- 15.03.2013, 12:16:22
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Kunst hat Recht.: Kein Aufschub der Festplattenabgabe - Breitbandabgabe ist jetzt keine Alternative
Wien (OTS) - Die Kunstschaffenden von "Kunst hat Recht." verschließen
sich keiner Diskussion über Lösungsmodelle, die dem fairen
Interessenausgleich und der angemessenen Abgeltung von künstlerischer
Arbeit gewidmet sind. Aber gerade die Breitbandabgabe (auch
Internetabgabe oder Kulturflatrate) wirft sehr viele Fragen auf, auf
die es bisher keine Antworten gibt - sowohl aus der Sicht der
Kunstschaffenden als auch aus der Sicht der Konsumenten. Ein
Erarbeiten dieser Klärungen und Festlegungen rückt jedoch eine
mögliche Umsetzung einer Breitbandabgabe mehrere Jahre in die
Zukunft. "Kunst hat Recht." fordert daher unverändert die umgehende
Einführung der Festplattenabgabe, damit die Kunstschaffenden während
eines Diskussionsprozesses über weitere Lösungen nicht endgültig in
prekäre Lebensverhältnisse abrutschen.
"Als Alternative zur Festplattenabgabe, die einmalig beim Kauf
eines Speichermediums/-geräts entrichtet werden soll, wird von
deklarierten wie nicht deklarierten Gegnern der Festplattenabgabe
nicht zum ersten Mal eine monatlich zu bezahlende Breitbandabgabe auf
Internet-Anschlüsse vorgeschlagen. Konkrete Details und/oder
Antworten auf die sich ergebenden rechtlichen, wirtschaftlichen und
gesellschaftlichen Auswirkungen fehlen bisher völlig in der
Diskussion", gibt Gerhard Ruiss, Musiker, Autor und Mitinitiator von
"Kunst hat Recht.", zu bedenken.
Damit die mögliche Ausgestaltung einer Breitbandabgabe für alle
Beteiligten zu realisierbaren Ergebnissen kommt, müssen diese Fragen
in einem Dialog unter Einbindung aller Interessensgruppen behandelt
werden. Aufgrund der Komplexität der Aufgabenstellung, juristischer
Klärungen und der divergierenden Vorstellungen und Erwartungen wird
sich ein solcher Dialog mit Sicherheit über mehrere Jahre erstrecken.
"'Kunst hat Recht.' wird sich an einer solchen Diskussion gerne und
produktiv beteiligen. Als Ersatz für die ausschließlich auf das
private Kopieren bezogene Festplattenabgabe kann eine Breitbandabgabe
aber jedenfalls nicht dienen. Die Festplattenabgabe bezieht sich
ausschließlich auf bestehendes Recht und die jetzigen Verhältnisse.
Bei einer Breitbandabgabe sind viele zentrale Aspekte noch völlig
offen", so Ruiss.
Hier die wichtigsten ungeklärten Fragen:
Breitbandabgabe - alle Werke kostenlos für ein paar Euro im
Monat?
Unter einer Breitbandabgabe werden mehrere, zum Teil sehr
unterschiedliche Konzepte verstanden. Eines dieser Modelle sieht eine
pauschale Bezahlung für die private Nutzung sämtlicher künstlerischer
Werke vor, die über das Internet übertragen werden. Das entspringt
dem Wunsch nach einer generellen Lösung für Filesharing, Remix & Co.
Eine solche Breitbandabgabe würde aber die Produktion von Werken, die
mit hohen Investitionskosten verbunden sind, beispielsweise von
Filmen, unmöglich machen. Die meisten Kultursparten würden in Folge
massiv schrumpfen. Denn es ist völlig unklar, wie sichergestellt
werden könnte, dass auch in Zukunft noch Investitionen in aufwändige
Produktionen erfolgen, wenn durch die Breitbandabgabe das
Investitionsrisiko massiv ansteigt. Offen ist laut Ruiss ebenso die
Frage, ob durch die Breitbandabgabe die Nutzung sämtlicher Werke
abgegolten wäre oder nur von solchen, die zur Verwendung freigegeben
wurden.
