• 27.05.2014, 20:36:15
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Heinisch-Hosek: Schulische Inklusion sorgfältig vorantreiben

Unterrichtsausschuss macht Verlängerung der Sprachförderung plenumsreif

Utl.: Unterrichtsausschuss macht Verlängerung der Sprachförderung
plenumsreif =

Wien (PK) - Inklusion an Schulen bedürfe einer "Politik der kleinen
Schritte", erklärte Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek heute
im Unterrichtsausschuss des Nationalrats. Sie wandte sich daher gegen
eine Abschaffung der Sonderschulen "von heute auf morgen". Immerhin
könnten Österreichs Regelschulen derzeit nicht allen
sonderpädagogischen Bedürfnissen von SchülerInnen Rechnung tragen,
gab sie zu bedenken, wiewohl sie Inklusion grundsätzlich klar
befürwortete. Insgesamt waren auch alle Fraktionen im Ausschuss für
eine Ausweitung des inklusiven Unterrichts an Österreichs Schulen,
nicht einer Meinung waren sie allerdings, wie rasch sie erfolgen
sollte. Während FPÖ und Grüne für die Abschaffung der Bezeichnung
"Sonderschule" als erste wichtige Reformmaßnahme plädierten, hielten
SPÖ, ÖVP und NEOS eine breitere gesellschaftliche Debatte über
Inklusion für notwendig, ehe die Namen der betroffenen Schulen
tatsächlich geändert werden können.

Auslöser dieser Inklusionsdebatte war zunächst eine Regierungsvorlage
zur legistischen Übertragung des Aufgabenbereichs der
Bezirksschulräte, die aufgelöst werden, an die Landesschulräte;
darunter fällt auch die Bestimmung von Sonderschulen als
Sonderpädagogische Zentren zur Unterstützung des inklusiven
Unterrichts. Weiters ermöglicht die Regierungsvorlage eine
Verlängerung der Sprachförderkurse an Pflichtschulen für die nächsten
beiden Schuljahre. Während zwei Abänderungsanträge der Grünen dazu
vom Ausschuss mehrheitlich abgelehnt wurden, erhielt der
Gesetzesentwurf selbst die Zustimmung der Ausschussmehrheit.

Der heurige Strategiebericht des Bildungsressorts, der einstimmig zur
Kenntnis genommen wurde, eröffnete darüber hinaus eine breite
Diskussion über Bildung als Kern der EU-2020-Wachstumsstrategie und
die Entwicklung des heimischen Bildungswesens. Oppositionsvorschläge
für neue Strukturen im Schulbereich wurden zwar ebenfalls intensiv
diskutiert, letztendlich vertagten SPÖ und ÖVP jedoch alle Anträge
von FPÖ, Grünen und NEOS.

Ausschuss drängt auf mehr Inklusion im Schulunterricht

Mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP nahm der Ausschuss die
Regierungsvorlage an, durch die im ganzen Schulrechtsbestand die
Aufgaben der Bezirksschulräte dem jeweiligen Landesschulrat
übertragen werden. Einem Nationalratsbeschluss aus dem Vorjahr
zufolge werden ja die Bezirksschulräte mit 1. August aufgelöst. Neben
der deswegen anstehenden Rechtsbereinigung soll die Sammelnovelle
auch dazu dienen, die heuer auslaufende Sprachförderung an allgemein
bildenden Pflichtschulen bis 2015/16 zu verlängern. Ein
Abänderungsantrag der Grünen, womit die unbefristete Verlängerung der
Sprachförderkurse realisiert werden sollte, fand aber nur
Unterstützung bei den NEOS und blieb daher in der Minderheit.

Allerdings führte auch FPÖ-Bildungssprecher Walter Rosenkranz ins
Treffen, die immer nur zweijährige Verlängerung der Sprachförderkurse
gewährleiste den Schulen nicht die nötige Rechtssicherheit und biete
nicht ausreichend Zeit, um die Methoden in diesen Kursen hinlänglich
zu verbessern. Mit seinem Plädoyer für die Einrichtung eigener
Klassenverbände zur speziellen sprachlichen Förderung stieß der
Freiheitliche bei den Grünen aber auf Widerstand; Harald Walser (G)
warnte vor einer Exklusion von SchülerInnen mit einer anderen
Erstsprache als Deutsch, wenn sie automatisch in eine "eigene
Sprachklasse" gesetzt würden. Einig waren Grüne und FPÖ hingegen, in
ganz Österreich würden weisungsfreie Schulombudsstellen für
SchülerInnen und deren Eltern benötigt. In jedem Landesschulrat bzw.
im Stadtschulrat sei eine solche Mediatoreninstanz für schulische
Konflikte einzurichten, drängten die Bildungssprecher Harald Walser
(G) und Walter Rosenkranz (F), damit Problemfelder unbürokratisch aus
dem Weg geräumt werden können ((370/A[E]), (324/A[E])).

