- 10.02.2014, 11:16:24
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Weltpremiere der ORF-koproduzierten Himmler-Doku "Der Anständige" mit Moretti und Co. auf der Berlinale
ORF unterstützt Kinoeinsatz in den USA - Ausstrahlung verschoben
Utl.: ORF unterstützt Kinoeinsatz in den USA - Ausstrahlung
verschoben =
Wien (OTS) - Viel Applaus in Berlin: Gestern, am Sonntag, dem 9.
Februar 2014, feierte der vom ORF koproduzierte und bereits mit
Spannung erwartete Dokumentarfilm "Der Anständige" bei den 64.
Filmfestspielen seine erfolgreiche Weltpremiere. Das von Vanessa Lapa
gestaltete Psychogramm Heinrich Himmlers, dem das erst Ende Jänner
veröffentlichte sensationelle Konvolut aufgefundener persönlicher
Briefe, Tagebücher, Fotos und anderer Dokumente zugrunde liegt,
eröffnet einen außergewöhnlichen und bisher unbekannten Blick auf
einen der größten Völkermörder der Menschheitsgeschichte. Nach rund
sieben Jahren intensivster Arbeit fiel gestern der enorme Druck, der
auf der israelischen Filmemacherin gelastet hatte, sichtlich ab. Zu
Tränen gerührt stellte sich Lapa, die selbst einer vom Holocaust
betroffenen Familie entstammt, gemeinsam mit ihrem Filmteam im
Anschluss an die Premiere den Fragen des interessierten Publikums.
Unter den Gästen waren neben ORF-Generaldirektor Dr. Alexander
Wrabetz u. a. der ehemalige Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer, der
österreichische Botschafter in Berlin, Dr. Ralph Scheide, der Wiener
Großinvestor und Filmfinancier Martin Schlaff mit Ehefrau Barbara,
die Autorin und Himmler-Großnichte Katrin Himmler sowie
Oscar-Preisträger Stefan Ruzowitzky. Ebenfalls in Berlin dabei waren
die prominenten Stimmen des Films: Himmler-Sprecher Tobias Moretti
samt Kindern Lenz und Antonia, die dem jungen Himmler und der
Himmler-Tochter Gudrun ihre Stimmen leihen, Sophie Rois alias Marga
Himmler und Burgschauspielerin Pauline Knof, die die Himmler-Geliebte
Hedwig Potthast spricht. Im Anschluss an die Premiere fand ein
Empfang in der österreichischen Botschaft statt.
Dr. Alfred Gusenbauer: "Unseren deutschen Freunden einen kleinen
Schritt voraus"
Als einziger deutschsprachiger Sender hat der ORF das Filmprojekt
"Der Anständige" unterstützt, das ausschließlich auf dem privaten
Himmler-Nachlass und neu entdecktem filmischen Archivmaterial beruht
- ohne erklärenden Text, Zeitzeugeninterviews, Historikerkommentaren,
Dreharbeiten an Originalschauplätzen oder Spielszenen. Kein deutscher
Sender wollte sich darauf einlassen. "Es freut mich besonders, dass
der ORF dazu bereit war, denn es gelingt uns nicht oft, bei diesem
Thema unseren deutschen Freunden einen kleinen Schritt voraus zu
sein", so der ehemalige österreichische Bundeskanzler Dr. Alfred
Gusenbauer, der die Filmemacherin und ihr Projekt schon sehr früh
unterstützt hat. "Ich halte das Konzept für atemberaubend. Es ist
eindrucksvoll umgesetzt und ich bin fasziniert von der Bildsprache
und der Faktendarstellung. Das ist ein großartiger und enorm
wichtiger Film geworden", so Gusenbauer.
Dr. Alexander Wrabetz: "Hier ist etwas Einzigartiges gelungen"
Den ursprünglichen Plan, sein Erstausstrahlungsrecht gleich im
Anschluss an die Berlinale zu nutzen, verschiebt der ORF nun
zugunsten eines größeren Vorhabens: Der internationale Weltvertrieb
strebt aufgrund des großen Interesses auch eine Kinoverwertung in den
USA an. In Österreich und Deutschland sind bereits Verleiher
gefunden. "Wir sind sehr froh und stolz, dass wir bei diesem Projekt
dabei sein konnten und es mitermöglicht haben. Hier ist etwas
Einzigartiges gelungen: ein Dokumentarfilm, der nicht den klassischen
Stil wählt, sondern Dokumente und Bilder allein für sich sprechen
lässt", so ORF-Generaldirektor Dr. Alexander Wrabetz. "'Der
Anständige' ist ein weiteres besonderes Beispiel dafür, wie der ORF
seine Verantwortung als Vermittler von Zeitgeschichte wahrnimmt und
seinen Beitrag dazu leistet, die Vergangenheit umfassend
aufzuarbeiten. Wir wollen diesen Film als erster TV-Sender weltweit
so rasch wie möglich unserem Publikum zeigen, doch aufgrund des
großen Interesses werden wir unsere Ausstrahlung mit dem
Kino-Weltvertrieb koordinieren und dadurch eine noch weitere
Verbreitung ermöglichen", so Wrabetz.
