Neue Bestimmung im Ehrenkodex ermöglicht verdeckte Recherchen im Einzelfall
Utl.: Neue Bestimmung im Ehrenkodex ermöglicht verdeckte Recherchen
im Einzelfall =
Wien (OTS) - In seiner letzten Sitzung hat der Trägerverein des
Presserats einen neuen Unterpunkt 7.3 in den Ehrenkodex für die
österreichische Presse aufgenommen, der verdeckte Recherchen von
Journalisten in Einzelfällen ausdrücklich erlaubt - vorausgesetzt, es
werden Informationen von besonderem öffentlichen Interesse beschafft.
Damit ist klargestellt, dass sich ein Journalist nicht in jedem Fall
als solcher zu erkennen geben muss.
Grundsätzlich ist es laut Ehrenkodex zwar nach wie vor unlauter,
wenn ein Journalist jemanden über seine Identität täuscht oder sie
verschweigt. Dies hat der Senat 1 des Presserats z.B. in jenem Fall
entschieden, in dem sich eine Reporterin eines Wochenmagazins in die
geschlossene Abteilung einer Salzburger psychiatrischen Klinik
eingeschlichen hat, um ein Interview mit der Lebensgefährtin eines
mutmaßlichen Verbrechers zu führen (Fall 2011/5).
In Ausnahmefällen darf ein Journalist seine Identität jedoch auch
verschweigen - nämlich dann, wenn er dadurch an Informationen
gelangt, die für die Öffentlichkeit besonders relevant sind. Dies ist
z.B. dann der Fall, wenn es um die Aufdeckung von gravierenden
Missständen in Politik oder Wirtschaft geht.
Oscar Bronner, Präsident des Presserats, begrüßt den einstimmigen
Beschluss des Trägervereins: "Die neue Bestimmung stärkt die
demokratiepolitisch wichtige Kontrollfunktion der Medien gegenüber
Staat und Gesellschaft. Das Aufdecken von Korruption und
Misswirtschaft gehört zu den ureigensten Aufgaben der Presse und ist
manchmal erst durch verdeckte Recherchen möglich."
Derzeit wird in Österreich über die verdeckten Recherchemethoden
von zwei britischen Journalisten diskutiert, die sich dem damaligen
Europaabgeordneten Ernst Strasser gegenüber als Lobbyisten ausgegeben
und ihm Geld für die Einflussnahme auf die EU-Gesetzgebung angeboten
haben.
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | OPR