Matthias Hartmann. Was verdiente er als Burg-Direktor? Was klagt er jetzt ein?
Utl.: Matthias Hartmann. Was verdiente er als Burg-Direktor? Was
klagt er jetzt ein? =
Wien (OTS/SN) -
Hedwig Kainberger
Über Matthias Hartmann hat sich zu Beginn seiner Direktion ein
wundersames Füllhorn ergossen, wie die SN in ihrer morgigen Ausgabe
berichten: Von seinem Dienstgeber, vertreten durch Georg Springer als
Chef der Bundestheater-Holding, bekam er Zahlungen zugestanden, die
weit über das hinaus gehen, was einst Staatssekretär Franz Morak
(ÖVP), der Hartmann berufen hat, geregelt hatte. Morak und Hartmann
haben Anfang Juni 2006 - kurz bevor der künftige Burg-Direktor am 13.
Juni präsentiert werden sollte - einen mit "Non Paper betreffend die
Eckpunkte des Dienstvertrags" überschriebenen Vorvertrag
abgeschlossen. Dieser steckt finanzielle Bedingungen ab.
Drei Limits sind da fixiert: Erstens wird für den Jahresbezug von
217.000 Euro "die Teilnahme an generellen Bezugserhöhungen"
ausgeschlossen. Zweitens soll für das Entgelt pro Inszenierung am
Burgtheater "ein Betrag von 40.000 Euro nicht überschritten werden".
Drittens wird der Burg-Direktor verpflichtet, in den ersten zwei
Jahren "keine Fremdinszenierung" zu übernehmen.
All dies dürfte auch im Geschäftsführervertrag vom 29. September
2006 stehen, den noch Franz Morak als Staatssekretär abgeschlossen
hat. Am 1. Oktober war Nationalratswahl, im Jänner 2007 trat die
Bundesregierung an: mit Alfred Gusenbauer (SPÖ) als Kanzler und
Claudia Schmied (SPÖ) als Kulturministerin. Danach hat offenbar Georg
Springer die Limits so gelockert, dass Hartmanns Einkommen kräftig
wuchs.
Per Schreiben vom 12. März 2009 wird die Vergütung pro Regie von
40.000 auf 52.500 Euro erhöht, und zudem indexgesichert. Folglich hat
Hartmann pro Inszenierung zuletzt 54.801 Euro kassiert. Dieses Papier
bezeichnet sogar Hartmanns Anwalt Georg Schima als "ein bisserl
lustig" und "rechtstechnisch komisch". Zwar ist es richtigerweise von
Georg Springer als Dienstgeber unterzeichnet, aber unnötigerweise
auch von Hartmanns damaliger Co-Geschäftsführerin, der nunmehr
entlassenen Silvia Stantejsky. Dafür fehlt Hartmanns Unterschrift.
Trotzdem ist sein Gagenzuwachs gültig, weil er zu seinen Gunsten ist
und praktiziert wurde.
Zudem begann Matthias Hartmann seine Amtszeit nicht nur mit zwei
extra zu entlohnenden Inszenierungen am Burgtheater ("Faust I und II"
um zusammen 105.000 Euro) und ebenfalls extra zu zahlenden
Wiederaufnahmen von fünf seiner alten Inszenierungen aus Zürich und
Bochum (78.000 Euro), sondern auch noch mit zwei Fremdinszenierungen,
die laut Vorvertrag untersagt gewesen wären: "Lady Macbeth von
Mzensk" an der Wiener Staatsoper hatte am 23. Oktober 2009 Premiere,
dem folgte an der Zürcher Oper (damals bei Alexander Pereira)
"Rusalka" am 30. Mai 2010 - beides extra honoriert, beides mit langen
Abwesenheiten Matthias Hartmanns vom Burgtheater, wo er ab 1.
September 2009 Direktorengehalt bezog.
Folglich konnte Matthias Hartmann allein im ersten halben Jahr als
Burg-Direktor durch die vielen Nebenbeschäftigungen als Regisseur
mehr als ein Jahresgehalt dazuverdienen.
