Wien (OTS) - Mehrere Leser kritisierten die Veröffentlichung eines
Bildes in der Kronen-Zeitung vom 28.07.2012. Das Bild zeigt ein
flüchtendes syrisches Ehepaar mit einem Baby vor den Ruinen einer
zerstörten Häuserfront. Dabei handelte es sich um eine nicht
gekennzeichnete Fotomontage. Das Originalbild zeigt die Familie
lediglich an einer nicht zerstörten Hausecke. Die Ruinenlandschaft
stammt von einer anderen Aufnahme. Chefredakteur Christoph Dichand
hat sich für die Bildmanipulation in der Kronen-Zeitung vom
31.07.2012 bei seinen Lesern entschuldigt.
Der Senat 1 des Presserats erkennt in der Fotomontage zwar einen
Verstoß gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse. Aufgrund
der Entschuldigung des Chefredakteurs der Kronen Zeitung hat der
Senat jedoch davon Abstand genommen, ein Verfahren einzuleiten.
Der Senat weist darauf hin, dass gemäß Punkt 3.3 des Ehrenkodex
für die österreichische Presse Fotomontagen und Bildbearbeitungen,
die von flüchtigen Leser/Innen als dokumentarische Abbildungen
aufgefasst werden, als Montagen oder Bearbeitungen kenntlich gemacht
werden müssen. Die Verfremdung des Bildes mit der flüchtenden Familie
wird dem nicht gerecht.
Das Bild ist auch nicht mit Punkt 2.1 des Ehrenkodex vereinbar,
der Gewissenhaftigkeit und Korrektheit in der Wiedergabe von
Nachrichten als oberste Verpflichtung von Journalisten einstuft.
Im vorliegenden Fall wurden Bildinformationen über die
schrecklichen Ereignisse in Syrien durch nicht gekennzeichnete
Manipulationen kombiniert und zusätzlich dramatisiert. Dadurch wurde
der Glaubwürdigkeit und dem Ansehen des Journalismus Schaden
zugefügt. Bei Berichten über Kriegsschauplätze ist nach Meinung des
Senats ein besonderes Maß an Sensibilität und Achtsamkeit gefragt.
Durch die Irreführung wurden die Leser/Innen über den tatsächlichen
Verlauf eines für die Öffentlichkeit bedeutsamen Ereignisses
getäuscht. Gerade bei Berichten über kriegerische
Auseinandersetzungen ist es wichtig, dass zumindest die Medien
korrekt vorgehen. Es ist bedauerlich genug, wenn Kriegsparteien die
Öffentlichkeit mit Falschinformationen versorgen.
Das manipulierte Bild hat auch international hohe Wellen
geschlagen. Von Teilen in der arabischen Welt wurde es als Beleg
dafür angeführt, dass die westliche Welt bei ihrer Berichterstattung
über den Nahen Osten nicht objektiv sei und das Kriegsgeschehen
verzerrt darstelle.
Abschließend weist der Senat nochmals darauf hin, dass er
lediglich wegen der zeitnahen öffentlichen Entschuldigung des
Chefredakteurs des betroffenen Mediums auf die Einleitung eines
selbständigen Verfahrens verzichtet hat.
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