Ausgabe vom 16. Februar 2013
Utl.: Ausgabe vom 16. Februar 2013 =
Wien (OTS) - BSE, Gammelfleisch - und jetzt als Rindfleisch
deklariertes Pferdefleisch. Die EU möchte gerne den Bürgern nahe sein
- beim Thema Lebensmittelkontrolle und -sicherheit wäre dies leicht
möglich. Auch wenn der Konsument billig kauft, so will er doch das
bekommen, was auf der Verpackung draufsteht.
Man sollte also meinen, dass die EU-Kommission dieses Thema besonders
ernst nimmt. Doch was passiert stattdessen? Tiermehl wird als
Futtermittel wieder erlaubt, zuerst in der Fischzucht, danach bei
Hühnern und Schweinen. Das vergällt einem nicht nur den Appetit,
sondern auch den Glauben an eine verantwortungsvolle EU. Es bleibt
die Erkenntnis, dass eine unheilige Allianz aus Agrar- und
Lebensmittellobby schalten und walten kann, wie sie will. Schon bei
den BSE-Bekämpfungsmaßnahmen schaffte sie es, bis dahin als Müll zu
entsorgende Schlachtabfälle zur marktfähigen Ware zu machen. Irre
eigentlich.
Nun ist es niemandem aufgefallen, dass rumänisches Pferdefleisch in
EU-Rindfleisch umetikettiert wurde. Der Gewinn ist enorm, Rindfleisch
ist drei- bis viermal teurer als Pferdefleisch. Während also Händler
und Verarbeiter verdienen, entpuppt sich die EU als Saustall.
So gibt es zwar eine zentrale Agentur, diese soll aber weitgehend die
nationalen Kontrollbehörden koordinieren. Da es in den 27 EU-Ländern
unterschiedliche Standards gibt (und sich die Regierungen weigern,
diese Kompetenz an Brüssel abzutreten), entstand ein unglaublicher
Wildwuchs. Allein rund ums Thema BSE gibt es mittlerweile 71
europäische Rechtsakte, wie die Organisation Foodwatch aufzählte.
Es ist also zu befürchten, dass sich die Kontrollore längst im
Verordnungsdschungel verirrt haben. Und Geschäftemacher unbeirrt ihre
Ideen in die Praxis umsetzen können.
Gegen eine europaweit organisierte Lebensmittelindustrie ist ja
nichts einzuwenden. Warum soll in der Tiefkühl-Lasagne eines
französischen Anbieters kein rumänisches Fleisch sein?
Dazu braucht es aber europaweit einheitliche Kontrollen. Wie schon
bei der Einführung des Euro ist auch in der Landwirtschaft ein
gemeinsamer Markt geschaffen worden, dem aber keine gemeinsame
Überwachung gegenübersteht. Die nationalen Behörden haben nur eines
gemeinsam: keinen Durchblick. Der Pferdefleischskandal ist ein
Festmahl für EU-Gegner, zubereitet von EU-Befürwortern.
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