• 17.05.2013, 10:00:01
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  • OTS0048 OTW0048

Presserat: Verwendung eines "Symbolfotos" für eine konkrete Person verstößt gegen Ehrenkodex

Die Veröffentlichung eines Agenturbilds als "Symbolfoto" für eine Kenianerin, die Opfer einer Straftat wurde, ist ein medienethischer Verstoß

Utl.: Die Veröffentlichung eines Agenturbilds als "Symbolfoto" für
eine Kenianerin, die Opfer einer Straftat wurde, ist ein
medienethischer Verstoß =

Wien (OTS) - Der Senat 2 bewertete einen Artikel in der Tageszeitung
"Österreich" über eine kenianische Frau, die in einer Wiener
U-Bahn-Station von einem Mann auf die Geleise gestoßen und dabei
verletzt worden war (Ausgabe vom 8.1.2013). Dem Artikel war ein
verpixeltes und mit einem schwarzen Balken versehenes Agenturbild
beigegeben, das irgendeine schwarze Frau zeigt und mit dem Wort
"Symbolfoto" gekennzeichnet war.

Der Senat betonte, dass hier einem Bericht über einen Vorfall, der
tatsächlich geschehen ist, ein Bild beigefügt wurde, das mit dem
Vorfall nichts zu tun hat. Den Lesern wurde dadurch nach Meinung des
Senats Authentizität vorgetäuscht. Das Bild führte auch deshalb in
die Irre, weil im beigefügten Bildtext angemerkt wurde, dass es sich
tatsächlich um das Opfer der Straftat handle.
Eine derartige falsche Darstellung ist laut Senat ein Verstoß gegen
Punkt 2.1 des Ehrenkodex für die österreichische Presse, wonach
Gewissenhaftigkeit und Korrektheit in der Wiedergabe von Nachrichten
oberste Verpflichtung von Journalisten sind. Auch Bilder können unter
diesen Punkt fallen, wenn sie - wie hier - Nachrichten vermitteln.

Das Medium hat zwar in der rechten Ecke des Agenturbilds angemerkt,
dass es sich um ein Symbolfoto handle. Da dieser Hinweis jedoch sehr
klein ausgefallen ist, wurden die Leser über die wirklichen Umstände
nicht ausreichend aufgeklärt, so der Senat weiter.
Abschließend weist der der Senat darauf hin, dass Symbolfotos
typischerweise bei Berichten eingesetzt werden, in denen keine
konkreten Personen im Mittelpunkt stehen. Gegen den Einsatz von
Symbolfotos ist prinzipiell nichts einzuwenden, wenn der
Symbolcharakter offenkundig oder das Bild entsprechend gekennzeichnet
ist. Die Verwendung eines "Symbolfotos" für eine konkrete Person -
hier das Opfer einer kriminellen Handlung - wird der Individualität
des Menschen aber nicht gerecht und erscheint dem Senat deshalb
grundsätzlich als medienethisch bedenklich.

SELBSTÄNDIGES VERFAHREN AUFGRUND EINER MITTEILUNG EINES LESERS

Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen
Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und
Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der beiden
Senate des Presserats sind weisungsfrei und unabhängig.
Im vorliegenden Fall hat der Senat 2 des Presserats aufgrund einer
Mitteilung eines Lesers ein Verfahren durchgeführt (selbständiges
Verfahren aufgrund einer Mitteilung). In diesem Verfahren äußert der
Senat seine Meinung, ob ein Artikel den Grundsätzen der Medienethik
entspricht. Von der Möglichkeit, an dem Verfahren teilzunehmen, hat
die Medieninhaberin der Tageszeitung "Österreich" nicht Gebrauch
gemacht.
Bisher hat sich die Medieninhaberin der Tageszeitung "Österreich" der
Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats nicht unterworfen.

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | OPR

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