Die Regierungsvorlage initiierte auch die Debatte über inklusiven
Unterricht in der heutigen Ausschusssitzung, da die Bestimmung von
Sonderschulen als Sonderpädagogische Zentren zur Unterstützung des
inklusiven Unterrichts zukünftig die Landesschulräte anstatt der
Bezirksschulräte durchführen sollen. Das brachte wiederum die Grünen-
Abgeordnete Helene Jarmer und ihren Parteikollegen Harald Walser
dazu, mit einem Abänderungsantrag die Umbenennung der Sonderschulen
zu verlangen. Ein positives Zeichen würde die Politik damit setzen
und dadurch die notwendige Strukturänderung im Sinne eines wirklich
inklusiven Unterrichts unterstützen, war Jarmer überzeugt. Anneliese
Kitzmüller (F) brach ebenfalls eine Lanze für die Abschaffung der
Bezeichnung "Sonderschule" und trat dafür ein, sonderpädagogische und
andere Schulen in dienstrechtlichen Fragen auf eine Ebene zu stellen,
darüber hinaus ist in ihren Augen ein Objektivierungsverfahren für
LeiterInnen sonderpädagogischer Schulen hoch an der Zeit.

Franz-Joseph Huainigg (V) hielt demgegenüber fest, eine
Namensänderung reiche für die dringend benötigte Reform im
Sonderschulwesen nicht aus. Es gelte vielmehr, mit allen Betroffenen
sowie mit ExpertInnen und mit den Bundesländern eingehende Gespräche
über die Situation der Sonderschulen und über inklusiven Unterricht
zu beginnen, unterstrich Huainigg. Problematisch erachtete er vor
allem die Praxis, dass Kinder mit nicht-deutscher Muttersprache
häufig in Sonderschulen angemeldet würden, um die nötige
Sprachförderung für diese SchülerInnen zu umgehen: "Das verbaut ihnen
den Weg in den Arbeitsmarkt", kritisierte der ÖVP-Mandatar.
Als erklärter "Fan der Inklusion" pflichtete NEOS-Bildungssprecher
Matthias Strolz im Grunde allen VorrednerInnen bei, er mahnte aber
die zufriedenstellende Abdeckung des sonderpädagogische Bedarfs im
Regelschulwesen ein, bevor weitere Schritte der Inklusion folgen
könnten.

Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek betonte, ihr liege die
schulische Inklusion überaus am Herzen und sie verwies auf das
Regierungsprogramm, in dem die Weiterentwicklung Sonderpädagogischer
Zentren sowie Inklusive Modellregionen bzw. eine Steigerung der
Inklusion in der Sekundarstufe II verankert seien. An einzelnen
Pädagogischen Hochschulen erhielten angehende PädagogInnen schon
Grundkompetenzen der Sonderpädagogik, merkte sie darüber hinaus an.
Es dürften aber Kinder, die spezielle Bedürfnisse wie
Kleingruppenunterricht haben, nicht durch eine plötzliche Abschaffung
der Einrichtung Sonderschule überfordert werden, so die Ministerin.
Deswegen plane sie mit allen Stakeholdern intensive Gespräche, um ab
dem Schuljahr 2015/16 konkrete Inklusionsinitiativen setzen zu
können.

Um dem tatsächlichen sonderpädagogischen Förderbedarf (SPF) unter
Österreichs SchülerInnen zu entsprechen, machte sich Walser (G) in
einem Entschließungsantrag dafür stark, die derzeit gesetzlich mit
2,7% festgelegte SPF-Quote auf 5% anzuheben (435/A[E]). Vor dem
Hintergrund der unterschiedlichen Finanzierung von Sonderschulen und
von integrativem Unterricht wäre das ein erster Schritt zu einem
inklusiven Schulsystem, betont er im Antrag, verdeutlichte aber
zugleich, eigentlich sollte die Ressourcenzuteilung für
sonderpädagogische Förderung je nach Bedarf der Schulstandorte
erfolgen. Anneliese Kitzmüller (F) führte dazu ins Treffen,
sonderpädagogische Förderung sei immer wichtiger an den Schulen,
daher forderte sie deutlich mehr Lehrkräfte für diesen Bereich ein.

