Wien (OTS) - Obwohl die zuständigen repräsentativen
Behindertenorganisationen fristgerecht Vorschläge für den
ORF-Publikumsrat eingebracht haben und mehrere hochqualifizierte
SelbstvertreterInnen für den Bereich behinderte Menschen nominiert
haben, ist wie schon vor vier Jahren wieder eine nicht-behinderte
Person zum Zug gekommen.
"Das Motto der Selbstbestimmt Leben Bewegung 'Nichts über uns ohne
uns' ist mit dieser Bestellung zum Publikumsbeirat wieder einmal zu
Gunsten (partei-) politischer Interessen ignoriert worden", ärgert
sich Mag.a Bernadette Feuerstein, Obfrau von Selbstbestimmt Leben
Österreich (SLIÖ).
"Ohne die persönlichen Fähigkeiten von Herrn Fenninger von der
Volkshilfe in Frage stellen zu wollen, empfinden wir das Vorgehen des
Bundeskanzleramts als Affront gegenüber allen Menschen mit
Behinderungen, den wir nicht unwidersprochen hinnehmen werden",
stellt Dr. Klaus Voget, Präsident des ÖZIV und der ÖAR
(Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation) klar.
Nominierungsberechtigt sind laut ORF-Gesetz § 28 (4) "Vorschläge
von Einrichtungen bzw. Organisationen, die für die nachstehenden
Bereiche bzw. Gruppen repräsentativ sind". Zu diesen Gruppen zählen
auch "die behinderten Menschen". Die Volkshilfe ist aus Sicht von ÖAR
und SLIÖ zwar Dienstleister für behinderte Menschen, nicht aber eine
solche repräsentative Behindertenorganisation.
"Dass die Vorschläge von ÖAR und SLIÖ schlichtweg ignoriert worden
sind, ist ein Skandal und widerspricht der UN-Konvention über die
Rechte von Menschen mit Behinderungen, die Österreich vor 5 Jahren
ratifiziert hat und bei deren Umsetzung die Bundesregierung sehr
säumig ist, und auch dem ORF-Gesetz", so der ÖAR-Präsident.
"Bei der Bestellung des jetzigen ORF-Publikumsrates durch
Bundesminister Dr. Josef Ostermayer wurde das Selbstvertretungsrecht
von 1,3 Millionen Österreichern negiert, denn 15 Prozent der
Bevölkerung weisen eine Behinderung auf", ergänzt Mag. Manfred
Fischer, der von ÖAR und SLIÖ für den Publikumsrat nominiert worden
war.
Die Behindertenorganisationen werden diese Entscheidung nicht
hinnehmen und alle rechtlichen und politischen Möglichkeiten
ausschöpfen, damit endlich wieder SelbstvertreterInnen im
Publikumsrat die Interessen behinderter Menschen einbringen können.
Dabei können sie auch auf die Unterstützung von Behindertenanwalt Dr.
Hansjörg Hofer zählen: "Die Behindertenanwaltschaft wird in direkten
Gesprächen versuchen, die zuständigen Verantwortlichen davon zu
überzeugen, dass die derzeitige Besetzung des ORF-Publikumsrats ohne
die Entsendung eines/einer Vertreters/Vertreterin mit einer
Behinderung kein positives Signal darstellt."
"Auch wir werden selbstverständlich das Gespräch mit Minister
Ostermayer suchen, wir werden aber auch die BehindertensprecherInnen
der im Nationalrat vertretenen Parteien auffordern, eine Dringliche
Anfrage an den Minister zu stellen, wie diese Entscheidung für den
Vertreter der Volkshilfe fallen konnte, die aus unsere Sicht für
diesen Aufgabenbereich nicht repräsentativ ist", kündigt Voget an.
Als weiteren Schritt erwägen die BehindertenvertreterInnen eine
Beschwerde bei der zuständigen Regulierungsbehörde. Und auch ein
Schlichtungsverfahren nach dem Bundesgleichstellungsgesetz wird
angedacht: "Es kann nicht sein, dass Menschen mit Behinderungen bei
der Gestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks keine Mitsprache
haben", sind sich alle einig.
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