- 30.04.2014, 10:16:46
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Budget 2014 - Sparen für Bankenpleite auf Kosten der Schwächsten?
Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz und SOS Kinderdorf fordern die Regierung auf, Sparpläne nicht zu Lasten der Menschen am Rande der Gesellschaft umzusetzen.
Utl.: Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz und SOS Kinderdorf fordern die
Regierung auf, Sparpläne nicht zu Lasten der Menschen am Rande
der Gesellschaft umzusetzen. =
Wien (OTS) - Bei der gemeinsamen Pressekonferenz am Mittwoch
reagierten Caritas Präsident Michael Landau, Diakonie Direktor
Michael Chalupka, Rotkreuz-Präsident Gerald Schöpfer und SOS
Kinderdorf Geschäftsführer Christian Moser auf die Budgetrede des
Finanzministers Michael Spindelegger.
Caritas zu Armut weltweit
Besonders dramatisch sind die budgetierten Einsparungen in der
Entwicklungszusammenarbeit für 2015: Das Budget für die direkte
Projekthilfe in der EZA und den Auslandskatastrophenfonds wird von
bisher 82 Millionen Euro auf 65,4 Millionen reduziert. "17 Millionen
Euro in den Bereichen Entwicklungshilfe und Humanitäre Hilfe zu
streichen, ist gleichzusetzen mit unterlassener Hilfeleistung für
Menschen in Not", (beispielweise in der schwer betroffenen West Sahel
Region oder dem Süd Sudan), und Caritas Präsident Michael Landau
weiter: "Nur um die Relationen klar zu machen: Ein neu gebauter
Autobahnkilometer kostet rund 17 Millionen Euro und mit nur einer
Million Euro kann Österreich 2.000 Familien oder 12.000 Menschen
langfristig vom Hunger befreien."
Armut und Arbeit
Ein weiterer neuralgischer Punkt ist der Wohnraum: Während die Mieten
stetig steigen, stagnieren die Löhne. Landau: "Die Schere zwischen
verfügbarem Einkommen der Menschen und Wohnkosten geht immer weiter
auseinander. Diese Entwicklung spürt auch der Mittelstand deutlich.
Da kann man nur mehr erahnen, wie dramatisch sich die Wohnfrage für
Menschen mit niedrigen Einkünften zuspitzt. Die Wiedereinführung der
Zweckbindung der Wohnbauförderungsmittel ist und bleibt
unverzichtbar!" Noch im Herbst wurde von 276 Millionen Euro für
geförderten Wohnbau gesprochen, gestern waren es nur noch 180
Millionen. Ob der nun im Budget vorgesehene Anreiz zu Investition in
Wohnbauanleihen Erfolg bringen wird, bleibt abzuwarten.
Pflege und Hospiz
Keine Anhaltspunkte lieferte die Budgetrede jedoch bezüglich der
Etablierung einer solidarischen Absicherung des Lebensrisikos
Pflegebedürftigkeit. Offen geblieben sind auch eine strategisch
sinnvolle Steuerung und ein Konzept für eine langfristige
Finanzierung der Pflege und Betreuung in Österreich. Immerhin sieht
die Regierung eine Fortschreibung des Niveaus von 2016 vor. "Wir
wissen allerdings zum heutigen Zeitpunkt nicht, ob dieser Betrag den
tatsächlichen Bedarf in den Bundesländern decken wird können. Es ist
höchste Zeit, öffentlich finanzierte Einrichtungen der abgestuften
Hospiz- und Palliativversorgung in Österreich auszubauen. Wir heilen
gebrochene Arme, geben unser Bestes, um den Krebs zu besiegen, aber
im Tod und im Sterben lassen wir die Menschen alleine. Das ist
nichts, worauf man stolz sein kann", so Michael Landau.
Rotes Kreuz zu Pflege
"Der Bereich Pflege ist eine besondere finanzielle und
organisatorische Herausforderung. Hier gebe ich dem Finanzminister
uneingeschränkt Recht", sagt Gerald Schöpfer, Präsident des
Österreichischen Roten Kreuzes. "Ich frage mich nur, wann die
organisatorischen Herausforderungen angegangen werden. Woher sollen
die 22.500 Vollzeitkräfte in der Pflege kommen, die bis 2025 fehlen?
