Gesundheitsausschuss schickt Regierungsvorlage mit der Mehrheit von SPÖ-ÖVP-FPÖ-Team Stronach in das Nationalratsplenum
Utl.: Gesundheitsausschuss schickt Regierungsvorlage mit der
Mehrheit von SPÖ-ÖVP-FPÖ-Team Stronach in das
Nationalratsplenum =
Wien (PK) - Der Gesundheitsausschuss gab heute mehrheitlich grünes
Licht für das im Vorfeld breit diskutierte Regierungsprojekt der
Gratis-Zahnspange für unter 18-Jährige mit schweren Kieferschäden.
Finanziert werden sollen die kostenlosen Kieferregulierungen vom Bund
ab 1. Juli 2015 mit 80 Mio. € pro Jahr. Die flächendeckende Umsetzung
der Maßnahme sei abzusichern, beschloss der Ausschuss mit einem
Abänderungsantrag der Regierungsfraktionen, unabhängig davon, ob eine
Tarif-Vereinbarung zwischen dem Hauptverband der
Sozialversicherungsträger und der Zahnärztekammer zustande kommt.
Darüber hinaus zielt der Abänderungsantrag auf eine verpflichtende
Veröffentlichung der Preise von Zahnarzt-Leistungen zur
Kieferregulierung ab. In einem weiteren im Ausschuss eingebrachten
Antrag halten SPÖ und ÖVP fest, dass die kostenlosen Zahnspange für
Minderjährige im Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz zu verankern ist.
Grüne und NEOS traten in der Ausschussdebatte gegen den aktuellen
Gesetzesentwurf auf, weil das Konzept undurchdacht und mit 80 Mio. €
kaum finanzierbar sei, so die Vorwürfe. Aus Grüner Sicht wären
frühzeitige Hilfestellungen zur Zahnversorgung schon im
Kleinkindalter zielführender. Die NEOS vermissen neben einer
realistischen Kostenabschätzung in der Regierungsvorlage vor allem
eine sozial gerechte Staffelung. Den Freiheitlichen fehlte bei der
Initiative eine angemessene Aufklärung der Eltern über die
Schweregrade der Kieferschäden ihrer Kinder, die zu einer Gratis-
Zahnspange berechtigen. Die geplante Regelung helfe nur einer kleinen
Bevölkerungsgruppe, meinte das Team Stronach, sie entspreche also
keiner sozialen Gesundheitspolitik. Dennoch stellt die
Regierungsvorlage für FPÖ und Team Stronach einen Schritt in die
richtige Richtung dar, weshalb sie sich SPÖ und ÖVP bei der Annahme
der Gesetzesvorlage bzw. des Abänderungs- und des Ausschussantrags -
anschlossen.
Die Debatte über Zahnmedizin nutzten Grüne und NEOS für einen
Entschließungsantrag zur klaren gesetzlichen Abgrenzung zwischen
KieferorthopädInnen und anderen ZahnärztInnen. Außerdem forderten die
Grünen generell kostenlose Therapien für Kinder und Jugendliche, von
der Ergo- bis zur Psychotherapie. Die FPÖ verlangte, eine
Zahnuntersuchung im Mutter-Kind-Pass verpflichtend einzuführen. Das
Team Stronach pochte auf Kostenunterstützung zur Anschaffung von
Blindenhunden.
Das Nahrungsmittel Fleisch bzw. dessen Kennzeichnung beschäftigte den
Ausschuss anhand weiterer Oppositionsanträge auf der Tagesordnung.
Die Grünen mobilisieren erneut gegen jedwede Einfuhr von Klon-Fleisch
in die EU, das Team Stronach wiederum stößt sich an einer ihrer
Meinung nach irreführenden Kennzeichnungen von Fleischwaren. Die
Oppositionsanträge wurden teils mehrheitlich vertagt, teils
abgelehnt.
Opposition hegt Zweifel an Realisierung der Gratis-Zahnspange
Gesundheitsminister Alois Stöger empfahl den Ausschussmitgliedern
dringend, der Regierungsvorlage für die kostenlose Zahnregulierung
zuzustimmen, damit man "am Gebiss eines Kindes nicht das Einkommen
der Eltern erkennen kann". Unterstützung erhielt der Minister von SPÖ
und ÖVP, die insbesondere auf die finanzielle Entlastung von Familien
bei der Zahnversorgung ihrer Kinder hinwiesen. "Beispielgebend ist
dieser Ausbau der Gesundheitsversorgung trotz Krise", kommentierte
beispielsweise Johann Hechtl (S) den Plan. Erwin Spindelberger (S)
wies die Bedenken bezüglich Finanzierbarkeit zurück, denn über den
Anspruch auf Gratis-Kieferregulierungen werde nach internationalen
Standards zur Bemessung der Schäden am Kiefer entschieden. Nur Kinder
und Jugendliche mit massiven Beeinträchtigungen würden die Leistung
erhalten. Michael Ehmann (S) betonte, da die Preise zur
Kieferregulierung jedes eingebundenen Zahnarztes verpflichtend im
Internet zu veröffentlichen sind, sichere der Staat auch die
Kostentransparenz.
