Kritische Worte über die Strukturkrise der Medien bei der Preisverleihung im Wiener Rathaus

Utl.: Kritische Worte über die Strukturkrise der Medien bei der
Preisverleihung im Wiener Rathaus =
Wien (OTS/ÖJC) - Als eine hohe Auszeichnung für journalistische
"Indianer" bezeichnet der heurige Rennerpreisträger Mag. Johannes
Kaup in seiner Dankesrede den "Dr. Karl Renner - Publizistikpreis
2012", die höchste Auszeichnung für das journalistische Gesamtwerk,
den österreichische Journalistinnen und Journalisten erhalten können.
Ausgezeichnet wurden heuer die Fernsehredakteurin Julia Ortner, der
Aufdeckungsjournalist der Nation, Kurt Kuch von News und der
hervorragende Radiojournalist Johannes Kaup.
Nominiert waren, neben den Ausgezeichneten, in der Kategorie Print:
Dr. Christoph Kotanko und Reinhard Seiss. In der Kategorie Radio:
Judith Brandner und Mag. Brigitte Voykowitsch. In der Kategorie
Fernsehen: Julia Kovarik.
Laudatoren waren: Edith Meinhart (profil), Cornelia Krebs (ORF-Radio)
und der langjährige TV-Journalist Kurt Langbein.
Wichtigstes Thema der Reden war die Strukturkrise in der heimischen
Medienlandschaft. ÖJC-Präsident Fred Turnheim kritisierte die
massiven Kündigungswellen in den österreichischen Medienunternehmen
und forderte von der Medienbranche mehr Mut und Zuversicht ein. "Die
sogenannten "Strukturbereinigungen" in der heimischen Medienbranche,
die zu einer Entlassungswelle führen, die wir bisher in der Zweiten
Republik noch nicht kannten. Ich wage hier zu behaupten, dass es
nicht im Sinne unseres Staatsgründers ist, dass die vierte Säule der
Demokratie so bewusst geschwächt wird. Es darf nicht im Sinne einer
bürgerlichen Demokratie sein, dass sich die Medien wegen eines falsch
verstandenen, fast psychotischen Sparzwanges gerade selbst
pulverisieren", so Turnheim. Der ÖJC-Präsident hielt ein "Plädoyer
für die Zukunft!"
Stadtrat Christian Oxonitsch unterstrich in seiner Festrede, dass
"heute herausragende Arbeiten quer durch alle Kommunikationskanäle
ausgezeichnet werden. Journalistische Qualität und die inhaltliche
Auseinandersetzung finden in Printmedien genauso statt wie im Radio
und Fernsehen und auf Online-Portalen. Kritik, Infragestellung und
Ungläubigkeit sind herausragende Eigenschaften von JournalistInnen.
Die Weigerung Zustände so zu nehmen wie sie scheinbar sind und
Erkenntnisse weiterzugeben, ist ihre Verantwortung. So entsteht
kritischer und fairer Journalismus. Unsere Aufgabe - und die aller
mündiger Bürger - ist dies zu ermöglichen, indem wir ein Klima der
Offenheit und Transparenz schaffen."
Der Wiener Medienstadtrat Christian Oxonitsch sagte in seiner
Festrede: "Wir bekennen uns ohne Einschränkung zur medialen Freiheit.
Gleichzeitig sehen wir es als Aufgabe der Öffentlichen Hand,
Medienfreiheit zu schützen und zu fördern", so Oxonitsch. Medien
seien Transporteure von Information an unterschiedliche Zielgruppen
aber auch Informationsverdichter und Aufklärer. Wobei genau zwischen
den beiden Materien unterschieden werde. "Wir müssen Voraussetzungen
schaffen, dass junge Menschen zu mündigen, verantwortungsbewussten
Bürgern erzogen werden. Gleichzeitig müssen wir Voraussetzungen
schaffen, damit sich Medien weiter entfalten können. Beides ist
essentiell um mündigen LeserInnen und Usern eine vielfältige
Medienlandschaft zu garantieren.
Johannes Kaup betonte sehr gerne ORF-Redakteur zu sein, meinte dann
weiter: "Viele Leitmedien haben sich in ihrem Selbstverständnis in
den vergangenen Jahrzehnten gewandelt: Von der 4.Macht des Staates,
die informiert, aufklärt, kontrolliert und bildet, haben sie sich
tendenziell in Richtung von Unternehmen entwickelt, die ihr
Hauptaugenmerk auf die Erwirtschaftung von Profiten legen. Medien als
Wirtschaftsunternehmen stellen so den Selbsterhalt und das Wachstum
vor ihre eigentliche Aufgabe des Dienstes am Gemeinwohl der
Gesellschaft. Berichtet wird, was sich auch als Geschäft ausweisen
lässt.
Daher die Quoten- und Auflagenorientierung. Daher auch die
Diskussion, ob sie nicht eher Bremser gesellschaftlich notwendiger
Wandlungsprozesse sind als dessen Förderer. Damit ist nichts gegen
eine gesunde wirtschaftliche Basis oder Breitenwirkung gesagt. Die
ist auch notwendig. Aber die Wachstumskriterien dazu haben sich
eindeutig zulasten eines Qualitätsjournalismus in Richtung eines
Promotion-, Kampagnen-, und Infotainment-Journalismus verschoben".
Der "Dr. Karl Renner-Publizistikpreis" wird vom Österreichischen
Journalisten Club - ÖJC für hervorragende, langjährige
journalistische Tätigkeiten vergeben.
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