- 24.04.2014, 14:07:29
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Rechnungshof: Kritik an der Mittelverwendung für Kinderbetreuung
RH-Präsident Moser mahnt im Ausschuss Wirkungsorientierung und Zweckwidmung im Umgang mit Steuergeldern ein
Utl.: RH-Präsident Moser mahnt im Ausschuss Wirkungsorientierung und
Zweckwidmung im Umgang mit Steuergeldern ein =
Wien (PK) - Die Situation der vorschulischen Kinderbetreuung in
Österreich stand im Mittelpunkt eines Berichts des Rechnungshofs, der
zu Beginn der heutigen Ausschusssitzung von den Abgeordneten
diskutiert wurde. Im Rahmen einer im Jahr 2012 durchgeführten
Querschnittsüberprüfung, die vier Bundesministerien, zwei Länder
(Niederösterreich und Steiermark) sowie zwei Gemeinden (Korneuburg
und Leoben) umfasste, untersuchten die Prüfer den Ausbau des
Kinderbetreuungsangebots sowie die Einführung des
Gratispflichtkindergartenjahres.
Barcelona-Ziel bei Betreuung von Kinder unter 3 Jahren noch nicht
erreicht
Ausgangspunkt für den sehr umfangreichen Bericht des Rechnungshofs
(III-29 d.B.) zur Situation der Kinderbetreuung der 0- bis 6-
Jährigen, der den Zeitraum 2007 bis 2012 umfasst, waren die Vorgaben
aufgrund dreier Bund-Länder-Vereinbarungen (Ausbauvereinbarung 2008,
Ausbauvereinbarung 2011 und Gratispflichtkindergartenvereinbarung).
Darüber hinaus überprüfte der Rechnungshof die Zweckmäßigkeit der
Platzvergaberegelungen, der Öffnungszeiten und des Personaleinsatzes
in Kinderbetreuungseinrichtungen sowie von Gemeindekooperationen in
diesem Bereich.
Gemäß den sogenannten Barcelona-Zielen sollten die Mitgliedstaaten
der EU bis zum Jahr 2010 entsprechend der Nachfrage
Kinderbetreuungsplätze für 33 % der unter 3-Jährigen und für 90 % der
3- bis 6-Jährigen anbieten. Durch die zwischen Bund und Ländern
fixierten Ausbauvereinbarungen (2008 und 2011) sollte das Erreichen
dieser Vorgaben durch Bereitstellung von Bundesmitteln in der Höhe
von 45 Mio. € (für 2008 bis 2010) und in der Höhe von 55 Mio. € (für
2011 bis 2014) unterstützt werden. Bei den unter 3-Jährigen gab es
eine deutliche Verbesserung der Situation, die 33 %-Quote konnte
jedoch nicht erreicht werden (Niederösterreich 21,2 %, Steiermark 10
%, ganz Österreich 19,7 %). Anders sah es in der Altersgruppe von 3
bis 6 Jahren aus; die für 2010 vorgesehene Betreuungsquote von 90 %
war bis 2011 österreichweit (90,3 %) und in Niederösterreich (95,6 %)
erreicht bzw. übertroffen, in der Steiermark mit 83,9 % noch
untererfüllt. Durch die Einführung des Gratispflichtkindergartens
stieg die Betreuungsquote der 5-Jährigen österreichweit um rund 2,5 %
auf 96,4 %.
Abgeordnete Karin Greiner (S) wollte vor allem wissen, ob überprüft
wurde, welche qualitativen Auswirkungen die Umsetzung der
Gratispflichtkindergartenvereinbarung, etwa auf die Verbesserung der
Bildungschancen der Kinder, hat. Ihr Fraktionskollege Johann Hell
thematisierte vor allem die Fortführung dieser Maßnahme, deren
Finanzierung derzeit noch offen ist. ÖVP-Abgeordnete Claudia
Durchschlag wies darauf hin, dass der Rechnungshof, einheitliche und
verbindliche Öffnungszeiten für die Kinderbetreuungseinrichtungen
empfohlen hat. Sie gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass dies
natürlich auch zu höheren Ausgaben führen würde. Abgeordneter Gerald
Hauser (F) trat für eine echte Wahlfreiheit ein und wünschte sich
mehr Unterstützung für jene Eltern, die ihre Kinder lieber daheim
betreuen. Sorgen machte ihm die finanzielle Belastung der Gemeinden,
die aufgrund der wachsenden Begehrlichkeiten vor immer größere
Probleme gestellt werden. Abgeordnete Beate Meinl-Reisinger (N) regte
eine generelle Umstellung der Finanzierung auf eine Subjektförderung
an und bedauerte, dass die Maßnahmen keiner qualitativen Evaluierung
unterzogen wurden.