Bestärkt wurde die SPÖ bei ihrer Argumentation für die
Regierungsinitiative vom ÖVP-Mandatar Erwin Rasinger: "Eine sinnvolle
Idee" sei die Gratis-Zahnspange für Kinder und Jugendliche mit
starken Fehlstellungen im Gebiss. Natürlich gebe es von der fehlenden
Kinder-Hospiz bis zum Anstieg der Zahl adipöser Minderjähriger
zahlreiche andere Problemfelder in der medizinischen Versorgung
dieser Altersgruppen, meinte er. Doch dürften Probleme nicht
gegeneinander ausgespielt werden, da das jeden Fortschritt behindere.
Marcus Franz (T) hatte zuvor seinen Missmut darüber ausgedrückt, das
die Adipositas-Behandlung in Österreich immer noch zu wünschen übrig
lasse und er daher den Kostenaufwand für Gratis-Zahnspangen mit
Vorbehalt sehe. Letztlich werde nur eine verhältnismäßig kleine
Gruppe mit der Leistung erreicht, der Großteil der Bevölkerung ziehe
aber keinen Nutzen daraus, monierte Franz.
Die Freiheitlichen Dagmar Belakowitsch-Jenewein und Andreas Karlsböck
zeigten sich zwar grundsätzlich offen für staatliche Hilfen bei der
Behandlung schwerer Zahnfehlstellungen. Doch fürchteten sie, die
Regierung verkaufe hier eine "Mogelpackung", da bei vielen Eltern der
Eindruck entstehe, unabhängig vom Schweregrad der Kieferschäden ihrer
Kinder hätten sie Anspruch auf eine Gratis-Zahnspange ab 2015. Die
dadurch bewirkten Wartezeiten auf eine Zahnbehandlung schade
letztlich den kleinen PatientInnen, gab Belakowitsch-Jenewein zu
bedenken. Ihrer Forderung nach besserer Informationsarbeit darüber,
wer tatsächlich Aussicht auf eine kostenlose Kieferregulierung
genießt, schloss sich Sabine Oberhauser (S) an. "85.000 Kinder sind
keine Randgruppe" richtete sie Marcus Franz (T) aus, diese Zahl werde
nämlich voraussichtlich pro Jahr von der Gratis-Zahnspange
profitieren.
Dezidiert kritisierte dagegen Gerald Loacker (N) die Initiative. Mit
Sachleistungen wie der Gratis-Zahnspange alle zu beschenken, ohne
dabei den sozialen und finanziellen Hintergrund der EmpfängerInnen zu
bedenken, lehne er dezidiert ab. Er bezweifelte zudem, dass die
jährlichen 80 Mio. € durch die Republik für die Versorgung
ausreichen. Als isoliertes Konzept, das keineswegs mit der laufenden
Gesundheitsreform im Einklang sei, werde diese Ausweitung der
Zahnversorgung vorangetrieben, brachte Eva Mückstein (G) ihren Unmut
zum Ausdruck. Frühzeitige Unterstützung bei der Zahngesundheit von
Kindern, etwa im Rahmen des Mutter-Kind-Passes, bezeichnete sie als
sinnvoller.
Gesundheitsminister Alois Stöger beschrieb den Gesetzesentwurf für
Gratis-Zahnspangen als langfristig durchdachtes Konzept, das dem
oftmals geäußerten Wunsch von Eltern entspreche, sie von der
finanziellen Belastung bei dringend notwendigen Zahnbehandlungen
ihrer Kinder zu befreien. Jetzt seien die Sozialpartner, konkret
Zahnärztekammer und der Hauptverband, aufgerufen, eine vernünftige
Vertragskonstellation zur Realisierung der Leistungen auszuhandeln.
Die PatientInnen müssten bei Gesundheitsdiensten im Mittelpunkt
stehen, unterstrich dazu Ulrike Königsberger-Ludwig (S).
Laut Gesetzesentwurf (43 d.B.) wird eine kostenlose Kieferregulierung
dann gewährt, wenn die Behandlung vor der Vollendung des 18.
