• 03.04.2013, 07:30:31
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Bessere Chancen auf Weiterbildung für alle

Niederländische Betriebe finanzieren Weiterbildung aus Umlagefonds - ein Modell auch für Österreich?

Utl.: Niederländische Betriebe finanzieren Weiterbildung aus
Umlagefonds - ein Modell auch für Österreich? =

Wien/Graz (OTS) - Betriebliche Weiterbildung hat einen hohen
Stellenwert in Österreich, 87 % der Unternehmen sind laut neuesten
Auswertungen von Statistik Austria weiterbildungsaktiv und damit
europaweit Spitzenreiter. Vor allem große und wissensintensiv
arbeitende Betriebe investieren in die Fähigkeiten ihrer
MitarbeiterInnen, während die Angestellten kleinerer Betriebe oder
auch gering Qualifizierte weniger Chancen auf Weiterbildung haben.
Wie man für einen gerechteren Zugang zu betrieblicher Bildung sorgen
kann, zeigt das aktuelle "Magazin erwachsenenbildung.at" am Beispiel
niederländischer Weiterbildungsfonds für Unternehmen. Experten der
Sozialpartner sehen das Modell ambivalent: Michael Tölle (AK Wien)
hält die Auseinandersetzung mit umlagefinanzierter Weiterbildung für
lohnend. Thomas Mayr (WKO) hingegen sieht dadurch die
selbstverantwortete Weiterbildungskultur der Unternehmen gefährdet.

Fonds sollen Weiterbildungsausgaben krisenresistenter machen

Carola Iller, seit dem Vorjahr Professorin für Erwachsenenbildung
und Lifelong Learning an der Universität Linz, geht in der aktuellen
Ausgabe der Open Access Zeitschrift "Magazin erwachsenenbildung.at"
gemeinsam mit einem Kollegen der Frage nach, wie eine
gesellschaftliche Steuerung der betrieblichen Weiterbildung möglich
ist und beschreibt als kooperativen Ansatz das Beispiel tariflicher
Weiterbildungsfonds in den Niederlanden.

In Folge einer rezessiven Phase Ende der 1970er Jahre suchte man
dort nach einem Weg, um Unternehmen und Beschäftigte weniger anfällig
für konjunkturelle Entwicklungen zu machen. Seither zahlen
Unternehmen pro Mitarbeitenden einen Betrag - anfänglich waren es 10
Gulden - in einen Fonds ein, aus dem dann die Aus- und
Weiterbildungsaktivitäten der Unternehmen bezahlt werden. Der Staat
schießt zeitlich befristete Projektfördermittel zu, auch Gelder des
Europäischen Sozialfonds werden über die Fonds verwaltet. Durch die
umlagefinanzierte Ausgleichsregelung beteiligen sich alle Unternehmen
an der Finanzierung. Wer in die Weiterbildung der eigenen
MitarbeiterInnen investiert, erhält aus den Fonds eine
gesellschaftliche Kompensation.

Experten zwischen Bejahung und Sorge

Michael Tölle von der Arbeiterkammer Wien steht der Fondslösung,
die im Fall der Niederlande immerhin 9 von 10 Beschäftigen betrifft,
sehr positiv gegenüber. "Für Österreich wäre ein Modell der
umlagefinanzierten Weiterbildung unter Einbindung der Sozialpartner
denkbar." Allerdings sei eine nationale und keine sektorale Lösung
wie in den Niederlanden zu bevorzugen, wo es weit über hundert
Einzelfonds gibt. "Für ein kleines Land wie Österreich macht nur ein
einheitlicher Fonds Sinn, der alle Unternehmen umfasst und nicht
immer wieder neu auszuhandeln wäre". Gleichzeitig müsse geregelt
werden, in welchem Umfang Mitarbeiter jährlich mindestens für
Weiterbildung freigestellt werden. Nähme man etwa Frankreich zum
Vorbild, wo es ebenfalls ein Fondsmodell gibt, wären dies 20 Stunden
pro Jahr.

Thomas Mayr aus der Abteilung Bildungspolitik der
Wirtschaftskammer Österreich sieht wegen der ohnehin guten Einbindung
der Sozialpartner in die Steuerung der beruflichen Bildung wenig
Anlass, auf das Fondsmodell zu setzen. Die Erfahrungen aus Frankreich
zeigten laut Mayr, dass die Betriebe mit den Ergebnissen
umlagefinanzierter Weiterbildung nicht zufrieden seien. "Die
Sozialpartnerinstitute WIFI und BFI sind Marktführer beim
Weiterbildungsangebot und arbeiten bedarfsorientiert." Das sichere
effiziente Weiterbildung und das Ergebnis passe. Bildungsfonds
hingegen würden die ausgleichende Equitylogik der
selbstverantwortlichen Effizienzlogik vorziehen und damit die
Motivation der Betriebe untergraben. "Die Unternehmen sollen selbst
entscheiden, wer sich weiterbilden darf. Equity im Sinne von
Förderungen für Ältere, Wiedereinsteigerinnen und Bildungsferne usw.
sollte aber von der öffentlichen Hand kommen".

Link

Die Untersuchung von Iller/Moraal ist nachzulesen im aktuellen
"Magazin erwachsenenbildung.at" unter
http://erwachsenenbildung.at/magazin und kann dort kostenlos
heruntergeladen werden.

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