Diskussion über Reform der Schulverwaltung

Mit dem Hinweis auf den Hauptteil des Novellenentwurfs, die
Verankerung des Wegfalls der Bezirksschulratsbehörden im gesamten
Schulrecht, stellte Erwin Preiner (S) fest, damit ergebe sich
eindeutig eine Effizienzsteigerung im Schulwesen. Die NEOS geben sich
aber mit dem Wegfall einer Behördeninstanz in der Schulverwaltung
nicht zufrieden. In zwei Entschließungsanträgen fordert Matthias
Strolz vielmehr einen umfassenden Bürokratieabbau im Bildungsbereich
(379/A[E]) sowie die Übertragung der gesamten Schulverwaltung an den
Bund (380/A[E]). Bei Belangen des Dienstrechts, der Bestellung und
Tätigkeit von SchulleiterInnen, der Personalsteuerung, der Aus- und
Fortbildung, der Schulaufsicht und des Gebäudemanagements bestehe
dringender Handlungsbedarf, um die Leistungszersplitterung zwischen
Bund, Ländern und Gemeinden endlich zu beseitigen, finden die NEOS.
Die Oberhoheit bei Gesetzgebung und Vollziehung soll ihrer Meinung
nach beim Bund liegen, dafür wäre den Schulen, speziell in der
Personalverwaltung, mehr Autonomie einzuräumen. Abzuschaffen seien
darüber hinaus der Parteienproporz in der Schulverwaltung und die
Schulsprengel, so Strolz. Für Team Stronach-Bildungssprecher Robert
Lugar war der angekündigte Wegfall von insgesamt 30 Planstellen durch
die Einsparung der Bezirksschulräte gänzlich ungenügend. Ministerin
Heinisch-Hosek hielt dem entgegen, im Mittelpunkt dieses
Reformvorhabens stehe die Verwaltungsvereinfachung, wie die
Bundesländer sie organisatorisch verwirklichen, liege in deren
Zuständigkeitsbereich.

Mit der Erklärung, angesichts der laufenden Reformen im Schulbereich
seien die erhobenen Forderungen zur Strukturänderung im Bildungswesen
verfrüht, vertagten die Regierungsfraktionen mehrheitlich alle
Entschließungsanträge der Opposition, die zusammen mit der
Regierungsvorlage zur Debatte standen.

Heinisch-Hosek sieht Österreich bei Erasmus auf Erfolgskurs

Die Bildungsziele der EU als wesentlicher Bestandteil der Europa
2020-Strategie, die zu mehr Wachstum und Beschäftigung führen soll,
waren ebenfalls Thema in der Ausschusssitzung. Begrüßt wurde dabei
besonders die Mittelaufstockung für das neue EU-Bildungsprogramm
Erasmus+, dessen AdressatInnenkreis auf Lehrlinge ausgeweitet wurde.
Differenziert äußerten sich mehrere Ausschussmitglieder aber zur EU-
Vorgabe einer höheren Akademikerquote.