Lebensjahrs beginnt und wenn eine erhebliche Zahn- oder
Kieferfehlstellung vorliegt (Schweregrad 4 oder 5). Die vom Bund
subventionierte Leistung soll die erforderliche Diagnostik, den
Behandlungsplan und die Therapie umfassen. Zur konkreten Umsetzung
des Vorhabens werden der Hauptverband der österreichischen
Sozialversicherungsträger und die Zahnärztekammer ersucht, in
Gesamtvertragsverhandlungen einzutreten. Selbst wenn aus
verschiedensten Gründen keine Vereinbarung für eine flächendeckende
Versorgung erreicht wird, müsse über Sonder-Einzelverträge der
Krankenversicherungsträger mit Praxen und Ambulatorien den
Anspruchsberechtigten die Kostenerstattung zustehen, präzisierten SPÖ
und ÖVP mit ihrem Antrag den Gesetzesvorschlag. Dadurch würden
vertragliche Lücken in der flächendeckenden Versorgung geschlossen.
In einem Ausschussantrag wird zudem das Gesundheits-
Zielsteuerungsgesetz zur Gesundheitsreform um die kostenfreie
Kieferregulierung für Minderjährige ergänzt.
Vorstoß der Grünen und NEOS: Facharzt Kieferorthopädie
Die GesundheitssprecherInnen von Grünen und NEOS, Eva Mückstein und
Gerald Loacker, nutzten die Thematik Zahnversorgung für einen
Entschließungsantrag auf gesetzliche Anerkennung des Berufs "Facharzt
für Kieferorthopädie". Die Spezialisierung in der Kieferorthopädie,
die eine dreijährige universitäre Ausbildung voraussetze, sei nämlich
nicht als reine Zusatzausbildung für Zahnärztinnen und Zahnärzte zu
werten, argumentierten sie, sondern stelle ein Sonderfach der
Zahnheilkunde dar. Die derzeitige Rechtslage betrachte dennoch
SpezialistInnen dieses Bereichs und DentistInnen mit
kieferorthopädischem Basiswissen in gleicher Weise, kritisierte
Mückstein. Das erschwere PatientInnen mit schweren Kieferschäden, die
richtige Arztwahl zu treffen. Andreas Karlsböck (F) - im Zivilberuf
selbst Dentist - wies den Vorstoß zurück, da Österreich bereits ein
vollständiges sechsjähriges Studium zur Zahnmedizin habe. Gegen eine
vorschnelle Einführung eines neuen Facharztberufes wandte sich ebenso
Erwin Rasinger (V). Der Grünen-NEOS-Vorstoß wurde von SPÖ, ÖVP und
Freiheitlichen mehrheitlich abgelehnt.
FPÖ: Verpflichtende Zahnuntersuchung im Mutter-Kind-Pass
Anstatt schwer finanzierbarer Programme wie die Gratis-Zahnspange
auszurollen, solle die Regierung besser für frühzeitige zahnärztliche
Untersuchungen bei Kindern sorgen, meint die FPÖ. Etwa durch eine
Verankerung einer solchen Untersuchung im Mutter-Kind-Pass, schlägt
Andreas Karlsböck (F) in seinem Entschließungsantrag (284/A[E]) vor.
Das sei "eine Investition in die Zukunft" konstatierte der
Antragsteller. Die Zahnpflege muss nach seiner Ansicht bereits mit
dem Durchbruch der Milchzähne beginnen. Neben dem regelmäßigen und
richtigen Putzen sollten spätestens zwischen dem dritten und vierten
Lebensjahr erste Zahnarztbesuche eingeplant werden, damit die Kinder
sich frühzeitig an die Kontrollen gewöhnen.
Der Antrag stieß bei SPÖ und ÖVP auf Ablehnung. Erwin Spindelberger
(S) begründete diese Haltung mit der unzureichenden Wirkung eines
einmaligen prophylaktischen Zahnarztbesuchs im Kleinkindalter.
Grüne: Bessere Therapie-Versorgung von Kindern und Jugendlichen
Generell sollten notwendige medizinische Therapien für Minderjährige
kostenlos angeboten werden (106/A[E]), finden die Grünen. Darunter
würden physio- und ergotherapeutische sowie logopädische Behandlungen
und auch Psychotherapiestunden fallen. Als Sofortmaßnahme dazu gehöre
das institutionelle Angebot deutlich verstärkt, so Eva Mückstein (G).
Die Refundierung durch die Krankenkassen bei Behandlung durch
niedergelassene TherapeutInnen sei zudem deutlich zu erhöhen.
Mückstein hofft dazu auf einen gesamtösterreichischen
Versorgungsplan, der in den Bundes- und Landeszielsteuerverträgen
aufgenommen wird. Die Finanzierung der Therapien müsse aus einer Hand
sichergestellt werden.
