• 12.04.2013, 10:00:01
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  • OTS0056 OTW0056

Presserat: Bezeichnung eines mutmaßlichen Straftäters als "Sex-Monster" verletzt Ehrenkodex

Wien (OTS) - Der Senat 1 des Presserates beschäftigte sich in seiner
letzten Sitzung mit mehreren Artikeln, in denen ein mutmaßlicher
Vergewaltiger als "Sex-Monster" bezeichnet wurde. Konkret ging es um
die Artikel "Sex-Monster auf Flucht geschnappt", erschienen am 31.
Dezember 2012 auf "www.oe24.at", "Österreichs brutalstes
Sex-Monster", erschienen in der Tageszeitung "Österreich" am 11.
Jänner 2013, und um den Artikel "U-6-Sex-Monster nach Wien
überstellt", erschienen in der "Kronen Zeitung" am 10. Jänner 2013.

Das Verfahren gegen die Webseite "www.oe24.at" wurde aufgrund einer
Lesermitteilung eingeleitet, die anderen Fälle hat der Senat 1
eigenständig aufgegriffen.

Verletzung der Menschenwürde

Gemäß Punkt 5.1 des Ehrenkodex für die österreichische Presse hat
jeder Mensch Anspruch auf Wahrung der Rechte und Würde seiner Person.
Diesem Grundsatz ist bei den vorliegenden Artikeln nach Ansicht des
Senats nicht Rechnung getragen worden.
Der Senat 1 vertritt die Auffassung, dass die Bezeichnung eines
Menschen als "Sex-Monster" die vom Ehrenkodex der Österreichischen
Presse - im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention
und der Europäischen Grundrechtecharta - geforderte Wahrung der Würde
der menschlichen Person missachtet. Eine derartige Bezeichnung
verstößt, unabhängig von der Schwere der dieser Person vorgeworfenen
- im Übrigen noch nicht erwiesenen - Straftaten gegen die Würde jedes
Menschen und dessen Recht auf Wahrung der Unschuldsvermutung (vgl.
den vom Senat 1 entschiedenen Fall 2011/27). Die derb abwertende
Bezeichnung eines Menschen als "Monster" ist überschießend und daher
auch nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt (siehe auch die
Entscheidung des Senats 2 im Fall 2012/S2-II).

Selbständige Verfahren aufgrund einer Mitteilung eines Lesers
bzw. aus eigener Wahrnehmung

Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen
Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und
Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der beiden
Senate des Presserats sind weisungsfrei und unabhängig.
In den vorliegenden Fällen hat der Senat 1 des Presserats aufgrund
einer Lesermitteilung bzw. aus eigener Wahrnehmung Verfahren
durchgeführt (selbständige Verfahren aufgrund einer Mitteilung eines
Lesers bzw. aus eigener Wahrnehmung). In diesen Verfahren äußert der
Senat seine Meinung, ob ein Artikel den Grundsätzen der Medienethik
entspricht. Von der Möglichkeit, an dem Verfahren teilzunehmen, haben
die Medieninhaberinnen der Webseite "www.oe24.at", der Tageszeitung
"Österreich" sowie der "Kronen Zeitung" nicht Gebrauch gemacht.
Bisher haben sich die Medieninhaberinnen der genannten Medien der
Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats nicht unterworfen.

Die Entscheidungen im Langtext finden Sie auf der Homepage des
Presserates (www.presserat.at).

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | OPR

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