• 12.09.2014, 09:30:31
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Steinhof: Zynische Einstellung der Psychiatrie gegenüber Menschen und Menschenrechte bis zum heutigen Tag

"Die Betreuung damals, ergab der Bericht, entsprach aber den damals üblichen Standards"

Utl.: "Die Betreuung damals, ergab der Bericht, entsprach aber den
damals üblichen Standards" =

Wien (OTS) - Es war im dritten Reich ein "üblicher Standard", Juden,
Zigeuner und Missliebige zu töten oder in entsprechenden
Einrichtungen umkommen zu lassen. Jedem Mensch mit einem Funken
Moralgefühl ist bewusst: das waren Menschenrechtsverletzungen, das
war Folter, das waren VERBRECHEN!

Kinder und Jugendliche, die noch Jahrzehnte nach der Beendigung der
Nazizeit in der Psychiatrie gefoltert und unter menschenunwürdigen
Zuständen gehalten wurden (da man hier offensichtlich nicht von
liebevoller, verantwortungsbewusster Betreuung sprechen kann, wenn
sie auch dem "damals üblichen Standards" entsprach) und die in diesen
Anstalten der österreichischen Psychiatrie verstorben sind, sind
hingegen diesen aufschlussreichen Kommentar wert:

"Die Betreuung damals, ergab der Bericht, entsprach aber den damals
üblichen Standards"

Hier wird menschenverachtend mit zweierlei Maß gemessen - bis zum
heutigen Tag.

Solange psychiatrische Gräueltaten, Folter und
Menschenrechtsverletzungen mit "entsprach aber den damals üblichen
Standards" heruntergespielt werden und nicht von Verbrechen
gesprochen wird, wie es bei der Folter und Tötung in den KZs und
psychiatrischen Anstalten der Nazizeit der Fall war,

solange Kindern, denen "immer wieder E-Schocks gegeben wurden" und
die man gezielt mit Krankheitskeimen infiziert hat, nur weil sie
aufmüpfig waren, und dies mit "damals üblichen Standards"
bagatellisiert wird, solange werden Menschen mit geistiger
Behinderung "Menschen zweiter Klasse" bleiben, und es wird ihnen die
Anerkennung ihrer Menschenrechte verweigert.

Hierin zeigt sich das wahre Gesicht der politischen und
psychiatrischen Schönrederei in Österreich.

Diese gefolterten Kinder und Jugendliche seien es auch nicht Wert,
angemessen entschädigt zu werden, weil "die Behandlung entsprach den
damals üblichen Standards".

Jüdische Mitbürger erhalten bis in die Gegenwart Vergünstigungen für
die erlittene Schmach und das Unrecht, das ihnen angetan wurde.

Die Bürgerkommission für Menschenrechte fordert:

Eine überkommissionelle Untersuchung über die Art und Weise der
Betreuung in allen Anstalten und Einrichtungen in Wien und Umgebung,
in denen Kinder und Jugendliche in der Nachkriegszeit psychiatrisch
betreut wurden.

Eine uneingeschränkte Veröffentlichung dieser Untersuchungen
(Hoff-Klinik, Rosenhügel, Gugging und weitere).

Eine vollständige Veröffentlichung aller damals am Steinhof betreuten
Kinder und ihren Werdegang, ob und wie sie gestorben sind. Dies soll
durchaus anonym erfolgen, wirft aber einen genauen Blick auf die
Behandlung, die den "üblichen psychiatrischen Standards" entsprach.

Eine vollständige Veröffentlichung aller damals tätigen und
verantwortlichen Ärzte in diesem Zusammenhang, um dem Hofieren, wie
es bei Heinrich Gross der Fall war, vorzubeugen. Diese Ärzte waren
damals öffentlich tätig, daher können diese Informationen nicht dem
Datenschutz unterliegen.

Die öffentliche Anerkennung, dass die "damals üblichen Standards"
der Psychiatrie nichts anderes als in Wahrheit Folter und daher
Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen waren.

Eine adäquate Wiedergutmachung an die Überlebenden der
psychiatrischen Folter und ebenso an die noch lebenden unmittelbaren
Verwandten der verstorbenen Kinder, und zwar exakt nach dem Vorbild
des Wiedergutmachungssystems an jüdische Mitbürger.

Die Errichtung eines Dokumentations- und Gedenkzentrums für alle in
den psychiatrischen Institutionen der damaligen Zeit nach den "damals
üblichen Standards der Betreuung" gefolterten Kinder, Jugendlichen
und Erwachsenen, um die Gräueltaten der Psychiatrie in Wien während
und vor allem nach der Nazizeit angemessen zu dokumentieren.

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