Die Geschichte der Menschheit wird durch neue Technologie für jeden zugänglich.

Utl.: Die Geschichte der Menschheit wird durch neue Technologie für
jeden zugänglich. =
Wien (OTS) - Geographische Orte aus der Antike und deren
Veränderungen über die Jahrhunderte hinweg werden mittels einer
neuen Suchmaschine online wieder sichtbar. "Verlorenes" Wissen sowie
das wechselnde Schicksal historischer Orte und Städte werden künftig
mit Hilfe von historischen Karten und Dokumenten in noch nie da
gewesener Tiefe erkundet werden können. Ein internationales
Forscherteam rund um ExpertInnen des AIT Austrian Institute of
Technology arbeitet gemeinsam mit der University of Southampton und
der Open University (Großbritannien) an einer Suchmaschine, die Zeit
und Raum für jedermann greifbar und unser kulturelles Erbe dadurch
für die Nachwelt einfach zugänglich machen soll. Die Suchmaschine
wird im Rahmen des Projekts Pelagios 3: Early Geospatial Documents
unter der Leitung des Archäologen Dr. Leif Isaksen (University of
Southampton) entwickelt.
"Benutzer werden einen Ortsnamen in eine Suchmaschine auf der
Pelagios Webseite tippen können, und mit einem Mausklick erhalten sie
einen 'digitalen Ortsindex mit Links zu Landkarten und Texten -
datiert vor dem Jahr 1492. Je mehr Ergebnisse in der Datenbank
verfügbar sind, desto umfassender lässt sich nachvollziehen, wie sich
ein Ort über die Zeit verändert hat, und wie er von Zeitgenossen
gesehen und beschrieben wurde", erklärt Isaksen. "So ist zum Beispiel
bemerkenswert, dass Claudius Ptolemäus, ein römischer Astronom,
London als einen seiner zentralen Referenzpunkte für globale
Zeitzonen im späten 2. Jahrhundert verwendete, genau wie wir es heute
tun".
Die Suchmaschine wird Ortsangaben -und erwähnungen aus
lateinischen, griechischen und arabischen Dokumenten vor dem Jahr
1492, darüber hinaus aus mittelalterlichen Mappaemundi und Portolan
Seekarten, sowie Landkarten aus dem mittelalterlichen China
identifizieren können und dazu Querverweise zu digitalen
Ortsregistern erzeugen. Dadurch wird es erstmals möglich sein, sowohl
Inhalte von Karten, als auch von Texten miteinander zu vergleichen,
um z.B. zu ermitteln, wie sich Ortsnamen über die Zeit hinweg
entwickelt haben oder wie und wann genau neue Orte in den jeweiligen
Quellen zum ersten Mal erwähnt werden.
Wiederentdeckung sagenhafter Orte
Eine weitere Besonderheit - viele Ortsnamen aus frühen Dokumenten
sind obskur, erfunden oder existierten nur in der populären oder
religiösen Vorstellung einer bestimmten Epoche. Auch vor diesem
Hintergrund möchte das Projekt dabei helfen, die spannenden
Biographien historischer Orte aus vergangenen Zeiten für die Zukunft
noch detaillierter zu entschlüsseln. "Die erstmalige Verknüpfung
einer solchen Vielfalt an Daten", so Isaksen, "ermöglicht es uns
gewissermaßen, das Weltverständnis der Menschen damals - mit all
seinen Kontinuitäten und Diskontinuitäten - nachvollziehbar zu
machen. Nicht minder spannend ist, dass man eine Vielzahl ganz
verschiedener Fragmente der Lebensgeschichte eines bestimmten Ortes
auf einen Blick zur Verfügung haben wird: seine Verbindungen mit
anderen Orten, seine Geschichten, seine Darstellungen."
Dr. Elton Barker, Dozent für antike griechische Literatur und
Kultur an der Open University fügt hinzu: "Orte sind viel mehr als
nur Punkte auf einer Landkarte. In der heutigen Zeit sind wir an eine
bestimmte Darstellung der Welt gewöhnt; eine Art von 'Wahrheit', die
durch moderne Technologien wie Google Earth stark in unserer
Wahrnehmung verankert ist. Die in Pelagios 3 bearbeiteten Dokumente
waren nicht nur die 'Wahrheit' für die Menschen jener Zeit - insofern
als sie deren Vorstellungen über die Welt um sie herum ausdrückten -
sie haben auch heute noch immensen Wert für uns; nicht zuletzt weil
sie die Veränderung von Orten über die Jahrhunderte und deren
wechselnde Beziehungen untereinander dokumentieren."
"Technisch stellt uns das Projekt vor ganz neue
Herausforderungen", erklärt Dr. Rainer Simon, Informatiker der
Forschungsgruppe "Next Generation Content Management Systems" am AIT
Safety & Security Department. "Optische Texterkennung - ein
computerbasiertes Verfahren zur vollautomatischen Erkennung von
Texten in digitalen Bildern, auch bekannt als 'OCR', ist für den
Einsatz mit mittelalterlichen Handschriften ungeeignet. Wir
entwickeln daher völlig neue, halbautomatische Verfahren, die mittels
Kombination von modernster Bildverarbeitung und statistischen
Methoden unseren Expertinnen und Experten so viel wie möglich von der
aufwändigen manuellen Transkriptionsarbeit abnehmen werden, indem sie
zum Beispiel die Positionen von Schriftzügen auf einer Karte
automatisch vorselektieren, und auf Basis ähnlicher Karten sowie
anderen, von Experten bereits bestätigten, Orten selbstständig
plausible Transkriptionen vorschlagen."
Dr. Leif Isaksen, Dr. Elton Barker und Dr. Rainer Simon arbeiten
mit ExpertInnen der British Library, der Queen Mary University of
London, dem King's College London, den Universitäten von Portsmouth
und Edinburgh, der New York University, sowie der Drew und der
Harvard University zusammen. Pelagios 3 wird mit einem Förderbudget
von $494,000 von der Andrew W. Mellon Foundation unterstützt.
http://www.mellon.org/
Österreichisches Know How für Online-Suchmaschinen mit
kollektiver Intelligenz
Das AIT hat sich mit dem Forschungsschwerpunkt Next Generation
Content Management Systems auf dem Gebiet des Managements großer und
komplexer Datenmengen über lange Zeiträume hinweg in den letzten
Jahren international erfolgreich positioniert. Das AIT-Expertenteam
rund um Dr. Ross King untersucht verschiedenste Aspekte des Digital
Information Life Cycle, von der Aufnahme digitaler Objekte in Archive
über die Langzeitspeicherung und Archivierung bis hin zu neuesten
Methoden für die Suche nach und den Zugriff auf die archivierten
Daten.
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