Auch das dritte im Vorvertrag von Juni 2006 fixierte Limit,
nämlich Ausschluss von "generellen Bezugserhöhungen", wurde per
Zusatzvereinbarung vom 20. Februar 2010 gebrochen: Hartmanns
Jahresgehalt wurde ab dann valorisiert, sodass es statt der einst
fixierten 217.000 pro Jahr mittlerweile - so steht es in der
Klagsschrift - 226.680,30 Euro erreicht.
Warum dieser Geldsegen? Wie ist all dies zu rechtfertigen? Aus dem
Büro von Holding-Chef Georg Springer gab es dazu in der Vorwoche
keine Antwort.
Nun droht diese Großzügigkeit gegenüber Hartmann wie ein Bumerang
zurückzufliegen: Er hat gegen die Entlassung geklagt und fordert
entgangenes Gehalt bis August 2019 von gut einer Million Euro, zudem
Urlaubsentschädigung sowie zehn Prozent Beitrag zur privaten
Zusatzpension. Und er beansprucht Regie-Gagen von über 900.000 Euro!
Der Großteil davon ergibt sich für Regien, die er vermutlich nie
führen wird.
54.801 Euro fordert er für "Spatz und Engel", Premiere war im
September 2013. Das ist horrend viel für einen szenischen
Liederabend. Dafür, so heißt es in der Klagsschrift, "verzichtet der
Kläger auf eine Honorierung" von "Die letzten Zeugen". Auch das ist
frivol: Dies ist eine szenische Lesung im Gedenken an die
Novemberpogrome 1938. Als Zeitzeugen kommen Holocaust-Überlebende
Marko Feingold, Ari Rath, Lucia Heilman und Suzanne-Lucienne
Rabinovici auf die Bühne. Wie kommt ein Burgtheaterdirektor auch nur
theoretisch auf die Idee, für ein Pogrom-Gedenken mit einstigen
KZ-Insassen eine volle oder halbe Gage zu kassieren?
54.801 Euro fordert Hartmann laut Klagsschrift für "Der falsche
Film", der am 6. April Premiere hätte haben sollen. Dies ist
tatsächlich weit gediehen. Interimsdirektorin Karin Bergmann hat auch
Verhandlungen mit ihm aufgenommen, doch nach der neuen Unruhe über
dessen Forderungen hat sie Ende der Vorwoche dieses Projekt bis auf
weiteres abgesagt.
Für die Spielzeit 2014/15 fordert Matthias Hartmann Entgelt für
drei geplante Inszenierungen, die er aber wahrscheinlich nie
realisieren wird: "Die Räuber", "Palmetshofer" sowie "Die letzten
Tage der Menschheit". Für diese Koproduktion mit den Salzburger
Festspielen beansprucht er sogar den angeblich dafür üblichen "30
prozentigen Aufschlag zum normalen Honorar", also 71.241,30 Euro. All
dies, zusammen 180.843,30 Euro für 2014/15, sei zu zahlen, weil "der
Kläger leistungsbereit ist und die Dienstverhinderung nicht in seiner
Sphäre liegt".
Weiters fordert Hartmann für alle folgenden Spielzeiten bis 2019
je drei Regiehonorare. Denn es sei "davon auszugehen, dass der Kläger
bei Weiterbeschäftigung im Schnitt drei Inszenierungen pro Spielzeit
geleistet hätte". Das ergäbe zumindest 657.612 Euro.
Allerdings: Von all dem wären Hartmanns künftige Einkünfte
abzuziehen. Und die Klagsschrift enthält nur behauptete Ansprüche.
Längst ist nicht sicher, dass er den Prozess gewinnt. Denn die
Gegenseite fährt mit kräftigen Argumenten auf, wie grober
Vertrauensbruch, Pflichtverletzung als Geschäftsführer und Mitwirkung
an einem betrügerischen Finanzsystem. Wann der Arbeitsrechtsprozess
beginnt, ist ungewiss, möglicherweise im Mai.
Abseits davon müssen die Finanzbehörden in Österreich und der Schweiz
die vermutete Steuerhinterziehung Hartmanns klären.
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