• 18.09.2014, 22:00:33
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TIROLER TAGESZEITUNG, Ausgabe vom 19.09.2014, Leitaritkel von Peter Nindler: "Grenzbalken im Kopf"

Innsbruck (OTS) - Untertitel: Europa ist in der Flüchtlingspolitik
fern von Italien und Österreich mit den angedachten Grenzkontrollen
wiederum fern von Europa. Abschottungspolitik darf keine Antwort auf
die humanitäre Katastrophe im Nahen Osten und Afrika sein.

Die Grenzen sollen jetzt wieder einmal dichtgemacht werden.
Österreichs politischer Reflex auf die Flüchtlingsströme aus Syrien
und Afrika ist kein neuer, vielmehr wärmen LH Erwin Pröll (VP) und
Co. Altbekanntes auf. Auch Tirols LH Günther Platter ist auf diesen
Populismuszug aufgehüpft, wenngleich er ihn als allerallerletzte
Möglichkeit bezeichnet und die Solidarität gegenüber Flüchtlingen
besonders hervorstreicht. Das ehrt Platter. Aber warum hat er nicht
einmal Mut gegenüber seinem Amtskollegen aus Niederösterreich
bewiesen, der trotz seiner jahrelangen Politik aus der Mottenkiste
sich nach wie vor als graue Eminenz in einer außerhalb
Niederösterreichs zur grauen Maus gewordenen Volkspartei feiern
lässt?
4700 illegale Flüchtlinge wurden heuer aufgegriffen, vielfach
wollten sie Tirol als Transitland in eine bessere Zukunft benützen.
Traumatisierte Kriegsflüchtlinge aus Syrien und desillusionierte
Bürger afrikanischer Staaten, die keine Zukunft in ihren
Heimatländern sehen, hoffen auf ein besseres Leben in Europa. Wer
kann es ihnen verübeln, wenn sie nach einem Strohhalm greifen? Der
Tod ist ohnehin ihr ständiger Begleiter, Lampedusa ihr Leuchtturm.
Doch Europa hat noch keine Antwort auf die humane Katastrophe und
Herausforderung gefunden, vielmehr wird Italien für seine lasche
Abschiebepolitik gerügt und gesamteuropäisch alleine gelassen.
Die Europäische Union ist in diesen Tagen fern von Italien wie auch
einige österreichische Landeshauptleute die europäische Idee für eine
neue Abschottungspolitik gegenüber den Ärmsten der Armen bereitwillig
opfern. Rom und den illegal nach Österreich Eingereisten müsste
nämlich koordiniert geholfen werden. Gerade Österreich blickt auf
eine jahrzehntelange Tradition in der Flüchtlingspolitik zurück und
hat sich einen Namen für unbürokratische und schnelle Hilfe für
Menschen in Not gemacht.
Natürlich benötigt es (rasch) eine europäische Lösung mit einer
menschengerechten Aufteilung der Unterbringungs- und Asylquoten.
Österreich könnte dabei eine humane Lokomotive für die schwerfällige
Euro-Dampflok sein. Der außereuropäische Blick und die
Entwicklungshilfe müssen ein zweiter Eckpfeiler in der
Migrationspolitik sein. Doch Europa ist auch fern von Afrika, die
Entwicklungshilfe, also die Hilfe zu Selbsthilfe vor Ort, ist ein
budgetäres Stiefkind. Leider denkt die Politik zu kurzfristig und
geht den Weg des geringsten Widerstands. Grenzkontrollen wären
deshalb gedanken- und mutlos.

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