• 29.04.2013, 19:16:19
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"Kleine Zeitung" Leitartikel: "Die Sehnsucht nach einem anderen Politikstil" (Von Thomas Götz)

Ausgabe vom 30.04.2013

Utl.: Ausgabe vom 30.04.2013 =

Graz (OTS/Vorausmeldung) - Die Wahl in Tirol eignet sich schlecht
für Rückschlüsse auf andere Bundesländer. Noch weniger sagt sie über
die Nationalratswahl im Herbst aus. Zu sonderbar war die Ausgangslage
im Alpenland.

Nirgendwo sonst macht sich die Landeshauptmannpartei die Entscheidung
mit Abspaltungen ihrer selbst aus. Zählt man alle Stimmen dazu, die
ÖVP-Klone von der Mutterpartei abzogen, Platter hätte über 60 Prozent
der Stimmen erreicht. Das lässt selbst Erwin Pröll erblassen.

Nirgendwo sonst hat sich Frank Stronachs neue Partei durch blanken
Dilettantismus selbst aus dem Verkehr gezogen. Drei Listen drängten
zum Trog, antreten durfte der Kandidat, den Stronach nicht wollte.
Die unterlegene Kollegin rief zum Boykott der Liste auf. So einen
Gefallen wird der Patriarch seiner Konkurrenz in Salzburg und im Bund
nicht machen.

Ein paar Konstanten gab es dann doch. Erschreckend wenige Menschen
waren überhaupt noch bereit, eine stunde ihrer Lebenszeit für die
Stimmabgabe abzuzweigen. Vorbei die Zeiten, als dieses wichtigste
Bürgerrecht nahezu heilig war, vergessen die fernen Zeiten der
Diktatur. Regierungsfähige Mehrheiten sichert das Wahlrecht zwar
trotzdem, aber selbst triumphale Sieger schwächeln, wenn die Basis
schmilzt.

Es gehört keine Prophetengabe dazu, die Wünsche der enttäuschten
Wähler zu ahnen. Vernünftige Sacharbeit zwischen den Wahlterminen,
das wär's wohl, kurz gesagt. Scheingefechte, Wahlschlachten,
Plakatwälder und Schaukämpfe kurz vor dem Urnengang, all das
interessiert nur noch die Veranstalter. Die Propaganda erreicht ihre
Adressaten längst nicht mehr, sie kostet nur noch Geld, das nicht
vorhanden ist.

Es wird sich zeigen, ob die wachsende Zersplitterung der
Parteienlandschaft, ob die massenhafte Wahlenthaltung einen
Wettbewerb um neue Formen der Politik auslösen wird. Die Sehnsucht
danach gibt es, auch unter den Politikern selbst. Im Salzburger
Wahlkampf haben die Spitzenkandidaten beider Großparteien ihren
Widerwillen über den herrschenden Politikstil geäußert. Zumindest
einer von ihnen wird Gelegenheit bekommen, es vorzumachen.

Dass die Grünen in Innsbruck die relativ stärkste Partei geworden
sind, sollte das Nachdenken erleichtern. Früher als andere haben sie
sich von den üblichen Formen des Politikbetriebs abgewandt und Neues
ausprobiert. Lange war die Durststrecke, nun scheinen Oasen in Sicht.
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