• 10.12.2013, 14:28:16
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Weiter Bulldozer am Meeresgrund: WWF kritisiert EU-Parlament

Verbot von Grundschleppnetzen in Tiefsee vorerst geplatzt

Utl.: Verbot von Grundschleppnetzen in Tiefsee vorerst geplatzt =

Brüssel/Wien. (OTS) - Der Versuch Fische und Lebensräume der Tiefsee
besser zu schützen ist heute im EU-Parlament gescheitert. Die
Abgeordneten stimmten gegen ein Verbot von Grundschleppnetzen ab 600
Metern Tiefe in EU-Gewässern und der Hohen See. "Es ist der blanke
Hohn: Die zerstörerischste Fischereitechnik soll weiterhin in einem
der empfindlichsten Lebensräume des Meeres eingesetzt werden",
kritisiert Simone Niedermüller, Meeresschutzexpertin beim WWF das
heutige Votum. "Nachhaltige Fischerei muss unabhängig sein von der
Wassertiefe!"

Jahrhundertealte Korallenriffe werden in wenigen Minuten zerschlagen
und abrasiert, wenn auf der Jagd nach Rot- und Granatbarsch riesige
Grundschleppnetze über einen Seeberg der Tiefsee gezogen werden.
Damit wird auch der Lebensraum für bedrohte Tiefseehaie und hunderte
wirbelloser Tierarten regelrecht planiert. Zudem sind Tiefseefische
besonders anfällig für Überfischung, da sie langsam wachsen, sich
erst im hohen Alter fortpflanzen und oft nur wenige Nachkommen
produzieren. Unter den bisherigen EU-Regeln für Tiefseefischerei
konnten sich die Bestände nicht vom stetigen Fischereidruck erholen.
Nur in mühsamer Kleinarbeit wurden bestimmte Flächen per Verordnung
für die Flotten der großen Bodentrawler gesperrt.

"Die Beifangraten in der Tiefseefischerei sind haarsträubend, bis zu
100 Arten werden neben der erwünschten mitgefangen, weil die riesigen
Netze alles Leben verschlucken", erläutert Expertin Niedermüller ein
weiteres Umweltproblem dieser Fischerei. "Ganze Artengemeinschaften
werden viel stärker geschädigt, als durch eine zielgerichtete
Fischerei."

Die EU hat eine der größten Tiefsee-Flotten der Welt, sie fischt in
europäischen Gewässern und der Hohen See. Die Bestände von
Tiefseefischen im Nordostatlantik gehören weltweit zu den am
stärksten befischten. Der Löwenanteil von 90 Prozent der Fänge geht
auf das Konto von nur drei Nationen - Portugal, Spanien und
Frankreich. Die zerstörerischen Grundschleppnetze zählen zu den
verbreitetsten Fangmethoden der europäischen Tiefseeflotte. Ein
Großteil der umweltschädigenden Fischereien wird auf den
Kontinentalhängen und an Seebergen in Tiefen zwischen 200 und 1000
Metern betrieben. Gerade hier finden sich ökologisch wertvolle
Kaltwasserkorallenriffe und -gärten und andere empfindliche
Lebensräume wie Formationen von Tiefseeschwämmen.

Auch wenn die Verordnung einige gute Regelungen vorschlägt und das
Votum der EU-Parlamentarier mit 342 zu 326 Stimmen zum Verbot des
Einsatzes von Grundschleppnetzen denkbar knapp war, hat heute die
Vision einer umfassenden, nachhaltigen Fischereipolitik laut WWF eine
herbe Niederlage erfahren. Die Entscheidung des Ministerrates zur
Tiefseefischerei steht bislang noch aus. Niedermüller sieht hier aber
wenig Hoffnung für einen Kurswechsel. "Bisher haben sich die
Fischereiminister nicht für den Schutz der Tiefsee stark gemacht."

Auch der Gesetzgebungsprozess zur Reform der europäischen
Fischereipolitik wurde heute durch die finale Zustimmung des
Parlaments formell beendet. Wie wirksam diese für eine nachhaltige
Fischerei sorgt, wird sich bei der jetzt anstehenden Umsetzung zeigen
müssen.

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | WWF

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