- 20.10.2014, 09:32:03
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Anthropologie entschlüsselt Ernährungsgewohnheiten römischer Gladiatoren
Wien, Bern (OTS) - Römische Gladiatoren ernährten sich überwiegend
vegetarisch und nahmen nach dem Training einen Aschetrunk als Tonikum
zu sich. Das haben anthropologische Untersuchungen an Knochen von
Kämpfern, die bei Ausgrabungen im antiken Ephesos gefunden wurden,
ergeben.
Historische Quellen berichten, dass Gladiatoren eine eigene Diät
hielten. Diese bestand aus Bohnen und Getreide. In zeitgenössischen
Berichten werden sie als "hordearii" ("Gerstenfresser") bezeichnet.
In einer Studie des Departments für Gerichtsmedizin der MedUni Wien
in Kooperation mit der Abteilung für Anthropologie des Instituts für
Rechtsmedizin der Uni Bern wurden Knochen eines im Jahr 1993
gefundenen Gladiatorenfriedhofs aus dem 2./3. Jahrhundert nach
Christus im damals römischen Ephesos (heutige Türkei) untersucht.
Ephesos war damals die Hauptstadt der römischen Provinz Asia und
hatte über 200.000 Einwohner.
Mit Hilfe von spektroskopischen Methoden wurden stabile
Isotopenverhältnisse (Kohlenstoff, Stickstoff und Schwefel) im
Kollagen der Knochen sowie das Verhältnis von Strontium zu Calcium im
Knochenmineral untersucht.
Das Ergebnis zeigt, dass sich Gladiatoren hauptsächlich pflanzlich
ernährten. Hier gab es kaum Ernährungsunterschiede zur örtlichen
"Normalbevölkerung". Am Speiseplan standen vor allem Getreidegerichte
und fleischlose Kost. Das Wort "Gerstenfresser" bezieht sich hier
darauf, dass Gladiatoren wohl Getreide von minderer Qualität
erhielten. "Man könnte annehmen, dass Gladiatoren besonders viel
Fleisch bekommen haben", sagt Sandra Lösch von der Universität Bern,
die die Isotopenanalysen gemacht hat, "aber wir haben keine
signifikanten Unterschiede zur Normalbevölkerung von Ephesos
gefunden."
Aufbautrunk nach körperlicher Anstrengung
Hoch signifikant ist der Unterschied zwischen Gladiatoren und
Normalbevölkerung bei dem gemessenen Strontium-Anteil in den Knochen.
Das lässt auf eine gesteigerte Mineralaufnahme der Gladiatoren aus
einer Strontium reichen Calciumquelle schließen. Den in der Literatur
überlieferten Aschetrunk gab es wohl wirklich. "Pflanzliche Asche
wurde offenbar zur Kräftigung nach körperlicher Anstrengung und zur
verbesserten Knochenheilung eingenommen", erklärt Studienleiter
Fabian Kanz vom Department für Gerichtsmedizin der MedUni Wien, "da
verhielt es sich ähnlich wie heutzutage die Einnahme von Magnesium
und Calcium (etwa in Form von Brausetabletten) nach körperlicher
Anstrengung." Calcium ist essentiell für den Knochenaufbau und kommt
üblicherweise vor allem in Milchprodukten vor.
Ein weiterführendes Forschungsprojekt zielt auf die Migration der
Gladiatoren ab, die oft aus unterschiedlichen Gebieten des römischen
Reiches nach Ephesos kamen. Ein Vergleich der Knochendaten der
Gladiatoren mit jenen der lokalen Tierwelt wird hier so manchen
Unterschied erkennbar machen, hoffen die Forscher.
Service: PLOS ONE
Stable Isotope and trace element studies on gladiators and
contemporary Romans from Ephesus (Turkey, 2nd and 3rd ct. AD) -
Implications for differences in diet
Sandra Lösch, Negahnaz Moghaddam, Karl Grossschmidt, Daniele U.
Risser and Fabian Kanz
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