Bundesminister Stöger bejahte, es gebe bei funktionellen Therapien
noch viel zu tun; gerade die Finanzierungsmodalitäten seien daher
nicht nur mit der Sozialversicherung, sondern auch mit den
Bundesländern zu klären. Die Regierungsparteien vertagten in Folge
dieses Anliegen der Grünen.
Team Stronach: Blindenhunde als Rehabilitationsbehelfe anerkennen
Für die gesetzliche Anerkennung von Blindenführhunden als
medizinische Rehabilitationsmaßnahme setzte sich Marcus Franz namens
des Team Stronach ein (171/A[E]). Da Blindenhunde viel
kostengünstiger kämen als Pflegepersonal, sollte deren Anschaffung
vom Staat unterstützt werden. Die Tiere seien eine enorme Hilfe für
hochgradig sehbehinderte und erblindete Menschen bei der Bewältigung
ihres Alltags, warb auch Grünen-Abgeordnete Helene Jarmer um
Zustimmung zum Antrag. Die Hunde ermöglichten Blinden ein
selbstständiges Leben. ÖVP-Mandatar Franz-Joseph Huainigg schränkte
demgegenüber ein, obwohl die Tiere eine große Hilfe für Blinde
darstellten, seien sie doch kein Ersatz für menschliche Assistenz.
Dietmar Keck (S) informierte in dem Zusammenhang, das
Sozialministerium unterstütze bereits finanziell den Erwerb von
Blinden-, Signal-, und Servicehunden; die Qualitätserfordernisse für
diese Tiere würden in Kürze mit einer Minister-Verordnung festgelegt.
Der Antrag wurde dementsprechend von SPÖ und ÖVP nicht angenommen und
blieb damit in der Minderheit.
Initiativen gegen Klon-Fleisch und Täuschung bei Fleisch-
Kennzeichnung
Ein Importverbot für geklonte Tiere und entsprechende Lebensmittel
sei auf EU-Ebene durchzusetzen, appellieren die Grünen an die
Bundesregierung (97/A[E]). Judith Schwentner (G) stellte fest, trotz
einer angestrebten Regulierung von Klonfleisch in der Europäischen
Union bestehe die Gefahr weiteren Klonens von Tieren. Wenn in den USA
oder anderen Drittstaaten geklonte Zuchttiere an Landwirte verkauft
werden, lasse die Kommission nämlich zu, dass Nachkommen dieser Tiere
in die EU importiert werden, erläuterte sie.
Abgeordneter Johann Höfinger (V) meinte dazu, es sei abzuwarten,
welche Vorschläge die Europäische Kommission in dieser Frage vorlege.
Es gebe jedenfalls eine klare österreichische Linie, die man auch auf
EU-Ebene vertrete, wonach keine Notwendigkeit für den Import von
Klonfleisch und geklonten Zuchttieren bestehe. Das wurde auch von
Gesundheitsminister Alois Stöger bekräftigt. Der Antrag der Grünen
wurde daraufhin mit Mehrheit von SPÖ und ÖVP vertagt.
"Amtliche Täuschung" sieht das Team Stronach in der derzeitigen
Kennzeichnung aller in Österreich geschlachteten Tiere mit dem AT-
Stempel (Genusstauglichkeitsstempel) und forderte in einem
Entschließungsantrag eine Änderung (262/A[E]). Man dürfe bei
KonsumentInnen nicht länger den falschen Eindruck zu erwecken, es
handle sich bei importierten, in Österreich geschlachteten Tieren um
Fleisch heimischer Qualität, meinte Abgeordneter Marcus Franz (T). Er
erhielt hier Unterstützung der Freiheitlichen und der Grünen.
Abgeordneter Höfinger (V) verwies darauf, dass mit dem angesprochenen
Genusstauglichkeitsstempel eben keine Herkunftsbestätigung
stattfinde, sondern damit nur bestätigt werde, dass das Fleisch
geschlachteter Tiere genusstauglich ist. Für KonsumentInnen, die
sicher gehen wollen, dass sie Fleisch von in Österreich
aufgewachsenen und geschlachteten Tieren kaufen, sei das AMA-
Gütesiegel relevant. Bundesminister Alois Stöger meinte dazu, er sehe
die Sinnhaftigkeit des Vorstoßes nicht, denn eine Abschaffung dieses
Siegels würde ja bedeuten, dass man darauf verzichte, importierte
Schlachttiere tierärztlich untersuchen zu lassen. Der Antrag erhielt
nur die Unterstützung von Freiheitlichen, Grünen und Team Stronach
und wurde daher mehrheitlich abgelehnt. (Schluss
Gesundheitsausschuss) sue/rei/sox
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