• 26.09.2014, 10:30:31
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  • OTS0061 OTW0061

Presserat: Bezeichnung als "Polit-Furunkel" verstößt gegen Menschenwürde

Wien (OTS) - Der Senat 1 des Presserats beschäftigte sich in seiner
letzten Sitzung mit der Kolumne "Post von Jeannée", erschienen in der
"Kronen Zeitung" vom 11.05.2014. Der Senat gelangte zur Auffassung,
dass die vom Autor gewählte Bezeichnung "Polit-Furunkel" für
Politiker ein schwerwiegender Verstoß gegen den Ehrenkodex für die
österreichische Presse ist.

In der geprüften Kolumne bezeichnet der Autor den nunmehrigen
EU-Abgeordneten Eugen Freund und Bundesministerin Gabriele
Heinisch-Hosek als "Polit-Furunkel". Zudem fordert er den Rücktritt
der Ministerin und merkt an, dass "ein Furunkel weniger (...) ein
Furunkel weniger" sei.

Nach Meinung des Senats hat der Autor durch die Gleichsetzung von
Politikern mit einer eitrigen Entzündung die Persönlichkeitssphäre
der Politiker verletzt und diese diffamiert und verunglimpft.

Die Bezeichnung von Menschen als "Polit-Furunkel" missachtet deren
Menschenwürde und ist somit ein schwerwiegender Verstoß gegen den
Ehrenkodex für die österreichische Presse (siehe dessen Punkt 5).

Eine derartige drastische Äußerung kann auch mit der Presse- und
Meinungsfreiheit, die bei Kommentaren besonders weit reicht, nicht
gerechtfertigt werden, so der Senat weiter.

Laut Senat müssen sich Politikerinnen und Politiker im öffentlichen
Diskurs zwar mehr gefallen lassen als Durchschnittsbürger - nur so
ist gewährleistet, dass es zu einem lebendigen Diskurs und Austausch
von politischen Meinungen in einer Demokratie kommt. Grobe und
menschenverachtende Herabsetzungen wie im vorliegenden Fall müssen
aber auch politisch engagierte Personen nicht hinnehmen.

Die Entscheidung im Langtext finden Sie auf der Homepage des
Presserates (www.presserat.at).

SELBSTÄNDIGES VERFAHREN AUS EIGENER WAHRNEHMUNG

Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen
Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und
Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der beiden
Senate des Presserats sind weisungsfrei und unabhängig.
Im vorliegenden Fall hat der Senat 1 des Presserats auf eigene
Initiative ein Verfahren durchgeführt (selbständiges Verfahren aus
eigener Wahrnehmung). In diesem Verfahren äußert der Senat seine
Meinung, ob ein Artikel den Grundsätzen der Medienethik entspricht.
Von der Möglichkeit, an dem Verfahren teilzunehmen, hat die
Medieninhaberin der "Kronen Zeitung" nicht Gebrauch gemacht.
Bisher hat sich die Medieninhaberin der "Kronen Zeitung" der
Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats nicht unterworfen.

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | OPR

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