• 22.02.2014, 09:06:35
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  • OTS0006 OTW0006

Vom Stein auf den Schirm

Prähistorische Felskunst trifft auf Medientechnik

Eines von mehr als 50.000 Pitoti im norditalienischen Tal
Valcamonica

Utl.: Prähistorische Felskunst trifft auf Medientechnik =

St. Pölten (OTS/FH St. Pölten) - Im norditalienischen Tal Valcamonica
haben Menschen prähistorischer Kulturen Petroglyphen, sogenannte
Pitoti, in den Fels gemeißelt. Die meist Jahrtausende alten
Darstellungen sind jedoch nur schwer zugänglich - und verletzlich.
Das EU-Projekt 3D-Pitoti erfasst den Stand der mehr als 50.000
Figuren und Bilder und macht diese mit moderner Medientechnik für ein
breites Publikum zugänglich.

Jäger und Sammler, Kämpfer und Reiter, Häuser, Tiere, Schriften in
etruskischem Alphabet und abstrakte Symbole: Tausende in Stein
gemeißelte Darstellungen überziehen die grauen Felsen des Tales
Valcamonica in der Lombardei.

In die Flanken des Tales sind in der Zeit zwischen 4000 v.Chr. und
dem Mittelalter mehr als 50.000 Petroglyphen in Stein geschlagen
worden. Sie werden Pitoti genannt, was im lokalen Dialekt "kleine
Puppen" bedeutet. Sie zählen zum UNESCO-Weltkulturerbe. Sie zeigen
Jagd-, Duell- und Tanzszenen, sowie Europas erste Landkarte.

Die Erforschung dieser wertvollen Artefakte gestaltet sich
aufgrund schwer zugänglicher Hanglagen oft mühevoll. Durch das hohe
Interesse an diesen Kunstwerken sind sie einem ständigen
Besucherstrom ausgesetzt, der die anfälligen Malereien gefährdet und
zerstört.

ArchäologInnen und MedientechnikerInnen aus England, Österreich,
Deutschland und Italien arbeiten daran, die wertvollen Beispiele
frühester Kunst dauerhaft zu erhalten. Durch Nutzung neuester
Technologien werden diese digitalisiert. Dadurch können einerseits
ArchäologInnen die Pitoti im Labor wetterunabhängig umfassend
beforschen, ohne vor Ort sein zu müssen und die Steine weiterem
Abrieb auszusetzen, und andererseits können die Pitoti der
interessierten Öffentlichkeit, bspw. BesucherInnen in Ausstellungen,
als Film, Animation oder Installation dauerhaft zugänglich gemacht.

Dritte Dimension der Felsgravuren

Im Rahmen des Projekts 3D-Pitoti wird erstmals die
Dreidimensionalität der Petroglyphen untersucht und aufgezeichnet. In
diesem Projekt arbeitet die FH St. Pölten unter der Leitung der
Universität Nottingham an der Entwicklung intelligenter
Datenverarbeitungstechnologien, um inhärente Strukturen in den
3D-Daten der aufgezeichneten Petroglyphen zu erkennen und nutzbar zu
machen.

Aus der detaillierten Information zu den Spuren im Fels könnten
Rückschlüsse auf die Produktion der Bilder geschlossen werden: etwa
ob das Werkzeug aus Metall oder Stein war und auf welche Art
gehämmert und gepeckt wurde. Über die Struktur der Schläge könnten
sich bestimmte Stile klassifizieren und eventuell sogar einzelne
KünstlerInnen identifizieren lassen.

Diese Analyse und Interpretation erfolgt durch am Projekt
beteiligte ArchäologInnen. MitarbeiterInnen des Instituts für
Creative/Media/Technologies (IC/M/T) der FH St. Pölten unterstützen
diese dabei, indem sie die Daten und Muster zu den Figuren und
Bearbeitungsspuren analysieren und klassifizieren. In den letzten
Monaten wurde eine Datenbank einwickelt, auf deren Basis noch nicht
erfasste Pitoti automatisch eingeordnet werden können.

"Wir haben gemeinsam mit den Archäologinnen und Archäologen als
ersten Schritt eine Ground-Truth über die unterschiedlichen Formen
und Pecking-Stile der Petroglyphen erhoben. Mit dieser werden wir nun
Machine-Learning-Verfahren entwickeln und testen, mit denen wir in
weiterer Folge jede neue 3D-Aufzeichnung eines Petroglyphen
analysieren und klassifizieren können: Etwa ob diese eine
anthropomorphe Gestalt zeigt, ein abstraktes Bild oder die Camunische
Rose, die sich auch im Wappen der Lombardei findet, oder eines von
vielen anderen Motiven", sagt Markus Seidl, stellvertretender Leiter
des Instituts für Creative/Media/Technologies (IC/M/T) und
Projektleiter für 3D-Pitoti an der FH St. Pölten.

Wesentlich ist auch das Aufzeigen von anderen Petroglyphen, die in
Bezug auf Form, Pecking Stil und/oder Größe dem gerade aufgefunden
ähneln. "Bei der Vielzahl von mindestens 50.000 Petroglyphen ist das
eine unverzichtbare Unterstützung der Archäologinnen und Archäologen
und eine Bereicherung des Erlebnisses von Betrachterinnen und
Betrachtern der Pitoti", so Seidl.

Circa 1.500 Pitoti wurden zur Erhebung der Ground-Truth händisch
erfasst und kategorisiert. Sie liefern die Typologie und die
Trainingsdaten, anhand derer nun alle weiteren Steinbilder
automatisch klassifiziert werden können.

Wissenschaftsvermittlung mit Medientechnik

Die Felsenkunst soll in ansprechender, interaktiver Art und Weise
einem breiten Publikum vermittelt werden: Auf Touchscreens, in
Multimedia-Installationen oder als dreidimensionale Strukturen sollen
Menschen die Vielfalt der Felsbilder erfahren können.

Das Institut für Creative/Media/Technologies (IC/M/T) bereichert
mit den entwickelten Analysemethoden interaktive 3D-Visualisierungs-
und Präsentationstechniken, um WissenschaftlerInnen,
MuseumsbesucherInnen, SchülerInnen und InternetnutzerInnen in
digitaler und hochauflösender Form Zugang zu der Felsenkunst des
Valcamonica-Tals zu verschaffen.

Interviewhinweis:

Am 25. und 26. Februar findet an der TU Graz ein Treffen der
ProjektpartnerInnen statt. Auf Anfrage können Interviews vermittelt
werden (Anfragen an mark.hammer@fhstp.ac.at, 0676 / 847 228 - 269).

Projekt 3D-Pitoti

Das Projekt "3D Pitoti - 3D acquisition, processing and
presentation of prehistoric European rock-art" wird von der
Europäischen Union im Rahmen des 7. Rahmenprogramm finanziert.
Projektpartner sind die Universität Nottingham (Human Factors
Research Group/Faculty of Engineering, Leitung), die Universität
Cambridge, die Bauhaus Universität Weimar, die Technische Universität
Graz, die ARCTRON 3D GMBH sowie ASSOCIAZIONE CENTRO CAMUNO DI
STUDIPREISTORICI ED ETNOLOGICI. Laufzeit: März 2013 bis Februar 2016

http://www.ots.at/redirect/fhstp1

http://3d-pitoti.eu/

Bild(er) zu dieser Aussendung finden Sie im AOM / Originalbild-Service
sowie im OTS-Bildarchiv unter http://bild.ots.at

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