Österreich nehme die für Erasmus+ bereitgestellten Mittel zur Gänze
in Anspruch, informierte Heinisch-Hosek. Der Erfolg dieses
Austauschprogramms, von dem jetzt auch Lehrlinge profitieren, sei
also jedenfalls gegeben. Im neuen EU-Programm für Bildung sind
nunmehr die Programme "Lebenslanges Lernen" und "Jugend in Aktion"
sowie fünf internationale Programme und als neuer Bereich der Sport
umfasst. Mit 14,7 Mrd. € werden dazu zwischen 2014 und 2020 um 40 %
mehr als in der Finanzperiode 2007-2013 zur Verfügung stehen. Die
österreichische Beteiligung an den EU-Bildungsprogrammen war bisher
sehr erfolgreich, unterstrich Bundesministerin Heinisch-Hosek. Im
Vergleich zu anderen EU-Mitgliedern rangiere Österreich mit einer
Inanspruchnahme von 100% der dafür vorgesehenen Mittel
überdurchschnittlich hoch. Jährlich nützten rund 15.000 Jugendliche
und auch Erwachsene aus Österreich die Mobilitätsmaßnahmen und
Partnerschaftsprogramme, die Erasmus+ biete. Um die Sicherstellung
der Qualität des Programms und damit seine Anerkennung europaweit zu
gewährleisten, gebe es auf Ratsebene Überlegungen, unabhängige
nationale Qualitätssicherungsagenturen mit der Überprüfung zu
beauftragen, berichtete die Bildungsministerin. Generell seien
Berufsbildung und Austausch von best practices, gerade auch bei
Lehrlingen, zentrale Anliegen von Erasmus+, skizzierte sie auf
Nachfrage der Bildungssprecherinnen Elisabeth Grossmann (S) und
Brigitte Jank (V). Grossmann strich in diesem Zusammenhang den Wert
von Erfahrungen im Ausland hervor, Jank regte an, auch im Rahmen der
Donauraumstrategie den Austausch bei der dualen Ausbildung noch mehr
zu forcieren.

Zum europäischen Ziel einer Senkung der Schulabbrecherquote auf unter
10 % sagte Heinisch-Hosek, Österreich habe dies bereits erreicht, da
der entsprechende Wert 2013 nur 7,6 % betragen habe. Die seitens der
EU angestrebte Erhöhung des Anteils der HochschulabsolventInnen auf
mindestens 40 % sei praktisch in Österreich ebenso umgesetzt, wenn
man etwa entsprechend der Maxime "lebenslanges Lernen"
berufsbegleitende Studien hier mitberechne, hob Heinisch-Hosek
hervor. In Verbindung mit der heimischen Akademikerquote
thematisierte Grünen-Bildungssprecher Harald Walser die bislang
unausgegorene tertiäre Ausbildungsmöglichkeit von
ElementarpädagogInnen. Heinisch-Hosek erklärte daraufhin, zwar plane
ihr Ressort in diesem Bereich derzeit keine großen Reformen, doch
sehe die neue PädagogInnenausbildung durchaus eine masterwertige
Ausbildung für Lehrende der Kindergartenpädagogik vor. Zudem gebe es
in einigen Bundesländern diesbezügliche Colleges für MaturantInnen.
Ihr angestrebtes Ziel, den Übergang vom Kindergarten in die
Volksschule zu erleichtern, wolle sie in Pilotprojekten ab Herbst
vorantreiben, führte Heinisch-Hosek weiter aus, ein Leitfaden dafür
werde über den Sommer fertiggestellt.

FPÖ-Mandatar Wendelin Mölzer stellte überhaupt den Sinn einer
obligatorischen Steigerung der Akademikerquote in Abrede, da doch die
Wirtschaft eher FacharbeiterInnen benötige. Außerdem hinterfragte er
wie auch Eva-Maria Himmelbauer (V) das EU-Bildungsziel, dass bis 2020
mindestens 50 % der 15-jährigen SchülerInnen in der ersten
Fremdsprache das Kompetenzniveau "independent user" erreichen und in
der Sekundarstufe I zumindest 75 % der SchülerInnen wenigstens zwei
Fremdsprachen lernen. Letztendlich, meinte Mölzer, gebe es in vielen
Klassen Österreichs schon ein Problem mit der Unterrichtssprache.
Heinisch-Hosek versuchte derartige Bedenken mit dem Hinweis auf die
erfolgte Streichung der EU-Vorgaben bezüglich Fremdsprachenkompetenz
auszuräumen. Für das Nachholen von Pflichtschulabschlüssen werde auch
2015 genügen Geld zur Verfügung stehen, informierte die Ministerin
schließlich Abgeordnete Barbara Rosenkranz (F), die notwendigen
Verhandlungen mit den Bundesländern über die Mittel dafür würden
gerade beginnen.

Den heurige Strategiebericht des BMBF, der das EU-Arbeitsprogramm als
Grundlage hat, nahm der Ausschuss einstimmig an und enderledigte ihn
damit.

Eingangs wählten die Abgeordneten Elisabeth Grossmann (S) zur dritten
Obmannstellvertreterin des Ausschusses, sie löst in dieser Funktion
Laura Rudas ab. (Schluss Unterrichtsausschuss) rei

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NPA

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