angeboten wird, geht
sich eine Beschäftigung mit mehr als 16 Stunden kaum aus. Hier
besteht dringender Handlungsbedarf, sowohl von Seiten der Länder als
auch der Betriebe."
Kopfs Aussage, dass "Betriebe ja nur Leute anstellen die auch
wirklich wollen", sei für die ÖGB-Vizepräsidentin schlichtweg der
blanke Zynismus. "Ich finde es mehr als befremdlich, wenn ein
AMS-Chef immer wieder mit Ansagen auffällt, die sich grundsätzlich
gegen jene richten, denen er eigentlich helfen soll. Seine Aufgabe
ist es einfach dafür zu sorgen, dass Arbeitsuchende gut serviciert
werden und wieder einen Job bekommen - es heißt schließlich auch
Arbeitsmarktservice. Dass er sich hier ganz besonders engagiert ist
mir allerdings noch nicht zu Ohren gekommen."
Generell kritisiert die ÖGB-Vizepräsidentin, dass gerade in Zeiten
hoher Arbeitslosigkeit immer wieder Unkenrufe laut werden, die
Arbeitsuchende als faul und unwillig hinstellen. "Kaum haben wir, was
die Arbeitslosigkeit betrifft unseren Spitzenplatz in Europa
verloren, sind plötzlich die Arbeitsuchenden selber schuld. Wo sind
die Medienberichte über diejenigen, die hunderte Bewerbungen
schreiben und nicht einmal eine Antwort bekommen? Sobald die
Arbeitslosenzahlen explodieren ist man immer schnell mit Sanktionen
für die Arbeitslosen zu Stelle. Aber wo bleibt da die Verantwortung
der Betriebe, wenn sie niemanden anstellen, der über 45 Jahre alt
ist? Außerdem fehlt es an Kaufkraft, um die Wirtschaft wieder in
Schwung zu bringen. Daher muss die vom ÖGB geforderte
Lohnsteuersenkung rasch umgesetzt werden. Das wäre ein konkreter
Beitrag zur Senkung der Arbeitslosigkeit."
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NGB