• 30.05.2014, 16:57:29
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OÖNachrichten-Leitartikel: "Die Steuerzahler bluten, die Sparer bluten", von Gerald Mandlbauer

Ausgabe vom 31. Mai 2014

Utl.: Ausgabe vom 31. Mai 2014 =

Linz (OTS) - Die Anhänger eines etwas einfacheren Weltbildes haben
sich ihre Lösung schon zurecht gezimmert. Um "die unten" steuerlich
zu entlasten, müssten nur "die oben" mehr belastet werden. Es ginge
also um reine Umverteilung, um eine Verschiebung der Lasten, um Plus
und Minus, ein einfaches Rechenspiel.
Dahin soll in den kommenden Monaten die Kampagne laufen - und wie der
Begriff es zum Ausdruck bringt, soll es auf einen Feldzug
hinausgehen. Mittelstand gegen Reiche, Lohn- und
Einkommensteuerpflichtige gegen Vermögende, Mobilisierungskraft der
Masse gegen das eine Prozent der Großverdiener.
Nun ließe sich dagegen auf den ersten Blick wenig einwenden. Vermögen
führt in Österreich tatsächlich dazu, dass weiteres Vermögen rasch
nachwächst. Eine höhere Besteuerung ist vertretbar. Gerecht ist es
obendrein, wenn die Superreichen einen zusätzlichen Beitrag zur
Lösung der Finanzmisere leisten. Dumm nur, dass die Sache mit dieser
isolierten Einzelmaßnahme gar nicht gelöst ist.
Der heimische Staat ist, wie wir nicht müde werden, an dieser Stelle
zu schreiben, extrem gefräßig. Er kann daher gar nicht anders, als
sich seine Haupteinnahmen bei der Masse zu holen, bei den mittleren
Einkommensbeziehern, Arbeitern, Angestellten, Selbstständigen. Es ist
dies das Gesetz der großen Zahl. Und das muss auf Dauer so bleiben,
wenn wir den Staat nicht wieder auf neue Beine stellen.
Dazu kommt. Dieser Staat ist derart verschuldet, dass er die Zinsen
extrem niedrig halten muss. Nur dadurch sind die Staatsschulden
überhaupt finanzierbar - während auf den Konten der Sparer das Geld
seinen Wert verliert. Die aktuellen Zinsen und die Teuerung
fortgeschrieben wäre unser Geld in exakt 40 Jahren auf den
Sparbüchern real verschwunden. So weit ist es.
Wer dies nicht begreifen will, der könnte es vielleicht ab kommender
Woche kapieren. Am 5. Juni tagt die Europäische Zentralbank - und
erstmals könnte dabei für alle Banken, die ihr Geld bei der EZB
veranlagen, ein negativer Zins beschlossen werden. Noch würde dieser
Strafzins nur die Banken betreffen. Betonung auf noch.
Die Steuerzahler bluten, die Sparer bluten. Die ganze staatliche
Architektur ist damit in Unordnung geraten, und es wäre höchst an der
Zeit, den Leuten zu erklären, dass mit Vermögenssteuern allein
dagegen nichts zu machen ist. Homöopathie hilft nicht mehr.

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