- 03.03.2014, 11:21:47
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Verstärkte UVP-Probleme bei S1-Lobauautobahn erfordern Konsequenzen
Umweltorganisationen und BI untermauern Kritik am Milliardenprojekt
Utl.: Umweltorganisationen und BI untermauern Kritik am
Milliardenprojekt =
Wien (OTS) - In einer gemeinsamen Pressekonferenz erläuterten die
Umweltorganisationen Forum Wissenschaft und Umwelt (FWU) und VIRUS
gemeinsam mit der Bürgerinitiative "Rettet die Lobau" warum die
Lobauautobahn S1 Probleme macht und das UVP-Verfahren nicht
abgeschlossen werden kann und forderten Konsequenzen. Die
vorgestellte Problemauswahl reichte von der Nichtberücksichtigung der
Überflutung des Bauwerks durch hoch anstehende Grundwässer über eine
quer über alle Aspekte desaströse Fehlplanung der Erdbebensicherheit,
bis hin zur Verletzung von Grundanforderungen, die die Einhaltung der
Grenzwerte für Luftschadstoffe und Lärm absichern. Auch seien
einschlägige Normen und der Stand der Technik nicht eingehalten
worden.
Univ.Doz. Dr. Peter Weish, Präsident des Forums Wissenschaft und
Umwelt (FWU) verwies einleitend auf die fehlende Nachhaltigkeit
derartiger Milliardenprojekte. "Es ist angesichts steigender
Staatsschulden und der durch Bankensanierungen noch knapper werdenden
Mittel unverantwortlich, diesen Weg gegen alle Erfordernisse von
Klimawandel und "Peak oil" weiter zu beschreiten. Die Augen der
Verantwortlichen dürfen nicht länger vor den Umweltauswirkungen eines
Vorhabens verschlossen werden, das sich mit fortschreitender Zeit
mehr und mehr als Problemprojekt entpuppt".
Wie der Hydrogeologe und Grundwasserexperte Dr. Josef Lueger im
Auftrag der BI Rettet die Lobau aufdeckte, ist nicht nur die
Grundwassermodellierung eines derartigen, den Grundwasserkörper in
hohem Maße berührenden, Projektes unwürdig. "Die Projektanten machen
außerdem gar kein Hehl daraus, dass drei der vier wasserdichten
Wannen bei hohen Grundwasserständen überflutet werden, wie sie
historisch bereits aufgetreten sind. Erschwert werde dies durch
methodisch unrichtige, unbrauchbare Berechnung von
Grundwasserhochständen und deren Trends. "Umso unverständlicher ist
es, dass im Projekt dafür keine Maßnahmen vorgesehen sind. Man stelle
sich vor, die Autobahn muss wegen Überflutung längere Zeit
geschlossen werden, oder es werden hektische ungeplante Aktionen
gesetzt. Abpumpungen bzw. Grundwasserspiegelabsenkungen können unter
anderem den Nationalpark beeinträchtigen. Im Projekt sind daher
Maßnahmen vorzusehen und der UVP- Bewertung zu unterziehen", so
Lueger.
Der Geologe und Erdbebenexperte Dr. Roman Lahodynsky von der
Universität für Bodenkultur stellte der erdbebentechnischen Planung
ein vernichtendes Zeugnis aus. "Je länger man hinschaut desto mehr
Glieder der Bearbeitungskette sind mit Mängeln behaftet. Es wurde
weder das Bemessungsbeben richtig angesetzt noch die Umlegung auf die
zu erwartenden Beschleunigungskräfte richtig erfasst. Nach Stand der
Technik wäre ein Erbeben der Stärke M7 anzusetzen gewesen. Mit dem
Markgrafneusiedler Bruch führt ein Graben/Störungssystem in nur 3,5
Kilometern Entfernung vorbei." Dieses komme im Projekt gar nicht vor,
dementsprechend seien Nahwirkungen nicht berücksichtigt worden.
