- 22.09.2013, 16:29:13
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Armutsbetroffene fordern stärkere Vertretung ihrer Interessen im Parlament
Parlament der Ausgegrenzten zeigt Defizite der repräsentativen Demokratie
Utl.: Parlament der Ausgegrenzten zeigt Defizite der repräsentativen
 Demokratie =
Wien (OTS) - Sichtbar werden und gehört werden, das sind die
 zentralen Anliegen, die von den etwa 100 Menschen mit
 Armutserfahrungen seit 2006 im Rahmen der Plattform Sichtbar werden
 der Armutskonferenz verfolgt werden. Am 21. und 22. September trafen
 sie sich in Wien zu einem Parlament der Ausgegrenzten, um auf
 Defizite der repräsentativen Demokratie aufmerksam zu machen und von
 VertreterInnen der wahlwerbenden Parteien stärkeren Einsatz gegen
 Armut und Ausgrenzung in der nächsten Legislaturperiode zu fordern.
Dabei machten die AktivistInnen von u.a. Arbeitsloseninitiativen,
 Straßenzeitungen, Alleinerziehenden, SelbstvertreterInnen psychisch
 Erkrankter und Selbsthilfegruppen von MindestsicherungsbezieherInnen
 deutlich, wie sehr Expertise und Lösungsansätze der Betroffenen
 selbst in den Entscheidungsprozessen der repräsentativen Demokratie
 ignoriert werden.
Die anwesenden VertreterInnen der wahlwerbenden Partein
 bestätigten, dass viel von dem hier gehörten und gesammelten
 Erfahrungswissen nie ins Parlament dringen und zahlreiche
 Veränderungen notwendig sind.
Zentrale Forderungen
Zu den zentralen Forderungen des Parlaments der Ausgegrenzten
 zählen u.a.:
- Ein existenzsicherndes Einkommens aus Erwerbsarbeit und
 Sozialleistungen durch gesetzliche Mindestlöhne, die Anhebung der
 Nettoersatzrate des Arbeitslosengeldes auf 70% und die
 Vereinheitlichung und Verbesserungen der bedarfsorientierten
 Mindestsicherung;
- Vertretung und Mitspracherecht von Betroffenen im
 Arbeitsmarktbereich;
- Respektvoller Umgang statt Beschämung auf allen Ämtern; 
 - Leistbare Wohnungen und Zweckbindung der Wohnbauförderung für den
 Wohnbau, sowie Ausbau von qualitätvollen Notquartieren, auch für
 Familien;
- Bessere Versorgung mit psycho-sozialen Notdiensten, auch im
 ländlichen Bereich; kostenlose Psychotherapie-Angebote;
 uneingeschränkter Zugang zu Gesundheits- und Rehabilitationsmaßnahmen
 für Menschen mit multiplen Beeinträchtigungen und Schließung der
 Lücke der Nichtversicherung;
- Eine gemeinsame und inklusive Schule der 10-15jährigen;
 Basisbildung auch für Erwachsene; Stärken fördern statt Schwächen
 sanktionieren als Prinzip des Bildungssystems;
- Verbesserung des Unterhaltsrechts und garantierte Grundsicherung
 für alle Kinder; Ganztagesbetreuung für Kinder jeden Alters
Recht auf Mitentscheidung - Sicherung von Grundrechten
Im Sinne zukünftig stärkerer Partizipation von Menschen mit
 Armutserfahrungen an politischen Entscheidungen, die diese
 unmittelbar betreffen, wurden verbindliche und verbesserte Strukturen
 und Instrumente der Beteiligung, sowie Basisfinanzierung für
 Selbstorganisationen und Beteiligungsprojekten gefordert.
 Soziale Grundrechte müssen durch Verankerung in der Verfassung und
 Hilfe zur Rechtsdurchsetzung gestärkt werden.
Reaktionen der ParteienvertreterInnen
Petra Bayr, SPÖ versprach, sich für die "dringende Evaluierung"
 der bedarfsorientierten Mindestsicherung und deren Verbesserung auf
 ein bundeseinheitliches höheres Level und eine Wohnbauoffensive mit
 öffentlichen Geldern einzusetzen.
Gabriele Tamandl, ÖVP will für mehr Mitspracherecht von
 Arbeitslosen im AMS sorgen und betonte, dass Sanktionen in der
 derzeitigen Form unwürdig seien und nicht erhalten bleiben dürfen.
Franz-Joseph Huainigg, ÖVP stimmte dem notwendigen Einsatz für
 mehr sozialen Wohnbau zu und wird weiterhin für ein Ersetzen der
 Sonderschule durch Inklusion kämpfen.
Norbert Hofer, FPÖ unterstrich die Forderung der TeilnehmerInnen
 nach einem Bildungssystem, das nicht Anpassung sondern selbstbewusste
 Menschen fördert, die nicht leicht verführbar sind.
Karl Öllinger, GRÜNE sprach sich für eine direkte Vertretung von
 Betroffenen-Initiativen in AMS und Sozialversicherung aus; auch in
 Parlamentsausschüssen sollen Menschen mit Armutserfahrungen zukünftig
 direkt gehört werden.
Melina Klaus, KPÖ betonte den Einsatz ihrer Partei für ein
 Grundeinkommen, ein erster Schritt wäre eine Mindestpension zwischen
 1.300 und 1.500 Euro;
Parteikollegin Claudia Krieglsteiner kritisierte in diesem
 Zusammenhang die mögliche Streichung der Mindestsicherung; ein
 Minimum an Existensicherung müsse für alle garantiert sein.
Gerhard Hager von der Piratenpartei will ebenfalls ein
 bedingungsloses Grundeinkommen umsetzen und u.a. damit Existenz, aber
 auch Teilhabe und einen Zugewinn an Freiheit aller sichern.
Angelika Mlinar, NEOS sprach sich dafür aus, den derzeitigen
 "Sozialtransferdschungel" durch eine Grundsicherung zu ersetzen, die
 alle anderen Sozialtransfers und Pensionen ablöst.
Fayad Mulla "Der Wandel" würde sich, käme seine Partei ins
 Parlament, u.a. für gleiche Besteuerung von Arbeit und Kapital als
 Beitrag zu gerechteren Verteilung einsetzen.
In neun Monaten wird die Armutskonferenz alle
 ParteienvertreterInnen erneut kontaktieren und nachfragen, welche
 Umsetzungsschritte tatsächlich erfolgt sind.
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