Wien (OTS) - 66 Leserinnen und Leser beanstandeten die folgende
Passage des Artikels "Eifersucht: Mann ersticht vor Kindergarten
Ehefrau", erschienen am 7.12.2012 in der Tageszeitung "Heute": "Der
Kraftfahrer (43) gehört zur Sorte Mann, die zum Glück eher hinterm
Halbmond lebt. In Ländern, wo das Gesäß beim Beten höher ist als der
Kopf. Partnerinnen betrachten sie als Besitz. Macht sich der
selbständig, sind sie im Stolz verletzt und drehen durch."
Der Senat 2 des Presserats erkannte in dieser Passage eine
schwerwiegende Verletzung des Ehrenkodex für die österreichische
Presse. Er sah darin eine Pauschalverunglimpfung von Menschen mit
muslimischen Glauben; gleichzeitig auch eine Diskriminierung aus
religiösen bzw. rassistischen Gründen sowie eine Herabwürdigung einer
anerkannten Religionsgemeinschaft, die geeignet ist, berechtigtes
Ärgernis zu erregen (siehe die Punkte 5.4, 5.5 und 5.6 des Ehrenkodex
für die österreichische Presse).
Der Senat bewertete die Entschuldigung des Chefredakteurs auf der
Webseite positiv, da sie klar und deutlich ausgefallen ist.
Demgegenüber war die Reaktion in der Printausgabe von "Heute" nicht
ausreichend, da dort in erster Linie die raschen Konsequenzen der
Chefredaktion gelobt wurden und nicht die Entschuldigung im
Vordergrund stand.
Als positiv hob der Senat zudem hervor, dass "Heute" umfangreiche
Konsequenzen aus dem Fall gezogen hat: Gegen die Autoren des Artikels
wurden disziplinäre Maßnahmen ergriffen, die Autoren haben sich
bereit erklärt, unentgeltlich gemeinnützige Arbeit für islamische
Organisationen zu leisten, die Chefredaktion wird in Absprache mit
dem Betriebsrat einen redaktionsinternen Verhaltenskodex entwickeln,
gegenüber der Chefredaktion wurden neue Kontrollschleifen für spät am
Abend verfasste Artikel eingeführt und es wird Schulungen geben, um
die Sensibilität der "Heute"-Redaktion zu schärfen.
Trotz der Entschuldigung und dieser begrüßenswerten Maßnahmen hielt
es der Senat aufgrund der Schwere des Falles für notwendig, einen
Verstoß gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse
festzustellen (vgl. Fall 2012/60).
SELBSTÄNDIGES VERFAHREN AUFGRUND VON MITTEILUNGEN VON
LESERINNEN UND LESERN
Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen
Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und
Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der beiden
Senate des Presserats sind weisungsfrei und unabhängig.
Im vorliegenden Fall hat der Senat 2 des Presserats aufgrund von
Mitteilungen von Leserinnen und Lesern ein Verfahren durchgeführt
(selbständiges Verfahren aufgrund von Mitteilungen). In diesem
Verfahren äußert der Senat seine Meinung, ob ein Artikel den
Grundsätzen der Medienethik entspricht. Von der Möglichkeit, an dem
Verfahren teilzunehmen, hat die Medieninhaberin der Tageszeitung
"Heute" Gebrauch gemacht.
Bisher hat sich die Medieninhaberin der Tageszeitung "Heute" der
Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats nicht unterworfen.
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