"Dabei sind wir in einer Störungs- und Absenkzone, in der sich ein
wichtiges Grundwassergebiet befindet. Ob die im Grundwasser gebaute
Tunnelröhre dichthält ist also eine wesentliche Frage. Diese
Vorgangsweise ist einem Jahrhundertbauwerk wie dem Lobautunnel nicht
angemessen. Es ist unverständlich, dass die Sachverständigen der
Behörde einfach akzeptiert haben was ihnen die Planer der Asfinag da
vorgesetzt haben, " so Lahodynsky.
Für Mag. Dr. Aron Vrtala, Sachverständiger für Luftschadstoffe und
Lärm, wurde gegen wissenschaftliche Grundprinzipien des Umgangs mit
Vertrauensbereichen und Unsicherheiten sowie einschlägiger Normierung
verstoßen. "Werden Ergebnisse von Messungen und Berechnungen nicht
mit der Angabe einer Unsicherheit versehen, so sind diese nicht
vollständig (ÖNORM A6403, Kapitel 4.1). Schon seit 1999 gibt es in
Österreich ausreichende Normierung um den Einsatz von
Ungenauigkeiten, Vertrauensbereichen bei bestimmten Vertrauensniveaus
zu rechtfertigen." so Vrtala. "Solche werden jedoch in dem Verfahren
nicht beziffert. Daher entspricht das Projekt in dieser Hinsicht
nicht dem Stand der Technik", so Vrtala weiter. In diesem Projekt
macht der Sachverständige eine große Anzahl von Unsicherheiten, die
in den Ergebnissen enthalten sind, ausfindig. Vrtala: "Man stelle
sich nur die logische Frage: Wie sicher ist das Einhalten eines
bestimmten Kriteriums ohne die Angabe eines Wertes wie "es kann mit
95%iger Sicherheit davon ausgegangen werden, dass es eingehalten
wird. Alternativ müsste ein "worst case" in Bezug auf Lärm und
Luftschadstoffimmissionen herangezogen werden. Auch hier ist das
Projekt unvollständig". Das Gutachten Vrtala zeigt minutiös auf, dass
der "worst case" der Projektunterlagen keinen schlimmsten
anzunehmenden Fall darstellt.
Wolfgang Rehm, Sprecher der Umweltorganisation VIRUS, er vertritt
auch Global 2000 im Verfahren, fasst den Stand des Verfahrens
zusammen: "Wir haben im bisherigen Verfahrensverlauf 13 Gutachten
eingebracht. Quer über viele Fachbereiche wurden die Schwächen des
Projektes aufgedeckt. Die Behörde hat aber nicht angemessen darauf
reagiert. Ein unvollständiges Projekt, das in vielen Punkten den
Stand der Technik nicht erreicht, wurde am Ende der mündlichen
Verhandlung im November 2012 entgegen der Faktenlage für
entscheidungreif erklärt". Es habe sich mehr als deutlich gezeigt,
dass es gerade das nicht ist. Dass die gesetzlich vorgeschriebene
Entscheidungsfrist von einem halben Jahr Ende Mai 2013 ereignislos
verstrichen ist spreche hier eine deutliche Sprache. "Die Behörde hat
auch unsere Befangenheitsanträge gegen sechs Behördengutachter bisher
ignoriert - sogar in jenem Fall wo das Planungsbüro bei der S1 im
gleichen Grundwassergebiet für die Asfinag mit Planung und Monitoring
tätig war. "Die Zahl der Probleme ist derart massiv dass sie auf
keine Kuhhaut mehr gehen, das Projekt wird nur mehr aus Gewohnheit am
Leben erhalten," so Rehm.
FWU, Rettet die Lobau, VIRUS und ihre Sachverständigen verweisen auf
das öffentliche Interesse der Gewährleistung eines hohen
Umweltschutzniveaus, und das Regierungsübereinkommen, das eine
Evaluation des Asfinag Bauprogramms vorsieht. "Wann wenn nicht jetzt
ist es an der Zeit für Ministerin Bures, die Reißleine zu ziehen und
die S1 umweltfreundlich zu entsorgen, ebenso wie die teuren
Satellitenprojekte S8 -"Marchfeldautobahn" und S1-"Spange Flugfeld",
so die Veranstalter unisono.
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