Lange, schwierige Reise für Filmemacherin Vanessa Lapa
"Es war eine sehr, sehr, sehr lange und schwierige Reise. Aber ich
fühle mich glücklich heute", sagt die in Antwerpen, Belgien, geborene
und aufgewachsene Filmemacherin Vanessa Lapa. "Und ich bin sehr froh,
in Österreich Partner für diesen Film gefunden zu haben. Dort wurde
ich herzlich aufgenommen. Dafür und für das Vertrauen danke ich allen
meinen Partnern und Unterstützern." Lapa ist nicht nur Regisseurin
des Films, sondern auch Produzentin und - gemeinsam mit dem
israelischen Autor Ori Weisbrod - Drehbuchverfasserin. Die auf ihre
Echtheit positiv geprüfte Himmler-Sammlung - 276 Briefe Heinrich
Himmlers an seine Frau Marga, 135 vornehmlich private Fotografien,
die Tagebücher des Ehepaares sowie jenes der Tochter Gudrun, weiters
Gudruns Poesiealbum sowie eine ganze Reihe weiterer Dokumente der
Familie - ist im Besitz von Lapas Produktionsfirma Realworks Ltd. Zur
Verfügung gestellt hat sie ihr Vater David Lapa, der das Konvolut
2006 aus dem Nachlass eines jüdischen Staatsbürgers kaufte, der es
rund 40 Jahre unter dem Bett gelagert haben soll. Wie es dorthin
gelangte, ist bis dato nicht sicher geklärt.
Produzent Felix Breisach: "Neue Dimension"; Tobias Moretti: "Inferno
der Unvorstellbarkeit"
"Nachdem Vanessa Lapa damit zu mir kam, habe ich mich zuerst
vergewissert, dass ich nicht in eine 'Schtonk 2'-Falle tappe",
erzählt der österreichische Koproduzent des Films, Felix Breisach.
Als er verstanden habe, was er da in Händen hatte, kontaktierte der
gebürtige Grazer Regisseur und Produzent mit Schwerpunkt Kunst und
Kultur den ORF. "Von keinem hochrangigen Nazi hat man je einen
privaten Nachlass gefunden. Dieser Fund schreibt zwar nicht die
Geschichte des Holocaust neu, aber er eröffnet eine neue Dimension.
Der darauf beruhende Film lässt uns die Perfidität dieses Mannes
spüren und sehen, wie aus einem ganz normalen Menschen ein
Massenmörder werden kann. Das ist ein Film, den wir erzählen müssen,
um etwas an nachfolgende Generationen weiterzugeben, die drauf und
dran sind, es zu vergessen", so Breisach.
Auch Protagonist Tobias Moretti argumentiert in diesem Sinn: "Es ist
erschreckend und erstaunlich, wie banal die Hölle sich nicht nur
darstellt, sondern wie banal sich das Inferno der Unvorstellbarkeit
einfügt."
Das umfassende Archivmaterial für die Doku hat der deutsche
Produktionspartner und Zeitgeschichte-Autor und -filmer Hermann
Pölking-Eiken organisiert. "Wir haben in 181 Archiven weltweit
recherchiert und von 58 Archiven Filme bekommen. Rund 200, meist
private Filme, haben wir für den Film verwendet", erzählt
Pölking-Eiken. Dieses Material hat Realworks in Israel aufwendig
restaurieren lassen.
Katrin Himmler: "Denke, dass das ein toller Film geworden ist"
Vom Resultat der israelisch-deutsch-österreichischen Kooperation
zeigte sich im Rahmen der Premiere auch Katrin Himmler, die
Großnichte Heinrich Himmlers, Enkelin des Himmler-Bruders Ernst,
beeindruckt. Den privaten Nachlass ihres Vorfahren verarbeitete sie
parallel zum Film gemeinsam mit dem Historiker Michael Wildt zu einem
heute erscheinenden Buch mit dem Titel "Himmler privat. Briefe eines
Massenmörders". "Es hat mich berührt, dass es geschafft ist, weil es
viel Arbeit war. Wir haben uns währenddessen eng ausgetauscht, und
wir hätten das Buch gar nicht machen können, wenn Vanessa uns nicht
das Material zur Verfügung gestellt hätte. Es war eine tolle
Zusammenarbeit! Ich bin stolz auf sie und denke, dass das ein toller
Film geworden ist."
"Der Anständige" ist eine Produktion von Realworks Ltd. (Vanessa
Lapa, Tel Aviv) in Koproduktion mit Felix Breisach Medienwerkstatt
GmbH (Wien), Helden der Geschichte UG (Hermann Pölking-Eiken,
Berlin), dem ORF und dem israelischen Sender yes.
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