Moser: Aufgabenbezogener Finanzausgleich sollte endlich umgesetzt
werden
Einen sehr kritischen Befund stellte Rechnungshofpräsident Moser der
Umsetzung der drei Vereinbarungen im Bereich der Kinderbetreuung aus,
da sie ein negatives Beispiel dafür seien, dass das Prinzip der
Wirkungsorientierung kaum Berücksichtigung fand. Eine ähnliche
Vorgangsweise konnte man auch im Fall der Neuen Mittelschule und bei
der Altenbetreuung feststellen, erinnerte er; der Bund gebe jedes Mal
viel Geld aus, überprüfe aber nicht, ob damit die angestrebten Ziele
erreicht werden.
Sowohl bei der Ausbauvereinbarung 2008 als auch bei der Einführung
des Gratispflichtkindergartens war die Abrechnungspraxis des Bundes
darauf ausgerichtet, Rückforderungen von Bundesmitteln tunlichst zu
vermeiden, konstatierte Moser. Die dafür zuständigen Ressorts
(Finanz- und Familienministerium, Bundeskanzleramt) akzeptierten die
von den Ländern Niederösterreich und Steiermark vorgelegten
Verwendungsnachweise für Bundesmittel, obwohl diese nur teilweise den
Vereinbarungen entsprachen. Sowohl in Niederösterreich als auch in
der Steiermark war zudem mangels zweckgebundener Verbuchung der
Bundeszuschüsse für den Gratispflichtkindergarten die
Nachverfolgbarkeit der Mittel wesentlich erschwert. Dies müsse man
noch vor dem Hintergrund betrachten, dass in beiden Ländern bereits
vor Beginn der Vereinbarung ein Gratiskindergarten für 5-Jährige
bestand.
Bedauern äußerte Moser auch darüber, dass trotz der großzügigen
budgetären Vorsorge von 12 Mill. € für eine Evaluierung des
Gratispflichtkindergartens keine konkreten Maßnahmen für seine
qualitative Bewertung getroffen wurden. Die bisher ausschließlich
quantitative Evaluierung stelle nur eine Minimalvariante dar, die
lediglich Basisinformationen für eine weitere Analyse bieten könne.
Auch die Verteilung der Entscheidungskompetenz auf drei Ressorts
erschwerte aufgrund der Mehrgleisigkeiten die Nachverfolgung der
widmungsgemäßen Mittelverwendung. Bezugnehmend auf die vom
Bundeskanzleramt genannte Koordinationsfunktion in der Frauen- und
Gleichstellungspolitik fehlten auch entsprechende Aussagen und
Bewertungen zur Wirkung der Ausbauvereinbarungen.
Intransparenz herrschte auch hinsichtlich der Frage der
Öffnungszeiten, bemängelte Moser. Die Zusammenfassung der
Öffnungszeiten in der Kindertagesheimstatistik war wenig geeignet,
Aussagen über deren Entwicklung zu treffen. Beispielsweise konnte
daraus nicht geschlossen werden, ob die je Einrichtung genannten
Öffnungszeiten für alle ihre Gruppen und Kinder gelten. Der ÖVP-
Abgeordneten Durchschlag gegenüber stellte Moser fest, dass bei
Kindergartenbesuchen über Ländergrenzen hinweg die Kostenfreiheit des
Pflichtbesuchs sichergestellt werden sollte.
Zur teilweisen Abdeckung der bei Ländern, Gemeinden und Erhaltern
durch den Gratispflichtkindergarten entstehenden Mehrkosten stellte
der Bund in den Kindergartenjahren 2009/2010 bis 2012/2013 Zuschüsse
von insgesamt 280 Mio. € zur Verfügung; die darüber hinausgehende
Weiterführung und Finanzierung dieser Maßnahme bleibe jedoch offen.
Durch die Einführung des Gratispflichtkindergartens stieg die
Betreuungsquote der 5-Jährigen österreichweit um 2,5 % auf 96,4 %
(Stand 2010/2011), was einem Zuwachs von 2.350 Kindern in dieser
Altersgruppe entspricht. Dieser Anstieg sei im Hinblick auf die
bereits bestehende hohe Betreuungsquote, das jährlich dafür
aufgewendete Finanzvolumen von 70 Mio. € und die eingeführte
Besuchspflicht jedoch als gering einzustufen. Erhebungsschritte und
Bewertungen, inwiefern der Gratispflichtkindergarten die
Bildungsmöglichkeiten und Startchancen unabhängig von ihrer
sozioökonomischen Herkunft verbesserte, unterblieben bisher.
Eingehend auf die Wortmeldung des Abgeordneten Gerald Hauser (F)
richtete Moser einen dringenden Appell an die Mandatare, sich für
einen aufgabenbezogenen Finanzausgleich einzusetzen. Allein am
Beispiel der Kinderbetreuung zeige sich, dass durch einen weiteren
Ausbau des Angebots natürlich auch die laufenden Kosten für die
Kommunen steigen und einzuplanen sind. Sollten keine entsprechenden
Gegenmaßnahmen gesetzt werden, kommen die Gemeinden unter die Räder,
befürchtete er. (Schluss) sue
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