Offener Brief des ältesten österreichischen Privatsenders zum Austritt aus dem VÖP
Utl.: Offener Brief des ältesten österreichischen Privatsenders zum
Austritt aus dem VÖP =
Wien (OTS) - Offener Brief
Empfänger: Verband Österreichischer Privatsender (VÖP)
Absender: ATV Privat TV GmbH & Co KG
Betreff: Beendigung der VÖP-Mitgliedschaft der ATV Privat TV GmbH &
Co KG mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund
Sehr geehrter Herr Vorsitzender Dr. Schweighofer!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Die ATV Privat TV GmbH & Co KG erklärt hiermit die Beendigung der
Mitgliedschaft im Verband Österreichischer Privatsender mit
sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund.
Wir bedauern sehr, diesen Schritt setzen zu müssen, erachten es aber
als notwendig und konsequent, da aus unserer Sicht längst keine
Arbeit mehr im Sinne des Vereinszwecks erfolgt. Zudem wurden
gravierende Missstände und Unvereinbarkeiten trotz massiver Urgenz
unsererseits nicht beseitigt.
Als Österreichs ältester Privatsender haben wir uns lange dafür
eingesetzt, dass der Verein als starke Interessenvertretung für das
österreichische Privatfernsehen kämpft und als relevanter Player in
der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.
Doch trotz wiederholtem Aufzeigen gravierender Missstände und
massiver Urgenzen war der Verband nicht bereit, seinen derzeit
eingeschlagenen Weg zu korrigieren.
Die Entscheidung für diesen Schritt ergibt sich, weil seitens des VÖP
die Interessen in keiner Weise mehr entsprechend des Vereinszwecks
wahrgenommen werden.
Im Einzelnen:
Zweck des VÖP ist nach dessen Statuten in § 2 insbesondere
* die wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder zu fördern und
die Mitglieder in allen mit dem Rundfunkbetrieb zusammenhängenden
Fragen zu unterstützen;
* die Interessen der Privatrundfunk- und Vermarktungsunternehmen
gegenüber den Behörden, den gesetzgebenden Körperschaften, dem
Österreichischen Rundfunk und allgemein in der Öffentlichkeit zu
vertreten;
* insbesondere auch die wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder
im Wettbewerb mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu fördern.
Als Mittel zur Erreichung dieses Zwecks sieht § 3 insbesondere vor:
* Vorsprachen bei Behörden, gesetzgebenden Körperschaften und
Interessenvertretungen;
* Ausarbeitung von Stellungnahmen und Gutachten zu Gesetzen,
Verordnungen und sonstigen behördlichen Maßnahmen
Seit geraumer Zeit wird dieser Vereinszweck in wesentlichen Punkten
nicht mehr erfüllt, da der VÖP offenkundig ausschließlich die
Interessen der Sendergruppe Pro7 Austria / Puls 4 / Sat1 Österreich
wahrnimmt.
Geäußert hat sich diese einseitige Haltung des VÖP gegenüber seinen
Mitgliedern insbesondere hinsichtlich der Forderung nach einer
gesetzlichen plattformunabhängigen Must-Carry-Regelung. Ein
Tätigwerden für eine Gesetzesnovelle, die sämtlichen privaten
Rundfunkveranstaltern zugutegekommen wäre und damit dem Vereinszweck
entsprochen hätte, wurde vom VÖP unter anderem auf Drängen der
erwähnten Sendergruppe nicht weiter verfolgt. Durch diese ablehnende
Haltung des VÖP mussten wir selbstständig, sohin nicht unterstützt
durch die Interessenvertretung, bei der Politik vorstellig werden, um
diese - für alle Privatsender sinnvolle - Maßnahme vorzuschlagen.
Genau dies wäre aber Aufgabe des VÖP gewesen. Die Mitgliedschaft in
einer Vereinigung, die die Interessen ihrer Mitglieder aber
offensichtlich ignoriert, ist nicht mehr weiter tragbar.
Während der Vorschlag, dass der VÖP für eine Gesetzesnovelle in
Sachen plattformunabhängiges Must-Carry aktiv werden sollte, vom
Vorstand abgelehnt wurde, werden Themen, die ausschließlich die
Sendergruppe Pro7 Austria / Puls 4 / Sat1 Österreich betreffen,
regelmäßig eingehend und ausführlich behandelt. Statt sich darauf zu
konzentrieren seine Mitglieder zu fördern und zu unterstützen, hat
sich die Arbeit des Vereins nunmehr auf mediale Auseinandersetzungen
mit dem ORF reduziert.
So wurde beispielsweise der letzte VÖP/RTR-KommAustria-Jour-Fixe für
die Puls 4-Beschwerde bei der KommAustria missbraucht, die sich gegen
den Erwerb der UEFA Champions League-Rechte durch den ORF richtet.
Die im Zusammenhang mit der oben erwähnten Sendergruppe tendenziöse
Haltung bzw. das entsprechende Verhalten des VÖP äußert sich auch in
dessen Personalpolitik. So kann es nicht angehen, dass ein
Mitarbeiter, teilweise auch als Karenzvertretung in einer führenden
Position, Gutachten für die oben erwähnte Sendergruppe erstellt.
Ebenso ist der anwaltliche Vertreter des VÖP für TV Belange zugleich
deren Vertreter, sohin (nur!) einer Mitgliedergruppe, was ebenso
einen Interessenkonflikt darstellt und die ungleiche Behandlung der
Mitglieder durch den VÖP untermauert.
Wir haben diese Missstände mehrmals mit Nachdruck artikuliert und die
Verbandsführung aufgefordert, diese zu beheben. Leider ist man diesen
Aufforderungen bis heute nicht nachgekommen.
Diskriminierendes beharrliches Verhalten eines Vereins, seiner
Organwalter oder Vereinsvorstände, die es einem Mitglied unzumutbar
machen, dem Verein länger anzugehören, stellen einen wichtigen
Austrittsgrund dar. Gleiches gilt für eine allgemeine Entwicklung des
Vereins, die es einem Mitglied unzumutbar macht, weiterhin Mitglied
zu bleiben.
Diese Umstände liegen aus unserer Sicht in concreto vor und eine
Änderung der Umstände ist derzeit auch nicht zu erwarten.
Abschließend möchten wir festhalten, dass wir diesen Schritt bewusst
setzen um auch weiterhin für ein starkes österreichisches
Privatfernsehen arbeiten zu können. Wir wollen dabei aber nicht von
einem Verein vertreten sein, der dieses Interesse nicht teilt.
Wir ersuchen um Kenntnisnahme und verbleiben
Mit besten Grüßen
Martin Gastinger
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