Welche Ideen gibt es, um Pflege- und Betreuungsberufe attraktiver zu
machen? Wie bauen wir die Unterstützungsleistungen für den größten
Pflegedienst Österreichs - die pflegenden Angehörigen - aus?". Die
neu eingeführte Pflegekarenz sei zweifelsohne eine sinnvolle und
erfreuliche Einzelmaßnahme, so Schöpfer weiter, allerdings fehle hier
immer noch der Rechtsanspruch.
Auslands- und Katastrophenhilfe
"Beschämend und schockierend ist, dass die Regierung entgegen allen
Ankündigungen ihrer internationalen Verantwortung nun doch nicht
gerecht wird. Hier fehlt die Handschlagqualität", kommentiert der
Rotkreuz-Präsident die Tatsache, dass der Katastrophenhilfe im
Ausland jährlich weiterhin nur fünf anstatt der angekündigten 20
Millionen zur Verfügung stehen. "Hiermit ist der
Auslandskatastrophenfonds immer noch dramatisch unterfinanziert. Die
staatlichen Mittel stehen damit auch in keinem Verhältnis zur
Spendenbereitschaft der Bevölkerung. Gespart wird auf dem Rücken der
Ärmsten, derjenigen, die sich nicht zur Wehr setzen können und das
ist zynisch und armselig." Humanitäre Hilfe sei kein Akt des
Mitleids, sondern basiere auf Rechten, konkret auf Menschenrechten.
"Der Finanzminister hat in seiner Rede gemeint: "Österreich ist trotz
Krise das zweitreichste Land der EU". In Bezug auf die Unterstützung
von Menschen in Not, ob hier oder in anderen Ländern, habe ich das
nicht feststellen können", so Schöpfer.
SOS Kinderdorf zu Kinder- und Jugendhilfe
Neue Spielräume werde man sich mit dem Budget erarbeiten, versprach
der Finanzminister gestern. "Viele junge Menschen in Not werden von
diesen neuen Spielräumen allerdings nichts bemerken. Denn ihnen wird
die Chance, in Ruhe erwachsen zu werden, weiterhin verwehrt", sagt
Christian Moser, Geschäftsführer von SOS-Kinderdorf. Jugendliche, die
nicht bei ihren Eltern leben können, verlieren mit 18 den
Rechtsanspruch auf Kinder- und Jugendhilfe. "Die Politik lässt sie im
Stich, es muss endlich eine einheitliche Lösung für ganz Österreich
geben." Als beschämend bezeichnet Moser außerdem den Umstand, dass
unbegleiteten Kindern auf der Flucht derzeit in Österreich nur die
halben finanziellen Mittel zuerkannt werden. "Braucht ein Kind aus
Afghanistan nur halb so viel zu essen? Nur halb so viel Zuwendung? Es
gibt kein halben Kinder!" Die Einsparungen in der
Entwicklungszusammenarbeit sind für Moser eine "absolute
Katastrophe": "Die schönen Worte im Regierungsprogramm sind offenbar
nichts wert - das ist eine Schande."
Diakonie zu Bildung und Pflege
Michael Chalupka, Direktor der Diakonie Österreich: "Der
Finanzminister hat uns gestern erklärt, dass Fleißaufgaben nicht mehr
an der Zeit sind. Der Fokus müsse auf den Kernaufgaben des Staates
liegen. Anders aber als der Finanzminister, der, liest man den
Budgetentwurf, die Kernaufgaben vor allem im Sparen und in der
Bankenrettung sieht, sieht die Diakonie die Kernaufgaben des Staates
anderswo: Alte Menschen zu pflegen ist keine Fleißaufgabe, Kinder zu
lehren und auszubilden ist keine Fleißaufgabe, und auch Menschen mit
Behinderungen zu begleiten ist keine Fleißaufgabe. All dies sind
Kernaufgaben des Staates. Der moderne Wohlfahrtsstaat ist keine
Fleißaufgabe, sondern Grundlage für ein gutes Leben."
Rückfragehinweise
Caritas: Margit Draxl - Tel: 01/488 31417
Diakonie: Roberta Rastl - Tel: 01/409800114
Rotes Kreuz: Monika Primenz - Tel: 01/58900153
SOS Kinderdorf: Martina Stemmer - Tel: 01/368313591
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