Wie können Kunstschaffende über ihre Werke noch frei
bestimmen?
Eine Breitbandabgabe setzt traditionelle und grundlegende
marktwirtschaftliche Prinzipien, wie die Regulierung der Nachfrage
über den Preis, außer Kraft. Eine Breitbandabgabe, wie sie aktuell
diskutiert wird, würde den Kunstschaffenden die Möglichkeit nehmen,
über die Verwertung ihrer Werke selbst bestimmen zu können.
Kann die Pauschalvergütung den Einnahmenverlust ausgleichen?
Eine Meinungsumfrage aus dem Jahr 2011 unter 500 Personen in
Österreich hat ergeben, dass die Zahlungsbereitschaft für eine
Breitbandabgabe bei maximal zehn Euro pro Monat und Internetanschluss
liegt. Damit müssten sämtliche Einbußen aus der bestehenden
Primärverwertung des Verkaufs von E-Books, Filmen, Musik und Bildern
abgegolten werden. "Der daraus entstehende Entfall an Einnahmen für
die Kreativwirtschaft wäre aber um ein Vielfaches höher. Will man mit
einer Breitbandabgabe auch nur annähernd einen Ausgleich schaffen,
der den heutigen Einnahmen für Kunstschaffende entspricht, müsste
dieser gesellschaftlich akzeptierte Betrag für eine Breitbandabgabe
um ein Vielfaches überschritten werden", stellt Gerhard Ruiss fest.
Welche Auswirkungen hat eine Breitbandabgabe auf Anbieter
professioneller Online-Plattformen?
Die Musikwirtschaft hat in den letzten Jahren in den Aufbau von
neuen Online-Angeboten investiert. In Österreich gibt es bereits über
30 Online-Musikshops, die rund 16 Millionen Songs anbieten. Auch die
Buch- und Filmwirtschaft investiert derzeit in den Aufbau digitaler
Geschäftsmodelle und kommt damit den Forderungen des Marktes nach.
"Diese im Aufbau befindlichen neuen Angebote wären bei Einführung
einer Pauschalvergütung wie der Breitbandabgabe aber frei erhältlich
und diese Investitionen könnten nicht zurückverdient werden. Dadurch
würden viele Kunstschaffende und ihre Wirtschaftspartner die Anreize
verlieren, weiter zu investieren", gibt Ruiss zu bedenken. "Daher ist
zu klären, wie die Existenz professioneller Online-Anbieter bei
gleichzeitiger Freigabe des Filesharings sichergestellt werden
können."
Wie würde trotz Breitbandabgabe die kulturelle Vielfalt
gefördert werden?
Ein Buch, an dem ein Autor viele Jahre gearbeitet hat, wäre dann
genauso viel wert wie ein kurzer Blog, ein Pornofilm wäre ebenso
kostenfrei wie ein cineastisches Meisterwerk. "Da es nur mehr auf die
Anzahl der Downloads oder Streams ankommt, wird auf kulturell
hochwertige Nischenproduktionen praktisch nichts mehr entfallen - die
Kultur würde verflachen. Nur eine differenzierte Pauschalabgabe
könnte diesem Umstand entgegen wirken. Allerdings würde das eine
Einschränkung im Zugang zum Content und eine Überwachung der Nutzung
erforderlich machen, die 'Kunst hat Recht.' ablehnt", so Gerhard
Ruiss.
Weltweit noch kein Land mit einer Breitbandabgabe
"Da es weltweit noch kein Land mit einer Breitbandabgabe gibt,
hätte die Einführung in Österreich allein große Probleme bei der
freien Nutzung von Werken internationaler Kunstschaffenden zur
Folge", weist Gerhard Ruiss auf die internationale Verflechtung der
Urheberrechte hin. "Derzeit gibt es keine Lösung, wie internationale
Künstler für ihre Werke aus der Breitbandabgabe abgegolten würden."
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